4 Thomas

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"Also, wo und wann wollen wir uns treffen?", fragte ich die eingedickschte Angelique nach der Geschichtsstunde. Sie sah mich nicht an, als sie antwortete.

"Ich habe nicht vor mich mit dir zu treffen." Bei diesen Worten schmiss sie ihr Geschichtsbuch in ihre Tasche, warf diese dann über ihre Schulter und ging schnell, ohne mich weiter zu beachten, davon.

Doch so einfach ließ ich sie nicht gehen. Ich stürmte ihr hinterher.

"Da werden die Römer aber traurig sein. Hast du schon vergessen, dass wir ein gemeinsames Unternehmen haben?" half ich ihr auf die Sprünge. Abrupt blieb sie stehen und drehte sich zu mir. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass sie giftiger aussehen konnte als Haley.

"Erstens, ich weiß, warum du mich als Partner wolltest, aber zweitens das kannst du vergessen. Du wirst nicht auf deiner faulen Haut sitzen und mich alles allein machen lassen. Und wir werden nicht zusammenarbeiten, du wirst deinen Teil machen und ich mache meinen",meinte sie und wandte sich wieder von mir ab.

Ich packte sie am Arm, sodass sie nicht gehen konnte. Sie begann zu zappeln wie ein Fisch im Trocknen.

"Was soll das? Lass mich los!", keifte sie mich an, doch es war mir egal. Ich schenkte ihr ein süffisantes Grinsen.

"Ich weiß wo du wohnst. Also, wenn du mir nicht sagst, wann es dir recht ist, dann komme ich halt, wenn es mir passt", behauptete ich und es hatte die Wirkung, die ich mir erhofft hatte. Von Jaco hatte ich schon einiges über ihre Eltern erfahren und so einen wie mich, würden die nicht so gerne bei sich zu Hause sehen. Wenn sie Jaco und seine Eltern zum Essen einluden, waren sie schon jedesmal von ihm entsetzt, sahen jedoch wegen ihrer Freundschaft zur Familie darüber hinweg.

"Das wirst du nicht tun."

"Ich würde schon. Wenn dir der Ort aber nicht passt, dann können wir uns auch wo anders treffen. Es liegt an dir", erklärte ich und sie gab nach.

"Gut, von mir aus! Wir machen es zusammen. Lass mich jetzt in Frieden",sagte sie und ich ließ ihren Arm los.

"Du kannst ja zu mir nach Hause kommen. Meine Eltern sind tagsüber nicht da, also hätten wir unsere Ruhe", ließ ich sie wissen und sofort verzog sie angewidert ihr Gesicht.

"Ich werde nicht zu dir kommen. Wir treffen uns an irgendeinem öffentlichen Ort, wo uns Leute sehen können", befahl sie. Jetzt musste ich anfangen zu lachen.

"Was, hast du etwa Angst, dass ich dich um die Ecke bringe?", fragte ich amüsiert.

"Ich möchte einfach nicht mit dir alleine sein, kapiert." Ihre braunen Augen funkelten mich unter ihrer Brille missbilligend an.

Am Ende verabredeten wir uns in einem kleinen Café für diesen Freitag nach der Schule.

Ich würde sie in meinem Auto mitnehmen. Na ja, abgesehen davon, dass sie mich zu hassen schien und das wir uns nur für die Schule trafen, war das doch schon mal ein guter Anfang.

Mal sehen, was ich an diesem Tag noch alles richten konnte.

"Hey, Tom Tom", hörte ich hinter mir eine quirlige Mädchenstimme kreischen. Wissend wer es war, drehte ich mich charmant lächelnd um. Es war Haleys beste Freundin Gabrielle, eine süße Brünette.

Wir waren sozusagen ein Paar. Alle an dieser Schule dachten, dass wir zusammen waren, sogar sie selbst. Dabei waren wir das gar nicht wirklich. Aber egal, ich hatte mir nie die Mühe gemacht, das klarzustellen. Die anderen Mädchen interessierte es eh nicht, ob ich eine Freundin hatte.

