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Nathans Tag begann kalt. Genauer gesagt, in dem kalten Wasser einer Pferdetränke. Er wusste nicht, wie um Himmels Willen er darein gekommen war, bis er sich umdrehte und Ezrah hinter sich stehen sah. "Du hast einen viel zu tiefen Schlaf, Junge! Ich hätte dich heute Nacht auch ermorden können und du hättest es nicht gemerkt! Das muss ich dir wohl auch noch beibringen. Komm, wir reiten weiter!" Verwundert starrte Nathan zu ihm hoch. Er wusste noch immer nicht genau, warum er nun in der Pferdetränke lag.

"Also? Was ist an der Bande von diesem Max so besonders? Und wer ist das überhaupt?", fragte Nathan, während die beiden weiter ritten. "Nun ja, ihr Anführer ist Max, aber das weißt du ja. Eigentlich heißt er Maxime, seine Eltern waren französische Einwanderer, aber als raus kam, dass die Familie mit Ureinwohnern gehandelt hat-" "Du meinst die Indianer?", fragte Nathan. Ezrah sah zu ihm herüber. Sein gefährlicher Blick lag lange auf Nathan. "Es sind keine Indianer, es sind Ureinwohner. Diesen Menschen gehörte diesen Menschen, bevor wir es ihnen gestohlen haben. Ich bin Kopfgeldjäger, Junge, ich jage Diebe. Eigentlich müsste ich uns alle jagen." Nathan dachte darüber nach. Eigentlich hatte Ezrah ja recht, es wurden Kriege gegen die Leute geführt, die dieses Land beschützt hatten und es zu dem gemacht hatte, wo er jetzt stand. "Ich glaube, dass du recht hast, Ezrah", gab er zu. Ezrah erzählte die Geschichte erneut:"Jedenfalls hat dieses Dorf es herausgefunden und um sich zu rächen haben sich die Bürger versammelt und in der Nacht das Haus der Familie angezündet. Maxines Familie konnte sich etwas besseres als eine kleine Hütte leisten, sie hatten viel Geld gehabt. Alles ist entweder verbrannt oder gestohlen worden. Und seine Eltern sind umgekommen. Danach wird die Geschichte unklar, viele sagen, er habe das Dorf abgebrannt, doch manche sagen, dass auch Leichen mit aufgeschlitzten Kehlen gefunden wurden. Jedenfalls war das ganze Dorf tot. Und Max scheint der Geruch von Blut zu gefallen, er zieht seit dem Vorfall vor ein paar Wochen plündernd und meistens auch mordend durch die Staaten. Und seit mindestens der Hälfte der Zeit bin ich ihm schon auf den Fersen. Allerdings bin ich von einer Privatperson angeheuert und nicht vom Staat." "Was ist mit seinen drei Freunden?", fragte Nathan. "Willis, Bill und Jim...nicht wirklich seine Freunde. Willis ist klein, fett, sadistisch und dumm. Max hat seine halbe Heimatstadt gefoltert und dann fiel sein Blick damals auf diesen kleinen Jungen, der fasziniert war, von dem, was er sah. Also hat er ihn mitgenommen." "So jung wirkte Willis gar nicht auf mich", erwiderte Nathan. "Nun ja, eigentlich ist er auch 16, aber auf Max wirkte er ziemlich jung. Aber im Prinzip macht er sich einfach nur gerne über ihn lustig. Bill hingegen nimmt er eher aus Sentimentalität mit. Er ist ein weit entfernter Cousin sagen die meisten, manchmal hört man allerdings auch, dass es sein Halbbruder sein soll, aber das ist ziemlich unmöglich. Und dann wäre dann noch Jim...das ist eine ganz andere Geschichte." "Stimmt es, dass Jim eine Frau ist?", fragte Nathan. Ezrah sah ihn lange an, sein bedrohlicher Blick ruhte auf ihm. "Vielleicht war es doch kein Fehler, dich mitzunehmen, Junge." Nathan lächelte. "Bin ich jetzt was besonderes, Ezrah?", fragte er. "Nein, du bist nur nicht so dumm wie alle anderen." Enttäuscht blickte Nathan in die Ferne. "Also? Wer ist das Mädchen?", fragte er. Ezrah seufzte. "Jane. Ihr echter Name ist Jane. Sie war Sklavin auf den Plantagen, zusammen mit ihrer Mutter. Ihr Vater war es erst auch, bis er es überraschend zu was gebracht hat. Hat anscheinend irgendjemanden das Leben gerettet. Oder jemanden umgebracht, mich interessiert das nicht. Jedenfalls hat die Mutter versucht, Geld aufzutreiben, um zum Vater zu fahren. Dafür hat sie den Plantagenbesitzer beklaut. Du kannst dir vorstellen, was passiert ist. Ich kannte Louise, sie war eine gute Frau." "Woher kanntest du sie?", fragte Nathan. Ezrah lächelte melancholisch. Es war schon wieder das Lächeln eines Tigers. "Nur ein komischer Zufall, vielleicht erzähle ich es dir irgendwann mal, Junge. Jedenfalls starb sie und Jane sehnte sich nach Rache. Und zufällig musste natürlich Max mit seinen zwei dummen Freunden durch die Gegend jagen. Ihr Verstand hat ihn beeindruckt, natürlich, schließlich war er von naiven Idioten umgeben. Gerächt hat sich Jane allerdings noch immer nicht." "Wissen sie es eigentlich?", erkundigte Nathan sich. Ezrah runzelte die Stirn. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass Max es weiß, der ist doch ziemlich gerissen. Aber Willis und Bill auf keinen Fall, sonst würde es Jane nicht mehr so gut gehen." Nathan schüttelte sich unwillkürlich. Wenn er an so etwas dachte wurde ihm ständig schlecht. "Du bist blass geworden, Junge", stellte Ezrah fest. "Ein ehrlicher Leprechaun mit einem guten Herzen. Wenn du es schaffst, Menschen umzubringen, dann wirst du sicherlich auch ein guter Kopfgeldjäger." Nathan lächelte. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass Ezrah so etwas sagte. "Danke Ezrah", antwortete er stolz. Ezrah erwiderte nichts. Erst nach einer Weile sagte er wieder etwas. "Unser Auftraggeber ist Janes Vater. Hat sich vor ein paar Monaten in den Kopf gesetzt, er könnte sie wiederfinden. Der Mistkerl ist krank und braucht plötzlich einen Erben, er ist zu erbittert um seinen Besitz wieder an einen Weißen zu verlieren. Er hat noch einen Sohn bekommen, mit einer neuen Frau, doch der ist ihm zu dumm. Und spontan ist ihm eingefallen, dass er ja eine gescheite Tochter hat." "Nur deshalb jagst du die?" "Natürlich, Junge, ich würde mir doch umsonst niemals den Stress machen. Eigentlich jage ich nur die halbstarken Banden, die betrunken die Saloons überfallen und..." Ezrah beendete seinen Satz nicht, sondern blickte auf den Boden. Nathan bildete sich ein, Trauer in seinen Augen zu sehen. "Wohin reisen wir eigentlich?", fragte er. "Wir sind auf der Suche nach jemandem." "Jemand, der uns hilft?" "Ja." "Ein Kopfgeldjäger?" "Ja." "Ist er gut?" "Sie ist sogar besser als ich." "Sie?" Nathan war äußerst überrascht. "Ja."

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