20 {Du hast und hattest Recht}

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Call on me - Starley, Ryan Riback

《Aus Jeans Leben》

Nein. Das hat sie nicht gemacht...

Ich schaute nach unten. Das Wasser ist wieder vollkommen ruhig. Keiner, der hier vorbei laufen würde, würde denken, dass Charlie hier gerade runtergesprungen ist. Offenbar hat die Magie - oder was das auch immer ist - sich diesmal ziemlich schnell aktiviert.

Ich zögere keine Sekunde und springe hinterher. Denn ich weiß genau, wo sie hin ist.

Paris, Frankreich

Vielleicht hätte ich mir eine Jacke mitnehmen sollen. In Paris ist es nämlich gerade Winter und es schneit sogar ein wenig. Eigentlich sieht es sogar ganz hübsch aus, wäre da nicht diese bissige Kälte. Ich stehe vor dem Krankenhaus, an das ich gedacht habe. Ich weiß nicht, ob es das richtige ist, aber es wäre schon ganz cool, wenn ich einen Glückstreffer gelandet hätte.

Ohne groß zu überlegen ziehe ich die Eingangstür auf und bin in wenigen Schritten an der Rezeption angekommen. "Guten Tag. Ich hätte eine Fragen an Sie. Befindet sich Phillipe Denaux auf der Intensivstation dieses Hospizes?" Die dunkelhaarige Frau hinter dem Tresen schaut mich missbilligend an. "Junger Mann. Erstens: Wenn Sie von der Presse sind haben Sie hier nichts verloren. Dies ist eine ärztliche Einrichtung, ohne Genehmigung kommt hier keiner mit Kamera oder sonstigem rein. Es ist eine Unverschämtheit, einfach hier rein zu kommen und nach einer Person, einem potenziellen Patienten zu fragen, den man gar nicht persönlich kennt! Besuche auf der Intensivstation sind nur bei familiären und besonders vertrauten Beziehungen möglich! Zweitens: Dies ist ein Krankenhaus, kein Hospiz! Das ist ein sehr großer Unterschied. Dürfte ich Sie also jetzt bitten, hier zu verschwinden? Ich fühle mich von Ihrer Präsenz äußerst gestört. Machen Sie die Fliege, oder ich rufe meinen Chef, der wird Sie so zur Schnecke machen, das glauben Sie nicht!" schrie sie. Ups... Hier her sollte ich wohl in Zukunft nicht kommen, wenn ich schwer krank bin.

"Entschuldigung, ich bin nicht von der Presse. Nur, eine Freundin..."

"RAUS HIER!!!" 

Was ist denn mit der los, ,gibt's die auch in freundlich?

Nein. Nur in noch teuflischer.

"Irgendwann landet die noch wegen Herzproblemen im eigenen Krankenhaus, wenn die weiter so rumschreit."

"Die Jugend von heute wird auch immer ungezogener. Erst hier filmen wollen und auch noch falsche Informationen haben und dann beleidigen. Hören Sie, ich rufe die Polizei, wenn Sie nicht in zwei Sekunden hier verschwinden!" 

In diesem Moment tritt ein Mann durch die Tür, die zum Treppenhaus führt. "Marianne? Weißt du, wo die Uhr von Monsieur Denaux ist? Gestern war sie noch in seinem Zimmer, doch offenbar ist sie heute morgen abhanden gekommen, als er noch schlief."

Marianne stand der Mund weit offen. "Sag mal, Henrico, bist du eigentlich komplett bescheuert? Der junge Mann hier ist von der Presse und weiß jetzt, in welchem Krankenhaus Monsieur Denaux Junior liegt. Bald wird die Regenbogenpresse hier vor der Tür stehen und alle wollen filmen und hier und da... Das wird schrecklich! Alles nur deine Schuld, Henrico!"

"Madame... Ich bin aber doch gar nicht von der Presse! Das habe ich nie behauptet!" sage ich ruhig. "Wirklich? Oder tust du nur so? Du siehst mir nicht sehr vertrauenswürdig aus." Ich verdrehe die Augen. Na danke aber auch.

"Ich bin wirklich nicht von der Presse. Es ist wirklich ein Notfall. Eine Freundin von mir ist gerade wahrscheinlich bei Phillipe. Sie ist psychisch instabil, wissen Sie... Es ist gar nicht gut, dass sie jetzt bei ihm ist." erkläre ich. "Ach, das nette Mädchen, dass heulend reingekommen ist? Ich dachte, sie sei seine Schwester oder so. Aber wo du das jetzt sagst... Die beiden hatten wirklich keine Ähnlichkeit. Aber dann darf sie gar nicht bei ihm sein! Wir kriegen sie ganz schnell da raus, mach dir da mal keine Sorgen, Junge." Sie greift zum Telefon und gibt eine Nummer an. 

"Äh, lassen Sie das mal. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Ich gehe lieber selber nach oben und hole Sie, okay?" Marianne nickt. "Wenn's sein muss... Aber wenn du in zehn Minuten noch nicht unten bist, rufe ich..."

"Die Polizei. Ich weiß. Bis gleich!" strahlend renne ich zur Treppe und nehme immer zwei Stufen auf einmal. Ich muss Charlie retten.

Ohne anzuklopfen reiße ich die Tür auf. Ups, das war keine gute Idee. Phillipe zuckt zusammen und das Gerät neben ihm fängt an, wie verrückt zu pipen. "Jean! Raus hier!" 

"Wieso will jeder, dass ich gehe? Ich will dir doch nur helfen, Charlie!"

"Damit hilfst du mir garantiert nicht weiter, also verschwinde! Mir geht es besser, wenn ich in meiner alten, vertrauten Welt bin. Mit Leuten, die ich wirklich kenne!" Sprachlos schüttele ich meinen Kopf. "Er hat dich betrogen, das ist dir klar, oder? Du musst aus deiner alten Welt heraus, darum geht es. Und wenn du wieder okay bist, kannst du zurück. Nicht vorher." 

"Von dir lass ich mir nichts sagen! Du bist ein kleines Kind, das denkt, es könnte was bewegen! Jean, ich liebe Phillipe, ich kann ihn nicht einfach hier zurücklassen!" 

"Und ich liebe sie. Was ist so schlimm für dich, sie hier zu lassen? Sie ist bei mir gut aufgehoben." meldet sich Phillipe zu Wort. Aber natürlich. "Du bist naiv, Charlotte. Du hast dich immer an Phillipe geklammert. Und wenn etwas oder jemand kommt, das oder den du noch nicht kennst, bist du total misstrauisch und lässt ihn nicht an dich ran. Versteh doch, dass ich dir nur helfen will. Ich verbiete dir, zu deinem Exfreund zurückzukehren, damit es dir besser geht! Und jetzt komm. Es ist besser, wenn du gehst."

Es war keine leichte Aufgabe, Charlie aus dem Krankenhaus zu zerren, nebenbei Marianne und Henrico 'Au Revoir' zu sagen und ihre sprachlosen Blicke zu ertragen. Ich wette, ich bin morgen in der Zeitung.

'Verrückter stürmt Krankenhaus und löst Chaos aus!!!' 

Das wird ein Spaß, das ganze erstmal Urlo Acorn und dann meinen Eltern und Lilli und Oliver erklären zu dürfen.

"Danke..." murmelte Charlie plötzlich. Ich habe sie im Eingangsbereich auf ein Sofa gelegt. "Bitte. Du warst wie in Trance, oder? Gestern noch sauer auf ihn, heute ne neue Beziehung mit ihm anfangen. Was für eine Logik."

Ja, die beiden sind wieder zusammen. Das ganze haben wir einer Menge Missgeschicke zu verdanken. Als ich Charlie aus dem Raum verfrachten wollte, hat sie sich gewehrt und so das Nachtschränkchen neben Phillipes Bett zu Fall gebracht. Daraufhin ist eine Krankenschwester alarmiert in den Raum gestürzt, aber da ich mit Charlie direkt an der Tür stand wurde mir diese volle Kanne in die Fresse geschlagen. Ich bin nach hinten getaumelt, Charlie, die hinter mir stand ist über das Nachtschränkchen gefallen, direkt auf Phillipes Bett. Der hat dann ihre Hand genommen und von da an ging nichts mehr bei ihr. Sie hat zu allem, was er gesagt hat, 'Ja' und 'Amen' gesagt. Ich überlege immer noch, warum sie so war. Eine Trance in der Trance? Ich habe keine Ahnung.

"Ich habe verstanden, dass du mir nur behilflich sein wolltest."

"Du kannst mich immer anrufen, wenn du Hilfe brauchst. Ernsthaft." Ich lächele sie an und umarme sie. "Ehrlich? Auch wenn du mal wieder Netflix schaust?" meint sie grinsend.

"Nein. Dann drücke ich dich eiskalt weg." Wenn ich einmal am Netflix schauen bin, bringt mich da auch niemand von ab.

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Dieses Kapitel ist an @Geschichtenplanet gewidmet,  da sie für jedes Kapitel votet und sie mich dadurch immer motiviert, ein neues Kapitel zu schreiben. Vielen Dank dafür! (Natürlich hängt nicht alles von Votes ab.)

LG OW2015

Im Tal der TränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt