Nachdem ich also noch eine Runde geschlafen hatte, ging ich baden. Ein Genuss, den ich mir nicht allzu häufig gönnte. Aber diese Entspannung brauchte ich jetzt.
Meine Haare bekamen eine Kur verpasst und mein Gesicht ein Peeling und eine Maske.
Der Geruch von Vanille und Lavendel umfing mich, während ich im warmen Wasser lag.
Kurze Zeit später vernahm ich dich Wohnungstür und wusste, dass es mit der Entspannung gleich vorbei sein würde. In weiser Vorahnung hatte ich das Badezimmer abgeschlossen, denn kaum einen Augenblick später polterte jemand gegen die Tür.
„Och nö, Romy!", hörte ich Oli meckern.
„Geh weg, ich lieg in der Badewanne."
„Oh, ich leg mich dazu.", murmelte er gegen die Tür und bevor ich ihm eine saftige Antwort entgegen pfeffern konnte, hörte ich meinen Bruder rufen:
„Oliver! Das hab ich gehört!"
Oli gluckste und es klang, als entfernte er sich. Ich seufzte, spülte die Kur aus, wusch mir Haare und Körper und stieg aus der Wanne.
Nachdem ich mich angezogen, mein Haare geföhnt und Wimperntusche aufgetragen hatte, ging ich zu meinen Mitbewohnern in die Küche.
Oli warf mir ein verschmitztes Grinsen zu und ich streckte ihm die Zunge heraus.
„Was gibts denn zu Essen?", fragte ich, als ich auf einen Stuhl am Küchentisch fallen ließ.
„Spaghetti Carbonara.", antwortete mein Bruder und stellte drei Teller auf den Tisch.
„Super.", antwortete ich glücklich und strahlt ihn an. Das war jetzt genau das richtige. So konnte ich Liam nachher gestärkt gegenüber treten. Ich schauderte. So hatte ich mir das Zusammetreffen mit meinem ehemaligen VIP-Scharm bestimmt nicht vorgestellt.Drei Stunden später stand ich in der Umkleide und zog meine weiße Arbeitskleidung an, die aus einer weißen, engen Jeans und einem langärmligen engen Oberteil bestand. Solange die Kleidung weiß war, war es uns erlaubt anzuziehen, was wir wollten. Natürlich waren bauchfreie, zu weit ausgeschnittene und zu kurze Sachen nicht erlaubt.
Ich betrachtete mich im Spiegel. Meine langen, dunkelblonden Haare – naja, eigentlich waren sie fast braun – band ich zu einem hohen Zopf zusammen, damit sie mir bei der Arbeit nicht störend ins Gesicht fielen. Ich schlüpfte in meine weißen Sneaker und kramte in meiner Tasche nach einem Labello, als Mike die Umkleide betrat.
„Oh, hey Romy, da bist du ja schon. Sehr gut. Ich hoffe deine Schicht wird ein wenig ruhiger als meine.", seufzte er und ließ sich auf eine Bank fallen.
„Wieso, was war denn los?", fragte ich neugierig, trug den Labello auf meine Lippen auf und ließ ihn dann zurück in meine Tasche fallen.
Mike zog sich sein weißes T-Shirt über den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
„Payno hat ganz schön Probleme gemacht. Marcus hat er eine verpasst, als der ihm seine Kleidung ins Zimmer gebracht hat. Und sein Abendessen fand er scheinbar nicht so berauschend. Das hat er nämlich der Essensausgabe gleich wieder hinterher geschmissen."
Meine Augen weiteten sich. Der war ja wirklich noch schlimmer drauf, als ich gedacht hatte.
„Er hat Marcus eine reingehauen?", fragte ich geschockt. Marcus war recht groß und ziemlich muskulös. Niemand würde sich einfach so mit ihm anlegen. Doch Mike nickte.
„Jepp. Der wird morgen ein richtig hübsches Veilchen mit sich herum tragen."
Ich versuchte, die in mir aufkeimende Anerkennung für Liam herunter zu schlucken. Das war hier nun wirklich fehl am Platz.
Ich sah Mike dabei zu, wie er sich umzog. So etwas wir Scham gab es zwischen uns nicht. Schon an meinem zweiten Tag hier, war mir klar gewesen, dass Mike vom anderen Ufer war. Niemand sonst schien davon zu wissen und so hatten wir eine stillschweigende Vereinbarung getroffen, dass es unser kleines Geheimnis bleiben würde. Obwohl er mein Ausbilder gewesen war, gingen wir sehr vertraut und freundschaftlich miteinander um, was die meisten vermuten ließ, dass wir etwas miteinander hatten. Wir konnten darüber natürlich nur lachen.
„Und wie haben sich die Azubis verhalten?"
Mike stieg in seine Jeans und zog sie an den richtigen Platz.
„Furchtbar! Ich musste zwei nach Hause schicken, weil die sich nicht mehr eingekriegt haben. Also falls sich in deiner Schicht jemand blöd anstellt, ich erteile dir hiermit die Erlaubnis hart durchzugreifen."
Ich schnaubte amüsiert. Ich war eine gute Arbeitskraft, die etwas von ihrem Handwerk verstand, aber ich war bestimmt keine Autoritätsperson. Ich war klein. Sehr klein. Ich hatte noch nicht einmal die 1,60m geschafft und krebste irgendwo bei 1,55m herum. Meine Figur war normal, wobei mir fünf Kilo weniger auch nicht geschadet hätten. Meine Stimme war zu sanft, um sich durchsetzen zu können und mein Gemüt auch definitiv zu friedliebend, um sich mit irgendjemandem anzulegen, wenn ich es nicht unbedingt sein musste.
Ich hätte sicherlich schon eine höhere Position in meiner Abteilung innehaben können, doch ich war keine Leitfigur. Ich befolgte lieber Aufträge und sah einfach zu, dass es allen in meinem Umfeld gut ging.
Mike kam zu mir herüber und nahm mich in den Arm.
„Du schaffst das schon, Kleines. Du hast heute erstmal Dienst an der Rezeption. Ich hab dir Paynos Akte in dein Fach gelegt, dann kanst du dir mal genau angucken, mit was wir es in der nächsten Zeit zu tun haben. Ich beneide die beiden nicht, die ihm später als Privatpersonal zugeteilt werden. Aber ich bin mal gespannt wer das wird. Gegen den Kerl muss man sich scheinbar gut behaupten können."
Gut, damit schied ich dann ja schonmal aus.
Mike griff nach seiner Tasche und verabschiedete sich von mir.
Ich zog mein Haargummi noch einmal fest und verließ die Umkleide.
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If you've got any good left, I want to set it free.
FanficDie 22-jährige Romy arbeitet in einer Entzugsklinik in Cornwall, England. Schon oft hatte sie mit prominenten Patienten zu tun, doch ihr profesioneller Umgang wird auf die Probe gestellt, als Liam Payne, ehemaliger Weltstar und Mitglied von One Dire...