Mein Fell ist Blut verschmiert. Mit Freude würde ich sagen wollen, dass es nicht nur meines ist. Doch das wäre eine Lüge. Humpelnd schleppe ich mich erbarmungslos weiter. In wenigen Tagen ist Vollmond und ich habe noch nie eine Vollmondnacht ohne einen aus meiner Familie durch gestanden . Da ich zu tief in meinen Gedanken versunken war habe ich die Wurzel nicht gemerkt an der ich hängen blieb. Mit einem Ruck falle ich zu Boden. Alle vier von mir gestreckt bleibe ich liegen. Unregelmäßig atme ich ein und aus. Die gesamten Muskeln in meinem Körper zittern etwas vor Anstrengung. Erschöpft schließe ich für einen Moment die Augen. Großer Fehler.
Das knacken eines Astes lässt meine Ohren zucken. Schwerfällig hieve ich mich auf meine Pfoten. Meine Beine zittern noch etwas. Bevor der ungebetene Gast mich kennenlernen kann, tapse ich ein Stück weiter. Nur um dann endgültig zusammen zu brechen. Hechelnd liege ich also da und warte. Worauf ich warte ist mir selber unklar.
Wieder ein knacken.
Vielleicht warte ich auf eine Erlösung.
Rascheln erklingt.
Vielleicht auf einen zufälligen Weltuntergang.
Knurren. Zumindest bin ich mir jetzt sicher, dass es keine Jäger sind. Zu einem Haufen elend am Boden zusammen gekauert, mit dem Kopf in die Richtung aus der die Geräusche kommen. Für einen kurzen Moment sehe ich einen Schatten vorbei huschen. Schnüffelnd versuche ich zu erkennen ob ich diesen Geruch schon einmal gerochen habe. Er ist mir unbekannt. Dennoch vertraut. Als würde ich ihn mein Leben lang kennen. Leise knurrend schleicht er sich dann schließlich aus einem Gebüsch. Zähne fletschend zeigt er mir, dass er nicht in guten Absichten kommt. An seiner Haltung erkennt man, dass er kein
Rudel-loser Wolf ist. Mein Kopf ist auf meinen Pfote gebetet, wobei ich aufpassen muss keine allzu starken Schmerzen zu haben. Der Angreifer scheint zu merken, dass ich keine Gefahr darstelle. In Gedanken gehe ich meinen Weg durch, bevor ich hier buchstäblich gelandet bin. Eigentlich ist das neutrales Gelände und kein Revier. Das weiß ich noch von meinem Bruder. Er hat mir alles erklärt, gezeigt und er hat mich trainiert. Früher dachte ich, dass er das nur so macht - falls etwas passiert. Doch jetzt weiß ich, dass er mich vorbereiten wollte. Vorbereiten bevor er spurlos verschwand. Es war sein Plan gewesen zu verschwinden. Alles hinter sich zu lassen, selbst mich. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen als er mich, mit seiner Schnauze, anstupst. Unbemerkt hat er sich an mich heran geschleicht. Mit seiner Schnauze bringt er mich dazu aufzustehen. Schwankend bleibe ich stehen. Das fängt ja schon gut an.
Der mir noch Unbekannte stützt mich. Acht gebend hilft er mir zu laufen. Dominant führt er mich durch den Wald. Wird er zu schnell drosselt er sein Tempo. Einige Male habe ich ihn dabei erwischt wie er mich ansieht. Mit der Zeit spüre ich ein Kribbeln in der Magengegend. Zeit vergeht und ich finde mich vor einer kleinen Höhle wieder. Bestimmt geht er weiter. Da ich an ihm gestützt bin, muss ich ihm folgen. Die Höhle ist relativ klein. Es wäre hier nur Platz für zwei oder drei Leute. Drinnen lasse ich mich erneut auf den Boden fallen. Müde schließe ich meine Augen. Ein warmer Körper legt sich neben meinen. Ich bilde mir sogar ein, ein schnurren zu hören. Bedächtig legt er seinen Kopf auf meinen. Ich weiß nicht, weshalb ich mich wehre, aber es fühlt sich gut an. Das erste Mal seit langem - gut es sind nur ein paar Stunden und ein Tag - habe ich mich nicht mehr so geborgen gefühlt. Meine Wunden heilen zwar schneller, dennoch schwächen sie mich auch etwas. Der Tag neigt sich dem Ende und die Nacht über nimmt die Führung. So schlafe ich ein...🌙🌙🌙
"Sie ist Schuld. Sie ist eine Mörderin. Sie war es", wirft mir das Night-Rudel vor.
"Ich war das nicht. E-Es war ein Unfall!", beteuere ich. Mit leeren Blicken sehen sie mich an. Ich bin gefangen. Eine Gefangene, des unerbitterlichem Selbsthasses.
Sie kommen mir immer näher. Eingeengt bemühe ich mich, mich so klein wie nur möglich zu machen. Da sehen mich auch schon die rot-orangenen Augen an. Der Alpha. "Bitte. Es war keine Absicht. Bitte", flehe ich ihn an.
"Du hast deine Familie verraten. Du hast uns verraten. Du hast mich verraten. Sieh zu wie du damit klar kommst. Niemand wird etwas mit dir zu tun haben wollen. Auch nicht dein Seelenverwandter. Dies wird dein Schandfleck sein. Sieh zu wie du damit klar kommst." Mit diesen Worten drehen sich alle um und gehen. Sie lassen mich alleine.
"Nein! Kommt zurück!", schreie ich ihnen nach.
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Heimatlos - Verbannt
WilkołakiSie. Eine Verbannte. Ausgestoßen aus ihrem Rudel und ihrer Familie. Mit einem Geheimnis. Er. Einer der gefährlichste Alpha der Welt. Was passiert nachdem sie ausgestoßen wird? Was passiert wenn eine Ausgestoßene in die Fänge von Jägern kommt und ih...