"Was gibts?", fragte ich, als sie bei mir ankam.

"Babe, hast du gesehen, was mit Gabrielle passiert ist?"

"Ja,dass war schwer zu übersehen", antwortete ich und dachte kurz, dass ich ja der Auslöser für dieses kleine Drama gewesen war. Anscheinend hatte das kaum jemand mitbekommen.

"Sie kann nicht mehr aufhören sich zu beschweren und zu meckern. Sie ist echt sauer", erzählte Gabrielle mir.

"Und was ist jetzt mit ihr? Wie geht es ihrem Fuß?"

Gabrielle und ich liefen zusammen zum Englischunterricht und sie sprang im Hopserlauf neben mir her, während sie redete.

"Nichts schlimmes. Ihr großer Zeh ist nur sehr blau, aber er scheint zum Glück nicht gebrochen zu sein. Sie regt sich nur sehr auf, dass ihre Pediküre nun für umsonst war. Das ist schon verständlich",meinte sie. Nicht wirklich, aber gut, dass waren eben Gabrielle und Haley.

"Sie kann dieses Wochenende also doch nicht ihre tollen High-Heels anziehen. Die hat sie sich extra für diesen Abend gekauft und die waren teuer",erklärte Gabrielle und das Wort teuer zog sie extra lang.

"Was ist dieses Wochenende?", wollte ich wissen. Das Mädchen neben mir schien auszuflippen bei dieser Frage. Sie flippte oft aus.

"Hab ich dir das noch nicht erzählt? Sie schmeißt ne Party. Gott, die wird das Event überhaupt." Gabrielle hüpfte vor Freude in die Luft.

Klar, wie konnte ich das nur vergessen haben, es gab eigentlich keinen Monat, in dem die Party Queen nicht die gesamte Highschool dazu einlud, ihre Villa zu zertrümmern.

"Jedenfalls hat sie Zehen offene Schuhe und die kann sie unmöglich anhaben, wenn ihr Zeh so blau ist. Das würde einfach schrecklich aussehen",plapperte Gabrielle neben mir weiter.

"Natürlich, dass wäre ein absolutes No Go", meinte ich ironisch.

"Ja, nicht wahr. Toll, dass du das verstehst." Ich musste unwillkürlich seufzen. Sie war zu leichtgläubig um Sarkasmus zuerkennen, wenn man ihn ihr sogar auf dem Silbertablett servierte.

Ich war froh als wir im Klassenzimmer angekommen waren und der Unterricht begann, was nicht wirklich ein Anlass für Gabrielles Mundwerk war, geschlossen zu bleiben, dennoch waren es die Momente, in denen sie ihre Quatscherei reduzierte.

Nach Englisch hatte ich noch eine Stunde Physik und leider auch Spanisch und dann fuhr ich nach Hause.

Mit einem Bärenhunger begab ich mich in unsere kleine Küche und machte mir ein Mikrowellen-Essen warm, da ich nicht besonders scharf drauf war zu kochen. Dann schmiss ich mich im Wohnzimmer auf die Couch und machte es mir mit irgendeiner Fernsehsendung, die im Hintergrund lief und meinem Essen gemütlich. Immer wieder blickte ich zur Uhr und überlegte. Für heute Nachmittag hatte ich mir vorgenommen zu meiner Mum ins Krankenhaus zu fahren. Schon aus Erfahrung hatte ich zwar gelernt, dass sie mich nicht dort haben wollte, aber ich musste einfach. Ich hatte das Recht dazu und ich war kein kleiner Junge mehr, was schwer für sie zu akzeptieren war. Immer noch versuchte sie mich vor allem zu behüten, dabei merkte sie gar nicht, dass es zu spät war. Ich hatte schon herausgefunden, wie schrecklich diese Welt war und ich konnte besser damit umgehen als sie. Eigentlich sollte jemand sie schützen. Aber sie ließ ja nicht einmal mehr mich nah genug an sich heran.

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