[I] Part 2: "Bones" {✔︎}

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»Wenn du mich noch einmal so ansiehst, dann wirst du vor mir knien und um dein Leben beten. Und wenn ich dir deine Kehle aufschlitze, dann wirst du wissen, dass du zum falschen Gott gebetet hast.«

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-DAS ERSTE OPFER-

Mit einer kleinen Handbewegung und einem zusätzlichen Funken von dunkler Magie ließ ich den Toten und mich unsichtbar werden. Schließlich wollte ich nicht riskieren, dass mich jemand sah. Dann wäre die ganze Mission sofort gescheitert und die Menschen würden in eine Massenhysterie verfallen. Nachdem ich meine menschliche Gestalt angenommen hatte, warf ich den Typen über meine Schulter. Dank meiner übernatürlichen Stärke fühlte es sich so an, als wäre er so leicht wie eine schwarze Feder meiner Flügel. Die Schultoilette beließ ich in ihrem Zustand - jeder sollte die Schönheit des Blutes zu fürchten wissen. Ich schlich mich so leise wie möglich durch die Flure der High School. Obwohl es bereits dunkel war, glaubte ich von irgendwo ein surrendes Geräusch vernehmen zu können. Sehen konnte mich zwar niemand - dafür aber hören. Vielleicht war es ja irgendeines von den Wesen, die so niveaulos waren, dass sie den Dreck der anderen Menschen sauber machen mussten. Mit einem leisen Seufzer schritt ich weiter durch die Flure, wobei kläglicher Weise Erinnerungen an den vergangenen Tag in mir auf kamen. Wie zum Beispiel diese eine Mädchengruppe, die in meiner Anwesenheit ständig gekichert hatte - eines von den Dingen, die ich in dieser Welt wahrscheinlich nie verstehen würde. Oder mein Biologie-Lehrer, der mich heute äußerst merkwürdig angesehen hatte, als ich sagte, dass ich keine Ahnung habe, wie der Mensch funktioniere. Alles Ereignisse, die ich für den Moment vergessen wollte - sie lenkten mich ab, waren eine Schwäche. Vielleicht sogar die eine Schwäche, vor der mich meine Tante gestern noch so sehr gewarnt hatte. Durch die Fensterfront konnte ich erkennen, dass niemand auf dem Schulgelände zu sehen war. Die Laternen warfen ihr Licht lediglich auf den Asphaltboden des Schulhofes. Die Glastür schwang mit einem lauten Poltern auf und ich trat hinaus ins Freie. Es war nicht bedeutend kühler als vor ein paar Minuten, dennoch bekam ich eine Gänsehaut. Das Mädchen von vorhin war vermutlich längst verschwunden - zumindest konnte ich sie nirgendwo entdecken; in keinem Busch, hinter keinem Schatten. Gut so. Obwohl ich unsichtbar war, wollte ich lieber auf Nummer sicher gehen. Schließlich konnte es gut möglich sein, dass mein Bruder, meine Tante und ich nicht die einzigen übernatürlichen Wesen in dieser Stadt waren. Manche der übernatürlichen Wesen verfügten über die Fähigkeit, unsichtbare Dinge und Personen zu erkennen - beispielsweise Vampire oder Werwölfe. Mir war zwar heute noch niemand ins Auge gesprungen, der eines übernatürlichen Wesens würdig war, aber trotzdem wollte ich Vorsicht walten lassen. Schnell führte ich meinen Weg über den Schulhof fort und betrat den angrenzenden Wald, indem die Opfergabe stattfinden sollte. Meine Tante, Lucian und ich hatten extra New South ausgewählt, weil der Wald relativ groß war. Die Größe bot einen hohen Faktor von Sicherheit, den ich zu nutzen wusste. Die trockenen Blätter der Bäume, die bereits heruntergefallen waren, knirschten unter meinen Schuhen, als sie brachen. Angst vor der Dunkelheit hatte ich noch nie gehabt - sie war mein zu Hause und ein Teil von mir. Nachts war es immer am schönsten, denn die Welt wirkte mit einem Mal wesentlich friedlicher, als sie es in Wirklichkeit war. Die Stille hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Außerdem war die Furcht der Menschen Nachts wesentlich ausgeprägter - ein weiterer Aspekt, warum ich diese Tageszeit liebte. Die Stille begleitete mich auf meinem Weg tiefer in den Wald. Sie wurde lediglich ab und zu von den brechenden Blättern gebrochen - aber das war nicht weiter schlimm. Der Mond strahlte in halber Pracht am Himmel und es waren nur wenige Sterne zu sehen; der perfekte Himmel für eine Opfergabe. Angenommen es wäre Vollmond und es würden tatsächlich Werwölfe in New South existieren: sie würden das Blut wittern, die Fährte aufnehmen und mich finden. Und je nachdem, wie der Werwolf gesinnt wäre, würde es wahrscheinlich über mein Schicksal entscheiden. Doch da die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering war, auf einen Übernatürlichen zu treffen, verwarf ich diesen Blitzgedanken so schnell, wie er aufgetaucht war.

Bloody Body - Im Banne des Teufels | #PlatinAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt