Seit dem Unfall waren mittlerweile zwei Wochen vergangen. Es war der 14. Januar 2016 und ich saß heulend auf dem Sofa neben meinem ebenfalls heulenden Bruder Ben. Er dachte natürlich, er würde alleine vor dem Fernseher sitzen und eine Promi-Sendung nach der nächsten schauen, obwohl in allen nur dasselbe vorkam: Alan Rickman, ein wunderbarer britischer Schauspieler war gestorben. Seit ich elf Jahre alt war, liebte ich die Harry Potter Reihe und Ben ebenfalls. Als Figur mochte ich den strengen Lehrer Severus Snape nie wirklich, aber ich hatte mich schon früh in Alan Rickmans Schauspielkunst verliebt.
Aber noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde ich wie in einen Strudel gezogen. Ich wusste gar nicht, was ich machen sollte, aber schlagartig wurde mir klar, dass irgendwas mit meinem eigentlich Ich sein musste. Und tatsächlich. Ich fand mich im Krankenhausbett wieder, in dem ich die Augen aufschlug. Ich erschrak, als ich jemanden sah, den ich eigentlich nicht sehen sollte: Mein Vater stand neben dem Bett. "Dad", rief ich entsetzt. "Was machst du denn hier?" Er war tot. Das konnte nur ein Traum sein, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Sowas hatte ich schon öfter geträumt. "Ich bin hier um dich abzuholen", sagte er ruhig und Strecke seine Hand raus. Und auf einmal passierte etwas seltsames. Ich konnte aufstehen, konnte alle Geräte hinter mir lassen und meinem Vater durch das Krankenhaus folgen. Es war, als würde alle Last von mir abfallen. Als würde ich nie wieder traurig sein. Die Bilder an den Wänden, die normalerweise alte Chefärzte der Klinik zeigten, beinhalteten jetzt meine Lebensgeschichte. Von meiner Geburt, über meine Kindheit bis hin zum Schulabschluss. Am Ende hingen dann Bilder von Harry und mir und irgendwann war Sofia auch mit drauf und als allerletztes kam das Bild aus Oslo. Es war das letzte was ich sah, bevor Dad und ich aus dem Krankenhaus rauskamen und unter dem hellblauen Himmel immer höher stiegen. Ich fühlte mich so frei wie noch nie. Ich war wie schwerelos.Harrys Sicht
Ich hatten einen verpassten Anruf von Krankenhaus auf dem Handy als ich mit Sofia auf dem Arm wieder ins Wohnzimmer ihrer Eltern kam, wo wir gerade zum Abendessen eingeladen waren. Nachdem es Sarah vor ein paar Tagen besser ging, konnte das ja nur gutes bedeuten. Vielleicht war sie endlich aufgewacht. "Wir fahren zu Sarah", teilte ich allen anderen noch mit, bevor ich Sofia in ihren Kindersitz setzte und losfuhr.
Während der Fahrt bekam ich ein Kribbeln im Bauch. Ich war so froh, dass alles jetzt wieder gut werden würde. Ich wäre mit knapp 22 Jahren zum Witwer und alleinerziehenden Vater eines Kleinkindes geworden. Sofia hätte sich nie an ihre Mutter erinnern können und Sarah wäre mit nur 21 Jahren gestorben."Mr Styles, gut dass Sie kommen", begrüßte mich eine Krankenschwester im Eingangsbereich. Ich sollte ihr folgen, aber sie ging in eine ganz andere Richtung als wie gewohnt zur Intensivstation. Sie hielt vor einem Zimmer an, aus dem in diesem Moment ein Arzt rauskam. Er gab mir die Hand, sah mich mitleidig an und sprach mir sein Beileid aus. Noch etwas irritiert aber jetzt mit einem mulmigen Gefühl betrat ich das Zimmer und auf einmal wurde mir klar, dass jetzt doch nicht alles gut werden würde. Dass ich mit knapp 22 Jahren zum Witwer und alleinerziehender Vater eines Kleinkindes geworden war. Dass Sofia sich nie an ihre Mutter erinnern können würde und dass Sarah mit nur 21 Jahren gestorben war. Ich konnte Sofia nicht halten, bevor ich auf den Stuhl an der Wand fiel und in Tränen ausbrach. Ich fühlte gar nichts außer den Schmerz und die Trauer. Durch die Stränen meiner Haare, die mir ins Gesicht gefallen waren, sah ich, wie Sofia an der Hand ihrer Mutter zog und sie aufwecken wollte. Sie hatte keine Ahnung, dass sie ihre Mutter nie wieder aufwecken würde. Sie wusste nicht, dass ihre Mutter nie wieder ein Schlaflied für sie singen würde. Dann drehte sich meine kleine Tochter zu mir um und hielt sich den Zeigefinger auf die Lippen. "Mummy heia", versuchte sie mir in ihrer eigenen Sprache zu erklären. "Mummy schläft noch lange", antwortete ich und erneut liefen mir die Tränen über mein Gesicht.
Ich hatte nicht viel Zeit, um zu trauern. Ich musste irgendwie ihrer Familie Bescheid sagen. Ich konnte kaum die Telefonnummer eingeben, so sehr zitterten meine Hände. Also gab ich auf und schickte Louise, Sarahs Mutter, über Siri eine SMS, sodass ich nur reden und nicht schreiben musste: "Könntet ihr bitte ins Krankenhaus kommen? Ich warte mit Sofia im Eingangsbereich auf euch."
Kurz darauf waren sie da. Die gesamte Familie war gekommen: Louise, Grace mit ihrem Mann Jake und Jenny, Ben, Amelie und Sarahs Großmutter Ellie kam ebenfalls mit. Auch meine Mutter und meine Schwester waren dabei. Gemma hatte einen dicken Blumenstrauß in der Hand. Gut gelaunt betraten sie das Krankenhaus, sie gingen wahrscheinlich von dem selben aus wie ich vor einer halben Stunde auch noch, aber ich sah die Freude aus ihren Gesichtern entweichen, als sie mein gerötetes Gesicht sahen und sie wurden noch ernster als ich wieder mit den Tränen kämpfen musste. Die einzige, die noch ziemlich fröhlich war, war Sofia, die sofort ihre Oma erkannte und strahlend auf sie zulief. Ich hingegen brauchte in diesem Moment meine Mutter mehr als je zuvor, also lief ich auf sie zu und fiel ihr um den Hals. In diesem Moment realisierte jeder, was sich zugetragen hatte. Gemma ließ den Blumenstrauß fallen, Louise setzte Sofia ab und fiel mitten in der Eingangshalle auf die Knie, sodass ein zufällig vorbeigelaufener Arzt sofort auf sie zustürmte und fragte, ob alles okay sei. Nein, natürlich war nicht alles okay. Sie hatte ihren Mann und ihre Tochter durch Unfälle verloren. Kein Wunder, dass sie sich nicht mehr halten konnte. Auch Ellie hatte wahrscheinlich nicht erwartet, dass ihre Enkelkind vor ihr starb.
"Wollt ihr sie sehen", fragte ich, als ich mich endlich von Mum gelöst hatte. Alle stimmten zu und folgten mir aus der Eingangshalle in Richtung Sarahs Zimmer. Als wir vor der Tür standen legte Sofia wieder den Finger auf ihren Mund und zischte einmal kurz. Sie wollte damit allen zeigen, dass sie leise sein sollten, denn sie ging schließlich noch immer davon aus, dass ihre Mummy nur am schlafen war.
Ich traute mich kaum die Tür zu öffnen, aber als ich in Louises Augen sah, in denen sich der Schmerz und die Sehnsucht ihre Tochter das letzte Mal zu sehen widerspiegelten, konnte ich ihr diesen Wunsch nicht abschlagen und drückte die Klinke doch herunter. Alle hier anwesenden, vor allem natürlich Sarahs Mutter und Geschwister hatten diese junge Frau so unglaublich geliebt und jetzt war sie einfach weg. Aus dem Leben gerissen von jemandem, der bei glatter Straße nicht an andere Menschen gedacht hatte. Es hatte seine Gerechte Strafe noch am Unfallort bekommen, aber Sarah wurde unschuldig bestraft. Sie hatte nie etwas getan, immer nur das Gute in allen Menschen gesehen und wollte helfen wo sie nur konnte. Sie wollte Ärztin werden, Menschenleben retten, aber sie musste das Studium abbrechen, weil ihr erstens der Medienrummel zu groß war und sie zweitens schwanger wurde.Ich konnte es nicht mit ansehen, wie alle trauerten, obwohl ich es selbst tat. Ich brauchte auf einmal einfach Zeit für mich, also verließ ich den Raum wieder, was mir in dieser Situation aber niemand übel nahm. Ich ging aus einem Seitenausgang raus in den Innenhof des Krankenhauses, wo ich mich auf eine Bank setzte. Hier draußen war es zwar ziemlich kalt, aber as tat mir in diesem Moment eher gut. Es half mir mich zu beruhigen. Ich hatte keine Ahnung was ich machen sollte. Ich war 21 Jahre alt, Witwer, Vater und nebenbei auch noch Mitglied der berühmtesten Band der Welt, auch, wenn wir jetzt erstmal Pause hatten. Ich wusste, dass ich nur wenig Zeit hatte um diese schreckliche Nachricht selbst zu veröffentlichen, bevor es jemand anderes tat. Ich wollte nicht, dass irgendwelche Reporter Sachen über Sarahs Tod schreiben, die nicht stimmten, deshalb entschloss ich mich die ganze Welt zu informieren, ohne mich vorher mit dem Management abzusprechen.
Es fällt mir sehr schwer diese Zeilen zu schreiben, aber irgendwann hättet ihr es sowieso erfahren. Meine wunderbare Frau Sarah starb heute Nachmittag an den Folgen des Unfalls vor zwei Wochen. Ich kann den Verlust und Schmerz nicht in Worte fassen und glaubt mir, ich habe nie einen Menschen so geliebt wie diese Frau. Selbst meinen Feinden wünsche ich so etwas nicht. Stellt euch vor die Liebe eures Lebens halb tot in einem Krankenbett liegen zu sehen, von mehreren Maschinen, Kabeln und Schläuchen am leben gehalten. Das ist fast schlimmer als meine jetzige Situation. Für Sarah selbst war es wahrscheinlich besser. Nun hat sie keine Schmerzen mehr und muss nicht mehr leiden. Generell wäre sie niemals wieder geworden wie früher. Die Ärzte konnten nicht so genau einschätzen was sie für Behinderungen gehabt hätte, falls sie wieder erwacht wäre, aber sie hätte erneut Laufen lernen müssen, vielleicht könnte sie bestimmte Körperteile gar nicht mehr bewegen und so weiter... Für ihre Familie und Umfeld ist das jetzt eine unglaublich schwere Zeit, deshalb bitte ich euch alle inständig uns, vor allem ihre Mutter und Geschwister, in Ruhe trauern zu lassen. Auch bei der Beerdigung wären wir gerne unter uns. Ich Danke euch für die Unterstützung, die ich in den letzten zwei Wochen hatte. Ich wünsche mir einfach nur für Sarah, dass sie jetzt an einem friedlichen Platz ist, wo sie ihren Vater wiedersehen kann. Ich kann nur sagen, dass der wundervollste Mensch dieser Erde nicht mehr unter uns ist. Sarah wollte etwas ändern. Sie wollte Menschen helfen. Sie hatte Medizin studiert, hatte angefangen eine eigene Charity zu gründen. Sie war ein wundervoller Mensch. Aber wenn man über eine Wiese geht, sammelt man auch nur die besten Blumen...
Das war's mit der Shortstory. Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat. Schreibt mir doch vielleicht eure Meinung in die Kommentare. Vielen Dank fürs Lesen. ☺️❤
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Mein Leben als Geist - Harry Styles FF
Fanfiction"Mach dir nicht so viele Sorgen, Mum. Wir sind in wenigen Minuten da. Hab dich lieb." Auch meine Mutter verabschiedete sich von mir, aber noch bevor sie auflegte, stieß ich einen spitzen Schrei aus, was sie dazu veranlasste weiterhin am Telefon zu b...