Kapitel I: Ein Tag wie jeder andere

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Disclaimer: Alle beschriebenen Szenerien, sowie die genannten realen Personen sind in ihren eingebundenen Handlungen in dieser Geschichte frei von mir erfunden. Die Zitate und Wortlaute sind aus den originalen Zusammenhang gegriffen worden, um ausschließlich dem fiktiven Handlungsverlauf dieser Geschichte zu dienen.

Hastig überquerte ich die vielbefahrene Hauptstraße. Ich zog mir die graue Wollmütze tiefer ins Gesicht, richtete meine Sonnenbrille, um sicherzugehen, dass sie auch richtig auf meinem Nasenrücken saß.

Meinen grünen Parker schlang ich dicht um meinen Körper. In meiner rechten Hand, ein schwarzer, unbedruckter Jutebeutel, in der Linken eine leere Kiste mit Wasserflaschen. Einkaufen war für mich eine der unliebsamsten Tätigkeiten geworden. Trotz meiner Bemühungen mich möglichst unauffällig in der Öffentlichkeit zu bewegen, wurde ich dennoch überall erkannt.

Ich spürte die Blicke der anderen Leute wenn ich an ihnen vorbeiging, tuschelnde Paare, kichernde Mädchen, Frauen, deren Bewegungsabläufe plötzlich einfroren und die mir mit halbgeöffneten Münder hinterher starrten. Mal ein Autogrammwunsch am Flaschenautomaten, mal ein lauter Kameraklick mit dem Smartphone, während ich gerade meine Bestellung an der Fleischtheke aufgab.

Natürlich zeigte ich mich meist freundlich und gefällig, auch wenn ich den Hype um meine Person nicht ganz verstand und mich dessen auszusetzen auch nicht als Teil meines Berufes ansah.

Von Beruf war ich Schauspieler und nicht Person des öffentlichen Lebens. Natürlich hatte ich eine gewisse Verantwortung, insbesondere dann, wenn eine neue Filmpremiere anstand, schließlich schaut sich ja keiner gerne den Film im Kino an, indem der Typ mitspielt, der einer 15 Jährigen Tochter letzte Woche beim Bäcker den Selfiewunsch verwehrt hatte.

Anlässlich der Kinopremiere von „Willkommen bei den Hartmanns", war ich mit einer Journalistin eines angesehenen Frauenmagazins zu einer Homestory verabredet. Natürlich nicht bei mir zu Hause. Geplant war ein Treffen in einem angesagten Coffee Store in einem aufstrebenden Viertel von München, anschließend ein Spaziergang im Englischen Garten. Ich kannte die Journalistin von früheren Presseterminen. Eine aufgedrehte Mittvierzigerin, die immer zu laut lachte, zu stark geschminkt war und immer zu spät kam, um mir mit schmierigen Komplimenten meine Zeit zu stehlen.

Nachdem ich also meine Einkäufe in meiner Wohnung verstaut hatte, schnappte ich mir Elmo und mein Fahrrad und radelte entspannt Richtung Treffpunkt. Ich ließ mir Zeit, da ich davon ausgehen konnte, dass besagte Dame mindestens mit einer halben Stunde Verspätung aufkreuzen würde.

Als ich mein Fahrrad an den dafür vorgesehenen Fahrradständer vor dem Café abschloss, spürte ich wie sich mir von hinten eine Person näherte. Elmo wedelte übermütig mit dem Schwanz, als sie sich mit etwas Abstand hinter mich stellte und geduldig abwartete, bis ich meine Fahrrad gesichert hatte.

Ich drehte mich um und sah eine junge Frau vor mir stehen. Sie war, meiner Einschätzung nach,nicht älter als 25, drehte nervös ihren Fingerring mit der anderen Hand und verlagerte verunsichert ihr Körpergewicht von dem einen Bein auf das Andere.

Ein Fan, dachte ich, setzte ein freundliches Lächeln auf und nickte ihr förmlich zu, als sie mich mit „Hallo" und zitternder Stimme grüßte. Ich wandte mich dem Eingang zu, bevor sie ihren Mut zusammen nehmen und einen Autogrammwunsch herauspressen konnte.

„Herr Fitz?"

Mist, zu spät, dachte ich, drehte mich schwungvoll um und setzte wieder mein Lächeln auf. Ich legte mir gedanklich schon mal eine höfliche Entschuldigung zurecht, warum ich ihrem Wunsch leider nicht nachkommen konnte.

Plötzlich streckte sie mir ihre Hand entgegen und sagte:" Wir sind verabredet. Mein Name ist Marleen von Borgmann-Hoffe von dem AmPuls...Magazin." Überrascht schüttelte ich ihre Hand, musterte sie von oben bis unten, was sie bemerkte und sie noch mehr verunsicherte.

Sie sah gar nicht aus wie eine Journalistin, eher wie eine Studentin. Eine unscheinbare Studentin, ungeschminkt, recht klein, weibliche Rundungen, nicht wirklich fett aber auch wirklich nicht schlank. Sie war unaufgeregt gekleidet in einem mausgrauen Strickkleid, schwarzer Wollstrumpfhose, Wildlederstiefel, die trotz des schlichten Erscheinungsbildes ziemlich wertig aussahen, einen knielangen Wollmantel und einen dicken Schal, den sie sich mehrmals um den Hals gewickelt hatte.  Zugegeben war sie wirklich recht hübsch.

Während ich sie ansah, hielt ich noch immer ihre Hand fest. Ich bemerkte es erst als sich ihre unruhig in meiner bewegte und ließ sie los.

„Meine Kollegin Frau Klüver ist heute leider verhindert. Ich hoffe Sie haben nichts dagegen, wenn ich heute das Interview mit Ihnen führe..."

„Nein, ganz und gar nicht!" versicherte ich ihr und meinte es auch so. Ich zog die schwere Panzerglastür des Cafés auf und ließ sie unter meinem Arm durchhuschen. Elmo folgte uns. Wir setzten uns an eine angeordnete Sitzgruppe im hinteren Teil des Cafés, welche etwas weniger belebt wirkte. Ich zog meinen Parker aus und legte ihn lässig über die Rückenlehne des Sessels. Sie legte ebenfalls ihren Mantel und ihren dicken Schal ab und zeigte damit ihre schulterlangen gewellten, blonden Haare.

Nachdem wir uns setzten, breitete ich eine kleine Decke neben meinen Füßen aus, auf der es Elmo sich gemütlich machte.

„Wie war noch gleich dein Name?", fragte ich sie.

„Marleen." antwortete sie während sie damit beschäftigt war einen Block, ein Aufnahmegerät und einen Stift aus ihrer Umhängetasche, die sie auf den Boden gestellt hatte, hervorzukramen.

„Marleen, tut mir leid, ich kann mir keine Namen merken." entschuldigte ich mich.

Sie sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an.

„Nein, wirklich. Das ist keine blöde Ausrede. Ich kann sie mir wirklich nicht merken. Selbst nicht die Namen von Freunden." versicherte ich ihr.

Daraufhin lachte sie und entblößte eine Reihe strahlend weißer Zähne. Auch ihre kühlen blauen Augen funkelten plötzlich. Das Eis war gebrochen.

Ich bestellte einen Espresso und ein Wasser, sie einen Cappuccino mit viel Milch.

Homestory zu Besuch bei Florian David FitzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt