Endlich Antworten

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    „Sie dürfen gar nicht hier sein. Er ist ja nicht mal wach!" meckert die kleine, zierliche Krankenschwester vor Detektive Sean herum.

Er beachtet sie kaum, hat nur Augen für den Jungen, der an zig Schläuchen hängt und dessen Brustkorb sich regelmäßig hebt und senkt. Er lebt. Ein Glück.

Seufzend fährt der Mann sich übers Gesicht. Seine Augen brennen, vor Müdigkeit. Er hat die letzten Tage nur drei Stunden geschlafen, wenn überhaupt.

Natürlich will er den Jungen auch nicht wecken, doch er ist seine einzige Chance, der einzige Überlebende. Und er braucht endlich Antworten!

„Hören sie mal..." fängt er an und sucht an der Weste nach einem Namen. Betty. „Also hören sie mal Betty, ich muss mit diesem Jungen reden. Er und nur er, kann mir ungefähr sagen, wie der Mörder seiner Eltern und Mörder in vielen, vielen anderen Mordfällen aussieht. Er ist meine einzige Chance etwas Klarheit in diesen Fall zu bringen, also lassen sie mich bitte meine Arbeit machen." Bittend sieht er sie an.

„Ich kann nicht ..." fängt die Schwester wieder an, doch Sean unterbricht sie.

„Betty, sie können mir helfen, unschuldigen Menschen zu retten, die sonst auf abartige Weise in ihren Häusern abgeschlachtete werden. Also?" Noch immer zögert die sture Frau. 

„Betty, es sind Kinder, kleine Säuglinge, bis hin zu 10 jährigen. Bitte." Fleht er jetzt.

Schließlich nickt sie. „Sie haben 10 Minuten und dann gehen sie, ohne dass ich sie nochmal bitten muss." Streng sieht sie ihn an und Sean beeilt sich in den kleinen Raum zu gehen.

Er merkt das sie Luft abgestanden riecht und öffnet ein Fenster. Dann setzt er sich zu Tristan Odin, der innerhalb einer Nacht seine Eltern verloren hat und dessen Schwester immer noch vermisst wird. 

Die Suche nach Trisha Odin hat keinerlei Erfolg gehabt. Leider. Und er hat auch keine weiteren Spuren, denen er nachgehen könnte. Er kann nur hoffen, dass dieses Monster sie aus einem guten Grund mitgenommen hat. Vielleicht lebt sie sogar noch.

Wenn er sich vorstellt, sie könnte sein neues Spielzeug werden, wird ihm schlecht. Schnell verdrängt er die Bilder, von anderen, grausamen Tatorten und wendet sich wieder Tristan zu.

„Tristan?" fragt er leise und streicht dem Kleinen über den Arm. Es dauert eine Weile, bis er die Lider hebt und Sean fixiert. Seine Augen sehen so traurig aus. Er hat auch allen Grund dazu.

„Tristan, wie geht es dir?" er will erst mal mit einer neutralen Frage beginnen.
„Wer sind sie?" kommt die Gegenfrage. Der Junge ist nicht blöd, denkt Sean.
„Mein Name ist Richard Sean." Stellt er sich vor.
„Sind sie von der Polizei?"
„Ja, ich bin Detektive." Erklärt er ihm. „Und du bist ganz schön schlau, woher wusstest du das?"

„Wenn jemand stirbt, dann kommt immer die Polizei." Tristans Stimme klingt jetzt ganz schön brüchig. Betreten weicht der Detektive seinem Blick aus und zupft die Decke gerade. Er ist schon immer schlecht in so etwas gewesen.

„Also weißt du das von deinen Eltern?" natürlich weiß er das, er war schließlich mit dabei, denkt er und findet selbst, dass er ein Idiot ist.
„Ja." Antwortet der Junge knapp und schürzt die Lippen.

Draußen hupen Autos und Tristan zuckt zusammen. Er hat immer noch Angst, stellt er fest. Am liebsten würde Sean ihn in den Arm nehmen, doch er weiß nicht, ob der Junge das will. Deshalb fragt er einfach weiter.

„Tristan ich weiß, dass du ein tapferer Junge bist, deshalb musst du mir jetzt helfen. Kannst du mir den Mann beschreiben, der bei euch zu Hause war und diese schlimmen Dinge getan hat?"

Kurz scheint der Junge zu überlegen, dann nickt er. „Ja, ich glaube schon."

„Das ist super, das ist ganz, ganz toll, weißt du das?" schnell zückt er einen Block und einen Stift und reicht beides Tristan. „Kannst du ihn mir auch ungefähr zeichnen?"

Unbeholfen greift der Kleine nach dem Bleistift und dem Papier. Mit den Schläuchen ist es schwer für ihn zu zeichnen, doch schon bald fliegt seine Hand hin und her und zeichnet Konturen auf das reine weiß. Er scheint genau zu wissen, was er tut.

Endlich denkt Sean, als Krankenschwester Betty reinkommt, endlich bekommt er Antworten. Vielleicht ist das Bild sogar so gut, dass sie es für eine Fahndung benutzen können. Das wäre mal ein Schritt in die richtige Richtung. Nach so vielen Jahren, ein Hoffnungsschimmer.

„Detektive, sie müssen gehen." Sagt sie Schwester mit ruhiger Stimme.

„Einen Moment." Er hofft, dass sie keine Einwände hat und überraschenderweise bleibt Betty auch still.

„Fertig." Tristan reicht dem Polizisten das Bild. Sean weiß nicht, dass ihm gleich alle Augen aus dem Kopf fallen werden.

Geschockt sieht er auf das Bild herab und auch Betty schnappt nach Luft. Das Wesen auf dem Bild, hat einen großen Mund, in dem spitze, kleine Hai Zähne klaffen, an den Händen hat es spitze Krallen und seine Augen, stechen abgrundtief böse aus dem weißen, kahlen Kopf heraus. Um ihn herum ist alles schwarz.

„Bist du dir sicher, dass er so aussah?" harkt Sean nach. Er kann es nicht glauben.

„Ja. Er war ein Schatten. Ich habe ihn zuerst gar nicht gesehen, doch dann ..." er beendet den Satz nicht und fixiert die Wand hinter dem Detektive.

„Gut." Richard Sean schluckt. „Danke für deine Hilfe." Betty führt ihn am Arm aus dem Zimmer. Auch sie sieht betroffen aus.

„Sean?" ruft Tristan ihm nach. „Ist Trish ..." der Mann sieht, dass dem Kleinen Tränen über die Wangen laufen, die er versucht zu verbergen. „Ist sie tot?" schluchzt er.

Sean hatte gehofft, dass er das nicht fragen würde, denn er hat keine Antwort darauf.

„Dein Schatten hat sie mitgenommen. Wir vermuten, dass er sie gefangen hält." Antwortet er ehrlich. Tristan schnieft und wischt sich mit dem Ärmel dir Tränen von der Wange.

„Finden sie sie?" will er noch wissen, bevor Richard schon vorhat, in die nächste Bar zu rennen, um sich zu betrinken. Die traurigen Augen des Kindes setzen ihm zu.

„Ich versuche es." Versichert er ihm und verlässt endgültig den Raum. Trotz des offenen Fensters, hätte er es keine Sekunde mehr da drin ausgehalten.

„Was geschieht mit ihm?" will er noch wissen.

„Die Eltern der Mutter haben keinen Kontakt zu Familie gehabt und die des Vaters sind nicht mehr fähig sich um das Kind zu kümmern. Sie leben in einem Seniorenheim. Es gibt nur noch den Bruder des Vaters, doch ich weiß auch nicht, ob der die erste Wahl des Jugendamts ist. Er ist Alkoholiker." Traurig blickt Betty zu Boden.
„Sonst keine weiteren Angehörigen?"
„Doch, aber es besteht kein Kontakt." Meint sie.
„Kein Kontakt, kein Kontakt, was soll denn das heißen? Das Kind ist ganz alleine!" aufgebracht wirft Sean die Hände in die Luft.
Er weiß jetzt sicher, dass er jetzt irgendetwas mit Alkohol braucht. Er hasst solche Schicksale.

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