Gefangen

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Erschöpft versucht Trisha die Augen zu öffnen. Ihr Kopf schmerzt und sie verzieht das Gesicht. Was war passiert? Warum spürt sie nicht ihr weiches, kuscheliges Kissen unter sich, sondern hartes Holz? 

Endlich schafft sie es und kann die Lider heben. Was sie sieht ist: Nichts. Sie sieht gar nichts, weil es stockdunkel im Raum ist. Nicht einmal ein kleiner Lichtstrahl fällt unter der Tür hindurch.

„Tristan?" flüstert sie. Keine Antwort. Sie lauscht in die Stille hinein. Es ist auch kein anderes Geräusch zu hören.
„Mama? Papa? Wo seid ihr?" wieder keine Antwort. Sie schluchzt leise. 

Trisha ist es nicht gewohnt alleine zu sein. Immer ist ihr Bruder bei ihr und wenn nicht er, dann ihre Eltern oder Freunde. Sie hat immer Angst im Dunkeln. Überall können sich Monster verstecken, sie angreifen, sie fressen, ihr Angst machen und dann ihre Familie heimsuchen. Das war immer schon ihre größte Angst gewesen.

Sie weiß ja nicht, dass sich diese Ängste soeben verwirklicht haben. Und auch weiß sie nicht, dass das Monster zwei Stockwerke über ihr, gemütlich im Wohnzimmer sitzt und eine Zwiebelsuppe in sich hineinlöffelt.

Glücklich hatte Terry Brown ein Bad genommen, nachdem er die kleine Trisha in ihr neues Zimmer gebracht hatte. Er würde sich gut um sie kümmern, das hatte er sich fest vorgenommen. Sie ist die einzige, für die er echte Liebe empfinden kann. Keine fleischliche Lust, versteht sich. Nein, daran hat er noch nie Freude gefunden. Aber an ihrer Unschuld, daran dass sie seiner Schwester so ähnlich sieht, die er vor langer Zeit verloren hat.

Nun sitzt er in seiner kleinen Bibliothek und schlürft seine Suppe. Er könnte tanzen, vor Freude, obwohl er Fehler gemacht hatte. Wie konnte er nur so dumm sein! Er hätte kontrollieren müssen, ob der Junge noch atmete. Das war ihm noch nie passiert! Ein fataler Fehler.

 Nur hat er eine gute Entschuldigung. Er seufzt. Das Gesicht der kleinen Trisha schiebt sich in seine Gedanken und zügelt seinen Puls. Sie ist es wert gewesen, Fehler zu riskieren. 

Keine Minute länger hätte er es ausgehalten, mit ihr in diesem furchtbaren Haus zu bleiben. Nur durch seine Hand hatten die Odins ihr Glück gefunden und er hatte eine eindrucksvolle Botschaft hinterlassen. Er war gütig sie zu erlösen, aus dieser abscheulichen, grausamen Welt. 

Er wird Trisha, oder Chrissie, vor den ganzen Monstern beschützen. Sie wird es besser machen, als ihre Eltern und der Rest, dieser kranken Hurensöhne.

Die Gedanken an diesen Abscheu, wühlen ihn auf. Und sofort hat er Lust, irgendwas zu zerstören. Er krampft seine Hand so fest, um die heiße, dampfende Schüssel, dass er meint, seine Hand würde Feuer fangen.

Was den Jungen angeht, es würde ihn sicher keiner gefunden haben. Zu dieser späten Uhrzeit, schliefen alle in ihren Betten und Träumten nichtsahnend vor sich hin. Er seufzt wieder tief und atmet aus. Es würde sicher keine Gefahr mehr von ihm ausgehen. Er war einfach ganze alleine, auf dem Fußboden liegend verblutet.

Terry lächelt zufrieden ins sich hinein. Ein echter Glücksgriff ist das gewesen. Die Familie Odin. Wirklich nett.

Während Terry Brown sich gute Gedanken einredet, dass der Junge sicher gestorben war, wird Tristan soeben, in einem der vielen OP-Säle operiert.

Anfangs stand es schlecht für den Kleinen, doch jetzt kämpfen die Ärzte um sein Leben und er scheint es zu schaffen.

Als Dr. Bright den letzten Stich gemacht hat, atmen alle auf. Tristan Odin hat es geschafft. Er ist stärker, als er dachte. Er ist stärker als Terry Brown denkt, der immer noch in seinem Triumph badet.

Wenn Tristan wach wird, wird er Detektiv Sean wichtige, neue Informationen liefern, die den Mörder zwar nicht fassen, aber etwas Klarheit in die Sicht der Polizisten bringen werden. 

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