...denn nur durch das Licht sieht man die Schatten [Legolas FF]

Verräter

Im Wald herrschte eine drückende Stille. Kaum zu hören waren die Schritte im Laub, kein Vogel sang, kein Specht jagte. Der Trupp von Soldaten, den sein Vater höchstpersönlich für diese Aufgabe ausgewählt hatte, war quer durch die Bank.
Außen marschierten die Ältesten, den Speer sicher in der Hand. Ihr Haar schimmerte im Morgenlicht, ihre Gesichter waren hart und fest wie Diamante. Sicher waren ihre Schritte und furchtlos ihre Herzen.
Im Inneren des Trupps, geschützt von den Älteren, waren die jungen Rekruten. Ihre Blicke schweiften hin und her, teils begierig, teils neugierig. Viele von ihnen verließen das erste Mal ihre Heimat.
Der Trupp würde aber nicht aus  diesem düsteren Wald herauskommen. Carnils Reich lag im Süden des Waldes.

Legolas konnte sich wegen seiner Jugend nicht an die Zeit erinnern als es gegründet worden war.
Doch wusste er, durch was es dermaßen erstarkt war, um seinem Volk gefährlich zu werden. Begonnen hatte es mit dem Verrat eines hochrangigen Beraters...

Schreie durchdrangen die Nacht, als Orks den Palast im Herzen des Waldlandreiches stürmten. Schon seit Stunden versuchte die Wache, die scheinbar nie endende Welle von Orks zu bewältigen.  Gilion, einer der sieben großen Berater des Königs lief mit dem Schwert in seiner Hand durch Palast, mit dem Auftrag, die Königin und ihren Sohn zu beschützen.
Die Gänge waren voll von erschlagenen Orks, es roch nach Blut und Tod.
Verzweifelt schrie er: "Meine Königin, wo seid ihr?" Er vermutete, dass der Prinz bei ihr sein musste. Die Frau seines Königs, Élwen, war einfach nicht aufzufinden. Vielleicht war sie bewusstlos geschlagen worden, doch keimte in ihm die Angst auf, dass sie erschlagen oder verschleppt worden war. Gerade als er diese Gedanken beendet hatte, hörte er einen spitzen Schrei. Gilion rannte, als hinge sein Leben davon ab, er sprang über einige tote Orks, bog durch die Gänge. Schließlich sah er sie. Sie lag tot am Boden. Ihr Mörder zog gerade seine Waffe aus ihrem zierlichen Körper. Ihr braunes Haar lag um sie herum, ihr schönes Gesicht leuchtete im Licht des Mondes. Gilion überwand in seiner Wut die letzten Ellen und wollte den Mann,  der offensichtlich kein Ork war, töten. Doch der Mörder seiner Königin fuhr herum und blockierte das Schwert mit seinem eigenen und Gilion sah in bekannte dunklen Augen. Sein Herz setze aus. Carnil, auch einer der wichtigsten Berater  Thranduils. Sein dunkles Haar fiel ihm wirr ins Gesicht, seine Augen glänzten merkwürdig. Gilion, in seinem Schock zu verwirrt, reagierte beinahe zu langsam und blockte den ersten Schlag Carnils gerade noch ab. "Na, wirst du alt, Gilion?" Diese Meldung fachte seine eigene Wut noch mehr an und er hob auf die Seite seines Gegners und fragte:"Warum tust du das?" Gilion parierte die Schläge des verräterischen Beraters, konnte ihre Wucht kaum halten. Schließlich antwortete Carnil:
"Rache, mein Freund, Rache." Carnils Gesicht wurde von einem kleinen, merkwürdigen Lächeln erhellt. Gilion verstand nicht. Rache für was?
Gilion öffnete den Mund, doch  da bogen schon Soldaten um die Ecke.
Sie hatten aus anderen Dunkelelben herausgepresst, wer sie führte. Schließlich war Carnil, der einstige hohe Berater, vom tobenden König zum Tod verurteilt worden, doch entkam er und seitdem erstarkte das Reich im Süden unter einem fähigen Führer...

Legolas hatte die Geschichte von Gilion gehört. An seine Mutter, Élwen, konnte er sich kaum mehr erinnern. Beschrieben wurde sie als eine große schlanke Frau. Ihr rehbraunes Haar war ihr über ihre Schulter gefallen, ihr Augen waren blau wie die Seen des Nordens gewesen. Man beschrieb sie als eine kluge, starke Frau und dennoch sanft wie die Sonne im Frühling.
Auch Carnil selbst hatte er nie erblickt, doch wie es im Moment aussah würde sich das bald einrichten lassen...

"Mein Herr, mein Herr!" Die panische Stimme klang von den Bäumen her und die vielen Elben um ihn fuhren überracht um. Legolas fuhr mit einem Ruck aus seinen Gedanken.
Ein junger Elb mit dem Namen Adrahil kam auf ihn zugelaufen. Legolas' Stirn legte sich besorgt in Falten. Adrahil war mit zwei anderen zum Spähen ausgeschickt worden. Was machte er alleine hier?
"Wir wurden angegriffen!"
Legolas' Herz machte einen Sprung. Er packte sein Schwert und sprang auf.
Das Elbenheer formatierte sich, Befehle erwartend.