Ich war einmal unterwegs auf der Suche nach einem großen Ziel, welches sich "Glück" nannte. Ich wusste weder wie dieser Ort aussehen sollte noch, wolang ich gehen musste, um ihn zu finden. Dennoch verspürte ich ein unbeschreibliches verlangen, diesen Ort zu finden. Viele Menschen hatten mir davon erzählt und ich selbst hatte ihn mir in meinen Träumen oft unsagbar schön ausgemalt. Ich musste diesen Ort finden.
Der Weg, den ich beschritt war nicht immer einfach, er führte mich entlang steiler Felshänge und durch tiefe Schluchten, die mir Angst einflößten. An einigen Stellen fing ich an zu zweifeln. Ich stand vor einem Felsspalt, zu groß, um ihn mit einem Schritt überwinden zu können, keine Brücke in Sicht. Aber drüben ging es weiter. Ich würde springen müssen, auf die Gefahr hin, das andere Ende nicht zu erreichen, zu stürzen, in den sicheren Tod. Ist es dieses Ziel wert? , fragte ich mich. Was, wenn es "Glück" gar nicht gibt?
Ich sprang schließlich, lief weiter, unermüdlich und doch erschöpft. Ich merkte gar nicht wie ich die Umgebung immer mehr ausblendete und beinahe blind, ohne zu stoppen durch die Gegend stolperte. Doch irgendwann konnte ich nicht mehr. Die Reise durch unwegsames Gelände, gehetzt durch die Sehnsucht nach "Glück" und die Angst, es niemals zu erreichen hatten mir schwerer zugesetzt als ich dachte. Es war Nachmittag, als meine Füße unter mir nachgaben und ich hart auf den Felsboden unter mir fiel. Das war's. Es ist vorbei. Mit letzter Kraft krabbelte ich einige Meter weiter in den Schatten einer großen Fichte. Erschöpft ließ ich meinen Kopf auf meine Arme fallen. Ich war so müde, so unendlich müde...
Als ich aufwachte war es morgen. Ich hörte Vogelgezwitscher und das Gras in dem ich lag war feucht vom Tau. Der Himmel war strahlend blau. Ein wunderschöner Tag. Aber ich hatte keine Zeit. Ich musste weiter. "Glück" suchen. Oder?
In einem Anflug von Zweifel drehte ich mich um und schaute ins Tal. Der Weg, den ich bis hierher gegangen war lag unter mir, mit all seinem Schwierigkeiten. Aber, was war das? Von hier oben sah der Weg gar nicht mehr so schlimm aus. Im Grunde, so schoss es mir durch den Kopf, war dieser Weg sehr schön. Er führte an hohen Wasserfällen vorbei und der Weg war von unzähligen Blumen gesäumt. Plötzlich erinnerte ich mich auch wieder an die vielen Tiere die ich gesehen hatte. Wie konnte ich das nur alles vergessen?
Dann realisierte ich es: Ich war so konzentriert auf die Suche nach "Glück" gewesen, dass ich nichts anderes mehr wahrgenommen hatte. Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Dabei war dieser Weg so schön, wenn man nur etwas genauer hinsah! Und dann fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Das hier, das alles, war "Glück"! Der ganze Weg war "Glück" gewesen und wenn ich weiterging - ich war einen Blick auf den nach oben führenden Weg, der mir plötzlich gar nicht mehr so kräftezehrend vorkam - ja, wenn ich weiterging würde auch dieser Weg "Glück" sein. "Glück" war kein vollkommenes entgültiges Ziel, wie ich mir das vorgestellt hatte - vielmehr war der ganze Weg "Glück". Dieses "Glück" setzte sich aus vielen verschiedenen Komponenten zusammen, dem Blumen, dem Wasser, der strahlenden Sonne, dem Tau... aber auch die Schluchten, Gräben und Felswände gehörten dazu. Diese Schwierigkeiten waren Teil vom "Glück"!
Es war auf einmal alles so einfach! Ich stand auf uns sah mich um: ja, das alles hier war Glück. Ich war angekommen und gleichzeitig führte mich mein Weg immer weiter, doch das Glück war auch dort; überall wartete es darauf, von mir entdeckt und genossen zu werden. Lächelnd und zuversichtlich setzte ich meinen Weg fort. Ich wandere noch heute.
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Soulprints
RandomPoetische, lyrische, gedankenvolle kurze Spuren der kreativen Seele