Abwege

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Rawan hielt die Luft an und stellte sich tot.
Dakir, ihr Ehemann und Henker,  wie sie ihn gern nannte,  erhob sich von ihrem Lager und schlurfte rülpsend davon.
Er war ein einflussreicher Hamid.  Ein Lehrer und ihr Vater hatte es als sinnvoll erachtet,  seine einzige Tochter an den fast 50 jährigen zu verkaufen. Sieben Kamele und ein Schaf hatte er für Rawan bekommen.
Lange konnte sie sich keine Zeit lassen.  Dakir wollte essen. Rawan stand auf, verschleierte sich und begab sich in die Küche ihm Kaffee zu kochen und das Brot aufzubacken.
Die einzige Aussicht auf einen ruhigen Vormittag,  bot ihr heute der Markt Besuch.
Als Dakir endlich verschwunden war und Rawan seinen Müll aufgeräumt hatte,  machte sie sich auf den, eine Stunde dauernden Fußmarsch nach Akkon.

Auf dem Markt war wie immer viel los. Händler überboten sich gegenseitig, dazwischen die Stimmen der aufgebrachten Kunden.
Rawan suchte Malik auf.  Den einzigen Gemüsehändler der bereit war, sich ihre Sorgen anzuhören. Heute stand der braunhaarige Mann neben dem Brunnen und pries gewandt sein Gemüse an. 

"Malik! "
Er sah auf und ein breites Lächeln umspielte seine eher strengen Züge.
"Rawan!  Welch seltene Ehre. Wieder das übliche? "
Er begann damit verschiedene Sachen zur Seite zu legen,  als jemand gegen Rawan stolperte. Sie fing sich ehe sie in die Pfirsiche stolperte.  Fluchend fuhr die junge Frau herum und bedachte den Ritter vor sich mit allen Schimpfworten die ihr einfielen.
Doch seine ruhige Reaktion, die nur daraus bestand seinen Wappenrock zu richten, lies sie verstummen. Er hob den Kopf und sah sie aus stahlblauen Augen belustigt an.
"Vergebt mir Holdeste. Ich wurde zu spät Eurer Gegenwart gewahr. "
Sein Arabisch war akzentfrei,  die Stimme tief und warm. Er verbeugte sich galant und ihr fiel der schneeweiße Wappenrock auf.  Als der Ritter sich wieder erhob, leuchtete ein Rotes Kreuz auf. Er war Templer! 
"Schon gut!  Ihr habt mich ja nicht getötet!" knurrte Rawan und konnte nicht umhin sich einzugestehen,  dass er eine Anziehung auf sie ausübte,  die erschreckend war." Johannes von Rothau." stellte er sich vor und verbeugte sich noch einmal höflich.
" Nur das Ihr wisst,  wer Euch beinahe umgestossen hätte. "
Seine Lippen verzogen sich zu einem schrägen,  warmen Lächeln, das ihn verwegen erscheinen ließ. Sein Gesicht war markant.  Umrahmt wurde es von blonden Locken und dominiert von vollen Lippen.
"Rawan Ibn Hamid. "
Johannes lächelte.
" Es war ein Vergnügen. "
Seine warmen Augen richteten sich auf etwas hinter ihr.
" Ich muss gehen. Verzeiht meinen Rempler." Er wollte sich an ihr vorbei schieben,  als sie nach seinem Arm griff und ihn festhielt.
Was tat sie da?  Sie kannte ihn gerade ein paar Minuten und klammerte sich doch an ihn.
Johannes sah sie an und hob eine Augenbraue. Rawan ließ ihn los und er ging zu einem Jungen der zwei Pferde am Zaum hielt. Als der Ritter in den Sattel gestiegen und forgeritten war,  hatte Rawan sich entschieden. Nur er würde sie retten können.  Ihn zu finden war da schwieriger.
" Folge ihm und lernen leben Mädchen."
Sie starrte Malik an,  doch der lächelte nur und nickte in die Richtung des verschwindenen Ritters.
Rawan schoss los.  Ihrem Leben hinterher,  das nur Johannes ihr geben könnte.  Auch auf Abwegen wenn es sein musste.

Autor: Willkommen hier und danke fürs Lesen dieses ersten Kapitels. Wenn es euch gefallen hat und ihr mehr von Johannes und Rawan wissen wollt oder so Fragen habt,  freue ich mich auf ein Statement. Lg

Unter der Sonne Ägyptens Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt