Einzelne Sonnenstrahlen drangen zu mir durch und nur zögernd öffnete ich meine Augen. In meinem Zimmer sah alles so aus wie immer und im Haus was es ruhig.
Müde drehte ich mich in meinem Bett um und sah aus dem Fenster. Es war bestimmt schon zehn Uhr, so lange hatte ich noch nie geschlafen, ich sollte echt aufstehen und... Moment ich war gestern im Wald eingeschlafen. Vermutlich war es nur ein Traum. Langsam setzte ich mich auf und streckte mich, doch als ich aufstehen wollte, spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Wade. Schmerzerfüllt zuckte ich zusammen als ich die Decke zurück schlug. Um mein rechtes Bein war ein Verband und es lag auf einem kleinen Stapel Kissen.
Komisch, dass ich die nicht bemerkt hatte, aber irgendwie auch kein Wunder wenn man bedenkt, dass ich an meinem Bein kaum etwas außer Schmerz fühlte.
So vorsichtig wie möglich versuchte ich aufzustehen, doch bei jeder noch so kleinen Bewegung zuckte ich zusammen. Genervt schmiss ich mich zurück ins Bett.
Wie war ich überhaupt hier her gekommen und woher kam der Verband? Ich kannte keine Antworten darauf aber ich wusste, dass ich nicht laufen konnte, also versuchte ich eines der alten Bücher meines Vaters aus meinem Nachttisch zu holen. Doch als ich es zurück zog, stieß ich eine kleine Vase um, welche geradewegs auf dem Boden aufschlug und in tausend Teile zersprang. Wasser und Blumen verteilten sich auf dem Boden.
Irea hatte sie dort abgestellt, das machte sie immer. Im Wald pflückte sie Blumen und verteilt sie dann im ganzen Haus.
Plötzlich hörte ich Schritte die Treppe rauf kommen und als sie sich auf mein Zimmer zubewegten, zog ich die Decke wieder über mein Bein und öffnete das Buch auf irgendeiner Seite. Die Tür flog auf und meine Mutter kam rein. "Alles okay? Was ist passiert?" Sie klang rau und als ich zu ihr rüber sah, ging ihr Blick zu dem Chaos auf dem Boden. Ihre Augen waren verweint und ihre Nase war rot. Genervt seufzte sie. "Warum bist du immer noch im Bett?" Sie stoppte und wartete auf eine Antwort, doch als ich nicht reagierte, redete sie weiter. "Egal, steh einfach auf und mach das weg, irgendwann tritt noch einer rein." Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging. Die Tür fiel langsam hinter ihr zu.
Anscheinend hatte sie keine Ahnung von meinem Bein, doch Recht hatte sie trotzdem, ich musste das schnellstmöglich wegmachen, sonst würde der Holzboden bald Schrecklich aussehen. Die Frage war nur wie.
Ehrlich gesagt war der Boden mein kleinstes Problem, aber mein Perfektionismus war zu dominant. Ohne weiter nachzudenken, biss ich die Zähne zusammen und schwang meine Beine aus dem Bett. Ich ignorierte den Schmerz so gut wie möglich, doch ein kurzes zusammenzucken war nicht zu vermeiden. Das Buch legte ich offen neben mich auf die Decke.
Neben meinem Schrank stand ein Besen, aber dieser war zwei Meter entfernt und somit nicht leicht zu erreichen. Aber ich bekam da so eine Idee. Vorsichtig setzte ich mich auf den Boden und kroch auf den Besen zu, mein verletztes Bein zog ich hinter mir her. Das musste ziemlich dumm aussehen, für jemanden der nicht wusste was los war. Am Schrank angekommen, zog ich mich an ihm auf die Beine und verlagerte mein Gewicht auf mein gesundes Bein. Ich nahm den Besen und bewegte mich hüpfend auf die Scherben zu, im Nachhinein war das eine ziemlich dumme Idee, denn der Schmerz wurde nur noch schlimmer.
Angekommen kehrte ich alles auf einen Haufen und schmiss es weg, doch der Boden war noch nass und in meinem Zimmer hatte ich nichts zum aufwischen. Ich entschied mich dafür normal zu laufen, es tat zwar nicht weniger weh, aber es war unauffälliger.
Nachdem ich alles aufgewischt hatte, lief ich ins Bad zu duschen und die Wunde zu reinigen, doch bei jedem Schritt zuckte ich zusammen und musste musste mir auf die Zähne beißen um nicht loszuschreien.
Im Bad setzte ich mich auf den Badewannenrand und zog mein Hosenbein hoch, der Verband hatte sich schon leicht gelöst, also machte ich ihn komplett ab. Entsetzt sah ich auf die Wunde, sie war, fast schon perfekt, genäht. Wie fest hatte ich denn geschlafen? Es sah so aus als würde meine Wunde auseinander reißen, wenn da nicht die Nähte wären.
Erst als ich mein Hosenbein wieder runter zog, bemerkte ich, dass ich etwas anderes als gestern anhatte. Das wurde jetzt langsam gruselig. Aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Also stieg ich in die Dusche und machte danach einen neuen Verband auf die Wunde.
Nachdem ich fertig war, lief ich die Treppe runter und als ich meine Mutter am Tisch sitzen sah, versuchte ich so normal wie möglich zu laufen. Vor ihr, am anderen Ende des Tisches, blieb ich stehen bis sie aufschaute. "Was?", schniefte sie. "Wo ist Dad?", fragte ich sanft, denn allein bei der Erwähnung von ihm, traf es sie schon sehr. Eigentlich hatte sie das verdient, doch ich brachte es nicht übers Herz sie zu verletzen, immerhin war sie trotzdem meine Mutter.
Sie schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht, er ist seit gestern nicht wieder aufgetaucht."
Mein Kopf fing an zu brummen und ich lief wie gelähmt aus der Tür und blieb vor dem, dichter werdenden, Wald stehen. Ich verstand ihn zwar, aber er konnte uns nicht alleine lassen, schon gar nicht nachdem Mom nur noch wie eine Leiche durch die Gegend lief.
Ich humpelte ein wenig weiter in den Wald, doch als ich ein Rascheln in auf einem Baum, nahe unseres Hauses, wahrnahm, stoppte ich und drehte mich zu ihm. Im Baum war nichts zu sehen, nicht einmal ein Vogel, welcher das Rascheln verursachen könnte.
Es raschelte wieder und ein Ast oben am Baum wurde runter gedrückt, doch es war immer noch nichts zu sehen.
Ohne Vorwarnung erschien schwarzer Rauch, der sich wieder verzog, als eine Person im Baum erschien. Er lehnte an dem dicken Ast in der Mitte und ein Bein lag angewinkelt auf dem heruntergedrückten Ast.
Ich hätte ihn fast nicht erkannt, er hatte jetzt schwarzes Haar und seine Augen, sie waren nicht rot wie die des Jungen, sie waren Lila fast schon Dunkelblau. Und obwohl er immer gutaussehend war, stand ihm das sogar noch besser.
"Dad.", flüsterte ich und er lächelte mir entgegen.
DU LIEST GERADE
Seelenfänger
FantasyAngel lebt in einer Welt in der das Leben eines Kindes von deren Seelenfängern abhängt. Seelen werden Menschen genommen und Kindern gegeben, aber was passiert wenn sie nur genommen werden? Auch Zwillingsseelen soll es geben aber was bedeutet das f...