ICH WEIß NICHT, WIE LANGE ich noch in der Dusche saß und geweint habe. Danach bin ich schlafen gegangen und hatte zum ersten Mal seit Wochen keinen Albtraum.
Dadurch, dass ich in den letzten Wochen, und besonders an dem Tag mit dem Unfall so lange wach war, habe ich bis abends geschlafen.
Meine Eltern haben morgens wahrscheinlich von Tristans Eltern von dem Unfall gehört und mich deshalb an dem Tag nicht aufgeweckt und zur Schule geschickt, sondern haben mich so lange schlafen lassen.
Auch in den nächsten Tagen bin ich nicht zur Schule gegangen und war seit langer Zeit mal wieder ausgeschlafen, da die Alpträume einfach aufgehört haben und ich nach ein paar Tagen immer noch keine hatte.
Ich war erleichtert über diese Tatsache, jedoch immer noch am Boden zerstört, wegen Tristans Unfall. Jeden Tag quälte ich mich aufs Neue, da mir nicht gesagt wurde, ob er überlebt hat oder nicht.
Das einzige, was in den Nachrichten erzählt wurde, war dass sieben Personen in dem Bus umgekommen sind, nur drei sollen überlebt haben.
In den folgenden Wochen, in denen ich nicht zur Schule gegangen bin, ist Tate jeden Tag zu mir nach Hause gekommen, er hat mir alles, was wir im Unterricht gemacht haben erklärt und wir haben zusammen die Hausaufgaben gemacht.
Manchmal ist er auch bis spät abends da geblieben und wir haben miteinander geredet oder diverse andere Sachen gemacht.
Einmal zum Beispiel haben wir Karten gespielt und so langweilig das auch klingt, es hat mit ihm echt Spaß gemacht.
Auch heute warte ich mal wieder darauf, dass Tate zu Besuch kommt. Ich hocke auf meinem Bett mit angezogenen Beinen und mein Kopf liegt auf meinen Knien, während ich auf die zugezogenen Vorhänge starre.
Jeden Tag geht das jetzt so, und ich löse mich erst aus dieser Position, nachdem Tate an der Tür klopft und in mein Zimmer kommt.
Meist ist er es, der die Vorhänge aufzieht und die warmen Sonnenstrahlen reinlässt, der die Fenster öffnet, sodass frische Luft in mein Zimmer strömt und der mich zum aufstehen animiert. Lustlos rappele ich mich dann auf, gehe duschen, putze meine Zähne und kämme meine Haare, während er solange auf mich in meinem Zimmer wartet und schon mal mit den Hausaufgaben anfängt, damit wir schneller sind.
Erst dann fange ich an, mich besser zu fühlen.
Erst dann, wenn er da ist.
Mehrere Stunden vergehen, ich immer noch in der selben Position, das einzige, was sich verändert sind meine Augen. Manchmal starren sie leer in den Raum, manchmal sind sie geschlossen.
Dann klopft es an der Tür und sofort wird sie von dem blonden Jungen geöffnet. Er stürmt wie immer direkt auf die Vorhänge, dann werden die Fenster geöffnet und zuletzt werde ich in das Badezimmer geschickt.
So, wie jeden Tag.
Entspannt lasse ich das heiße Wasser auf meine Haut prasseln, in meinen Gedanken versunken, muss ich erneut an den Jungen in meinem Zimmer denken.
Ich weiß nicht, wie alles verlaufen wäre, wenn er nicht da wäre. Vielleicht hätte ich in Verzweiflung sogar Schlaftabletten geschluckt oder ähnliches.
Da ich Tate nicht so lange warten lassen möchte, steige ich aus der Dusche und mache mich schnell fertig. Dann begebe ich mich wieder in mein Zimmer und wir beide machen unsere Hausaufgaben.
~
Ich stelle mich auf Zehenspitzen, scheitere jedoch bei dem Versuch, die Karten aus einem der obersten Regale zu holen.
Nach unserem letzten Spiel hat Tate sie da oben hingelegt und jetzt komme ich nicht dran, egal wie sehr ich mich auch bemühe.
Erschrocken zucke ich zusammen, als Tate plötzlich hinter mir steht, seine Hände an meine Hüfte legt und mich hoch hebt, damit ich mir die Karten nehmen kann. Er lässt mich wieder runter, geht dann einen Schritt zurück.
Ich drehe mich um und schaue ihn verwirrt an: „Musstest du mich unbedingt hochheben? Du konntest sie dir doch auch ein-"
„Nein, ich konnte sie mir nicht einfach nehmen", unterbricht er mich und dreht scherzhaft seine Augen, „dann hätte ich doch gar nicht die Gelegenheit dazu gehabt, dich hochzuheben."
Jetzt bin ich es, die die Augen dreht.
„Lass uns jetzt einfach mit den Karten spielen."Wir beide setzen uns auf den weichen Teppich, solange Tate die Karten geschickt mischt und sie auf drei Stapel verteilt.
„Möchtest du nicht bald wieder in die Schule kommen?", bricht Tate die Stille und erschrocken schaue ich ihn an.
„I- ich weiß nicht, ob ich es schaffe dort zu sein. Tris-", ich breche ab, als ich den Kloß in meinem Hals spüre, der mich dazu drängen möchte in Tränen auszubrechen und nicht weiterzureden, wie er es schon oft davor geschafft hat.
Ich räuspere mich und schließe kurz meine Augen, bevor ich sie wieder öffne, atme ich tief ein:
„T- Tristans Platz wird dann den ganzen Tag leer sein und ich weiß immer noch nicht, w- was passiert ist..."„Ich kann mich neben dich setzten, wenn du möchtest", schlägt Tate vor, jedoch schüttele ich widerwillig meinen Kopf.
„Nein."~
Der Rest der Runde verläuft ziemlich ereignislos.
Die Stimmung ist nach unserer Unterhaltung ziemlich bedrückt und nachdem wir fertig mit dem Kartenspiel sind, packe ich es zurück in das Regal, während Tate seine Schulsachen zusammen räumt und mit einem knappen „tschüss" verschwindet.
Normalerweise umarmen wir uns noch und möchten uns kaum voneinander trennen, weswegen mich diese kurze Verabschiedung ziemlich runter zieht. In Gedanken verloren lege ich mich in mein Bett und starre an die dunkle Decke. Erst nach einigen Stunden kann ich endlich einschlafen.
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nightmares || tate langdon
Fanfiction»How can I sleep if I don't have dreams? I just have nightmares.« Violet hat seit einiger Zeit immer wieder Albträume von einem blonden Jungen. Ihr geht es immer schlechter und sie weiß nicht, was sie gegen diese Albträume machen soll. Doch was pass...