Der Sturm

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Es ist eine stürmische Nacht. Draußen peitscht der Wind Äste gegen die Fenster.

Trisha wälzt sich unruhig in ihrem Bett hin und her. Bei Gewitter kann sie nie gut einschlafen.

Als in der Ferne ein Donner grollt, zieht sie schnell die Bettdecke über ihren Kopf. Voller Angst horcht sie in die darauffolgende Stille.

Langsam zählt das kleine Mädchen bis zehn, wartet dann noch weitere Sekunden und lugt schließlich zögernd über den Bettdeckenrand hinaus.

Sie atmet erleichtert aus. Wenn ein Monster hier wäre, hätte es sie bestimmt schon längst mitgenommen.

Durch die Dunkelheit erspäht sie ihren Bruder, auf der anderen Seite des Zimmers.

„Tristan?" flüstert sie. Sie will bei ihm schlafen, die Monster werden sicher zurückkommen.

Nach weiteren Minuten der Stille, nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen und schlägt die Decke zurück.

Mit kleinen tapsigen Schritten huscht sie durch das Zimmer auf ihren Bruder zu. Gerade als sie das Bett fast erreicht hat, donnert es so laut, dass der Boden kurz bebt.

Sie schreit panisch auf und überwindet die letzten Meter, in die sichere Wärme ihres Bruders.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, kuschelte sie sich unter die Decke und an seinen kleinen Körper. Obwohl sie gleich alt sind, ist Tristan doch schon viel stärker und mutiger als sie selbst.

Manchmal ärgert sie sich sehr darüber, immer die Schwächere zu sein, doch in solchen Nächten, ist sie sehr froh ihn zu haben.

„Trish?" murmelt er. Er ist aufgewacht und dreht schläfrig den Kopf in ihre Richtung. Schnell tut sie so, als ob sie schläft. „Trisha, ich weiß das du wach bist." Ein Glück, denkt sie, er klingt gar nicht sauer.

„Die Monster sind wieder hier." Flüstert sie ihm zu und versucht durch die Schwärze, seine Augen auszumachen.

„Die sind doch nicht echt." Er dreht sie nun ganz zu ihr um. „Das hab ich dir doch schon so oft erklärt." Er tut genervt und ergreift ihre kleine, schwitzige Hand.

„Doch sind sie. Ich hab sie gehört." Gaibt sie trotzig zurück und schiebt schmollend eine Unterlippe nach vorne. „Kann ich bei dir schlafen?"

Tristan atmet schon wieder ganz schwer. „Von mir aus." Seufzt er und kuschelt sich fester unter die Decke.
Eng aneinander gedrängt versucht Trisha einzuschlafen.

Immer wieder fährt sie auf, wenn Blitz oder Donner ihre Träume zerreißen, doch Tristan ist jetzt da. Er wird sie beschützen, dass weiß sie ganz genau.

Doch was sie genau um 3:33 Uhr aus dem Schlaf reißt, ist kein Donner und auch kein Ast am Fenster. Angestrengt horcht sie. Da war es wieder.

Es klingt, als würde jemand singen. Eine schöne fröhliche Melodie, inmitten des Chaos, welches draußen, in Form eines Sturmes, tobt.

Das sind aber nicht ihre Eltern, entscheidet Trisha und auch Tristan schläft tief und fest neben ihr.

„Tristan?" sie rüttelt ihn an der Schulter, als er nicht aufwacht, immer fester. „Tristan."

„Was ist denn schon wieder? Lass mich schlafen Trish." murmelt er endlich.

„Aber da ist jemand. Er singt." Tristan stützt sich träge auf einen Arm und lauscht. Ein Donner gefolgt, von dieser fremdartig schönen Melodie.

„Sind das die Monster?" vor lauter Angst klammert sich Trisha an den Arm ihres Bruders und Tränen treten ihr in die Augen.

Selbst Tristan scheint darauf keine Antwort zu wissen.
„Vielleicht läuft nur der Fernseher." Vermutet er, doch selbst, scheint er nicht sonderlich überzeugt von dieser Lösung. „Ich geh mal nachsehen."

Er will aus dem Bett aufstehen, doch Trisha klammert sich wie verrückt an ihm fest.

„Nein! Tristan, lass mich nicht alleine. Ich will nicht, dass sie mich holen." Jammert sie und fängt an heftig zu schluchzen. Ihre spitzen kleinen Fingernägel, bohren sich in seine Haut und halten ihn auf.

„Gut, wir bleiben zusammen. Dann musst du aber mitkommen." Glücklicherweise, ist Tristan ein mutiger Bursche, sonst wäre es vielleicht anders für die beiden ausgegangen.

Er macht sich los und ergreift bestimmt ihre Hand. In der anderen hat er ein großes Holzschwert, welches er immer unter seinem Bett bewahrt.

Stück für Stück öffnet er die Tür und schlüpfte durch. Leise knarzt der alte Holzfußboden unter ihren Füßen, als sie langsam und vorsichtig am Treppengeländer nach unten spähen. Jetzt ist die Melodie schon etwas näher.

„Da pfeift jemand." Wispert Trisha. „Ist das jetzt ein Monster?" ihre Hand verkrampft sich, um die ihres Bruders.

Konzentriert starrt Tristan weiter nach unten.

Er würde schon noch aufklären, was hier vor sich ging und dann würde er seine Schwester ein und allemal davon überzeugen, dass es keine Monster gab. Wann verstand sie das endlich?

Das Lied endet abrupt und ein schwarzer, dunkler Schatten, schleicht sich lautlos die Treppe hinauf. 

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