Prolog

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"Adar?"
Legolas beobachtete mit Freude wie Anòriel und Faewhir jauchzend durch den Garten toben.
Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch die Blätter und gaben ihnen einen herrlich goldenen Glanz. Nur leise tanzte ein kühler Wind durch die Dächer des Waldes.
Der Monat des Sterbens, des Ruhens und der Vorbote des kalten Winters, war schon lange eingekehrt.

Plötzlich hörte er eine zarte Stimme an seinem Ohr. "Melethron, Aran nin möchte dich sprechen."
Legolas drehte sich mit einem überrachten Lächeln um, hatte er diese geliebte Person doch nicht kommen hören.
Große Augen, blau wie ein Bergsee, leuchteten aus einem edel geformten Gesicht, hell und rein wie der Mond. Dunkles Haar umflutete das schöne Antlitz und fiel über die zarten Schultern, die hell aus der dunkelblauen Robe leuchteten.
Die Elbin legte lachend die Arme um ihn:

"Taub wirst du auch schon? Was habe ich da bloß geheiratet?" Legolas lachte leise und konterte: "Du trampelst immer weniger."
Die Elbin riss ungläubig die feinen Augenbrauen hoch und drohte halbherzig: "Na warte, dass bekommst du zurück! Nimm mich ja nicht auf dem Arm."
Legolas schmunzelte und , nahm ihre Hand:"Ich habe dich viel lieber im Arm."
Sie legte ihren Kopf auf seine Schultern. Die aufgehende Sonne malte ihre Licht-und Schattenbilder in die Wälder und tauchte die Welt in ein rot-goldenes Licht.
Legolas schloss seine Augen und erinnerte sich an einen ähnlichen Morgen, an einen lang vergangenen Morgen, an dem die Valar beschlossen hatten, ihn zu seinem Glück zu führen.


Viele Jahre zuvor im Waldlandreich:

"Legolas?"
Die fragende Stimme brachte Legolas dazu von einer uralten vollgekritzelte Karte aufzusehen.
Über ihm schwebte ein fragendes Gesicht, dem seinem zum Verwechseln ähnlich. Das selbe silberne Haar floß um ein feingliedriges, edles Gesicht, dieselben eisblauen Augen leuchteten ihm entgegen.
Sein Vater, König Thranduil, stand vor ihm.
Sie befanden sich in der Bibliothek, einem Ort voller Karten und alter Bücher, ein Ort wo die Weisheit vieler Waldelben(welche die anderen Elbenvölker immer wieder stark bezweifelten) aufbewahrt war und wo immer die die Sitzungen des hohen Rates stattfanden.

Er rieb sich ermüdet die Augen. Die letzten Nächte waren für sie alle anstrengend gewesen, waren sie doch die ganze Nacht hier gewesen, hatten Für und Wieder aller möglicher Angriffsmöglichkeiten abgewogen und waren schließlich mühevoll auf einen grünen Zweig gekommen.

"Aye, hir nin?" Andere Elben mochten seinem Vater die Sorge nicht ansehen, Legolas jedoch leuchtete sie förmlich entgegen und sie beunruhigte ihn noch mehr.
Wenn selbst der zeitlose König von Eryn Lasgalen, welcher die viele der berühmtesten und berüchtigsten Schlachten gesehen und geschlagen hatte, beunruhigt war, dann gab es wahrlich Grund zur Sorge. Doch Legolas konnte es ihm nicht verdenken. Von den nächsten Tagen würde sehr viel abhängen.

Des Königs Gesicht war ernst. Mühsam die Sorge in seiner Stimme unterdrückend, fragte er: "Mein Sohn, seid ihr alle marschierbereit? Seht zu, dass sie euch nicht bemerken, bevor die Angriffe im Gange sind. Das ist wirklich wichtig, sonst sind unsere Pläne so nutzlos wie die ewige Singerei der Noldor. Dennoch eilt, wir alle möchten diesen Feind besiegen, sie sind klüger und gefährlicher als alle Orks."
Legolas nickte.
Wahrlich, wenn der ausgeklügelte Einschleichversuch in das Land der dunklen Elben, besser gesagt in ihre Hauptstad Moradar, schiefging, bliebe nur noch der offenen Krieg.
Doch er hatte auch noch einige anderen Bedenken.
Zögernd fragte er:"Vater, keinenfalls will ich Eure Ehre oder die der anderen Ratsherren in Frage stellen, aber... "
"Aber was?" Scharf wie Scherben schnitt Thranduils Stimme durch seinen Satz. Seines Vaters Augen hatten die seinen fest ihm Visier.
Legolas hob den Kopf und meinte:"Ist es nicht unehrenhaft, eine Stadt voll mit Frauen und Kindern zu überfallen? Sie werden auch dahingemetzelt, wenn wir Erfolg haben."
Thranduils Gesicht war hart wie ein Kiesel:"Damit muss man rechnen."
Legola runzelte die Stirn, wagte aber nicht, noch einmal offenkundig an der Moral dieser Pläne zu zweifeln. Warum war sein Vater diesem Volk gegenüber gar so hartherzig? Er mochte ihren König hassen und dies tat auch Legolas aus tiefster Seele, aber die Hilflosen niederzuschlachten war einfach unnötig und grausam.

"Eine Sache noch."
Legolas ruckte aus seinen Überlegungen und antwortete: "Ja Adar?"
"Habe ein Auge auf deinen Vetter. Ich habe seine Eltern am Hals, wenn ihm etwas passiert."

Das Augenverdrehen des Königs hörte man mit jedem Wort.
Legolas nickte, grinsend bei dem Gedanken an den lieben Delosion, der das Schwert mit der Eleganz einer Ente schwang. Legolas nickte seinem Vater zu, der mit leisen Schritten den Raum verließ und erhob sich ebenfalls  aus dem Sessel. Eilig  ordnete er die staubigen Pläne und ging in Richtung der Waffenkammer.

Die Flure waren vom goldenen Licht des frühen Morgens durchflutet. Warm kitzelte die Sonne an seiner Haut, den Gesang der Vögel konnte er aber nicht hören.
Denn von weitem schon hörte man das Geschnatter der Soldaten, das helle Klirren von Waffen und die Schritte von vielen Füßen. Der übliche Gestank der Militärabteilung des Schlosses trat in seine Nase.
Im heillosen Gewirr suchte er ein bestimmtes Gesicht. Viele gingen dem Prinzen, dessen Eile man ihn wohl ansah, aus dem Weg und so wurde er schnell fündig.
Der Elbenherr, ein großer, schlanker Mann mit schwarzem Haar, eilte ihm entgegen.
Legolas rief aus: "Gilion? Habt ihr die Elbenreiche im Osten um Hilfe angesucht."
Gilion, einer der langjährigsten Berater des Königs, kam auf ihn zu. Das edle, weise Gesicht war von Sorge verzerrt, die dunklen Augen waren hart wie Oxyn.  "Ja,mein Prinz."
"Und?"
Der Mann seufzte tief: "Auch von ihnen kommt uns keine Hilfe, Herr."
Legolas seufzte tief. Das Wissen, dass nun die Soldaten des Grünwaldes diese Last allein tragen mussten, erschwerte sein Gemüt wie eine Gewitterwolke:
"Es sieht wahrlich nicht gut für uns aus."

Adar=Vater
Hír nín= mein Herr
Moradar=Vater der Dunkelheit

...denn nur durch das Licht sieht man die Schatten [Legolas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt