DAS ENDE VOM ANFANG

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E P I L O G


„Geht es dir gut, Schatz?", fragte sie und strich ihm durch seine feinen braunen Haare.

Dabei blickte sie besorgt auf ihn hinunter, denn er sah für sein junges Alter sehr niedergeschlagen aus. Der vierjährige Junge hob seinen Kopf von dem Schoß seiner Mutter und blickte sie mit seinen großen Augen an.

„Was ist mit Papa los? Er ist so traurig und ich glaube er hat heute Morgen auch geweint. Aber als er mich gesehen hat, war er plötzlich glücklich und hat gesagt, dass eine Fliege in seinem Auge war. Ich glaube ihm aber nicht", berichtete er Hayley, seiner Mutter.

Diese wiederum strich ihm nur fürsorglich eine Strähne aus der Stirn und kniff seine süßen, noch etwas speckigen Wangen. Ihr Sohn war wirklich aufmerksam und sehr schlau für sein Alter.

„Denke dir nichts dabei. Wenn eine Fliege im Auge ist, muss sie ja auch wieder herauskommen."

Hayley lächelte ihren Sohn mit voller Liebe zu und nahm ihren kleinen Jungen in ihre Arme. Dennoch konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass etwas mit ihrem Partner nicht stimmte.

„Welchen Tag haben wir denn heute?", den letzteren Teil murmelte sie sich selbst zu.

Ihr Sohn drückte sich fester an ihren Körper und blickte sie fragend an. Er sah seinem Vater wie aus dem Gesicht schnitten ähnlich.

Hayley beugte sich leicht nach vorne, um einen Blick auf den Kalender werfen zu können.

30. Dezember

Geschockt starrte sie dieses Datum an und augenblicklich wurde ihr Herz schwer. Armer Nathan, dachte sie sich und blickte mitleidig hoch, wo sich sein Arbeitszimmer befand. Was er wohl innerlich gerade durchmachen musste? Leider konnte ihm an diesem Tag niemand helfen, er musste da selber durch.

„Gehen wir bitte zum Spielplatz?", fragte Paul hibbelig und blickte sie aus seinen dunklen Augen an, nichtsahnend wie es seinem Vater wirklich ging.

Um Nathan seine Ruhe zu lassen, willigte Hayley ein und schon sah sie dabei zu wie Paul glücklich in der Kälte umherlief. Doch in Gedanken war sie bei ihrem Freund, Nathan.


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Derweil saß Nathan im Büro seines Hauses. Er hörte wie die Haustüre unten zuging. Erleichtert seufzte er auf und schien glücklich, dass seine Freundin so viel Verständnis zeigte und wusste, wie man mit einer so heiklen Situation umging. Endlich konnte er diese krampfhafte Fassade lockern, die er für seinen Sohn Paul die letzten Tage aufrechterhalten musste.

Vor gut fünf Jahren klingelte Hayley tränenüberströmt und mit Blutergüssen am ganzen Körper bei Nathan an seiner Tür. Zuerst wollte er die Türe wieder zuschlagen und weiter in sein Selbstmitleid verfallen, aber glücklicherweise hat sie ihn gestoppt.

Hayley legte dann ihre Hände beschützend auf ihren Bauch und sah ihn voller Unsicherheit an. Er verstand sofort und mit leeren Augen hat er sie angesehen. Sie konnte sich bis heute an diese leere Hülle von ihm erinnern: das Leid und die Trauer die ihm umgab. Nathan wusste nicht wie er weiter vorgehen sollte und hat schließlich zögerlich „Meins?" gefragt. Er bekam ein Nicken ihrerseits und somit stand die Tür für sie offen.

Hayley entschuldigte sich für alles und wollte wissen, wieso es ihm so schrecklich ging. Sie bat nicht um Verzeihung – sie wollte nur, dass deren Kind ein glückliches Leben genießen konnte.

Nathan |  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt