28 | „Mich kann man nicht lieben"

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pov Tim

Am nächsten Morgen wurde ich natürlich vor Stegi wach, der sich immer noch an mich kuschelte. Ich schob ihn sanft von mir runter, schließlich wollte ich den Kleinen nicht wecken. Es war circa 5:45 Uhr, was bedeutete, dass er ruhig noch 15-25 Minuten schlafen konnte. Ich wusste ehrlich gesagt nicht so wirklich was ich tun sollte. Ich wollte Stegi schon gern eine Freude machen, aber ich kannte mich hier kaum aus und konnte ihm auch kein leckeres Frühstück zaubern. Ich ging erstmal ins Bad, machte mich dort etwas fertig und kam danach wieder zu Stegi, der wie ein Engel schlief. Ein Engel mit Delfinlache, der schläft und dabei so richtig cute aussieht. Vielleicht eher mein Engel mit Delfinlache, der niedlich ist. Ja, Stegi ist immer niedlich, bei allem, was er tut. Ich legte mich wieder zu Stegi und kraulte ihn. Noch im Schlaf kuschelte er sich wieder an mich und letztendlich auch auf mich. Um ungefähr halb sieben weckte ich ihn. Er hatte sich noch mehr an mich gekuschelt, schaute zu mir, direkt in meine Augen, kam mir etwas näher, bevor er leicht grinste und mich küsste. Ich erwiderte den Kuss nur zu gerne. Leider löste sich Stegi nach vielleicht 20 Sekunden und ging ins Bad. Er kam wieder, setzte sich auf meinen Schoss kuschelte sich an mich, hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen und blieb wortlos auf mir sitzen. Das war eine wirklich schöne Stille. Doch natürlich müssen genau diese Momente viel zu schnell vorbei gehen. Er stand wieder auf und zog sich an, was ich ihm gleichtat. Um kurz nach sieben verließen wir gemeinsam das Haus. „Und jetzt? Sagen wir es Tobi und Veni?", fragte er leise. „Ich denke schon, ja", antwortete ich. Der Rest des Weges verlief ziemlich schweigsam. Wir kamen bei der Schule an, liefen kurz über den Schulhof ins Hauptgebäude und dann die Treppen runter. Veni saß schon -mit Tobi im Arm- unter der Treppe. Wir begrüßten uns kurz, wobei Stegi sich mehrmals kurz verspannte. Ja, er wollte es ihnen sagen, aber ja, er hatte auch Angst, und das merkte man ihm deutlich an. Und als hätte Tobi Gedanken lesen können, erwähnte er, dass Stegi nicht unbedingt froh aussah. Tobi wartete auf eine Antwort, doch Stegi sah hilfesuchend zu mir. „Entschuldigt uns bitte kurz", bat ich. Sie nickten beide und ich verschwand mit Stegi. „Ich hab Angst, Tim", sagte Stegi sobald er sich sicher war, dass die beiden anderen uns nicht mehr hören konnten. „Was ist, wenn sie das nicht mögen, wenn sie was dagegen haben, wenn sie uns jetzt hassen?" „Stegi, sie werden uns nicht hassen, weshalb sollten sie denn? Und selbst wenn sie was dagegen haben, kann das uns doch egal sein. Außerdem will Tobi doch, dass du glücklich bist", versuchte ich ihn zu beruhigen. „Und was wäre, wenn du mich doch nicht liebst, das aus Mitleid machst, mich eigentlich hasst und das alles nichts wird. Wir wissen ja selbst nicht was das zwischen uns jetzt genau ist" „Zum hoffentlich letzten Mal: Ich hasse dich nicht. Und ich mache das ganze hier nicht aus Mitleid. Ich liebe dich, egal ob freundschaftlich oder nicht; ich bin immer für dich da, okay?", zum Ende hin gab ihm noch einen kurzen Kuss auf die Stirn, mir wäre es eigentlich egal gewesen, ob uns jemand sah, aber bei Stegi war ich mir nicht so sicher (zum Glück war hier tatsächlich niemand anderes). Stegi schaute mich dankend an und lehnte sich gegen mich. „Ich will es ihnen noch nicht sagen, ich will nicht mehr zurück zu ihnen gehen, ich will nachhause, mit dir im Bett liegen oder auf der Wiese, nur nicht in der Schule hocken...", kam irgendwann leise von ihm. „Würde dir deine Mutter denn eine Entschuldigung schreiben?" „Eher nicht", antwortete er leicht traurig. „Dann bleiben wir jetzt einfach hier, ich schreib' Tobi, dass wir noch mal kurz weg mussten, bleiben heute in der Schule, morgen früh kannst du deiner Mutter sagen, dass es dir nicht gut geht, ich geh nach der zweiten Stunde und komm zu dir, wie wärs?", schlug ich vor. Stegi nickte nur und ließ sich auf dem Boden nieder. Ich setzte mich neben ihm, holte schnell mein Handy raus und schrieb Tobi, steckte es wieder weg und widmete meine Aufmerksamkeit Stegi, der mit leeren Augen auf den Boden starrte. Fünf Minuten vergingen, in denen er nur den  Boden anschaute, bis ich ihn so auf meinen Schoss zog, dass er mich ansehen musste. „Tim", er klang schwach, „ich will nicht mehr, bitte..." Er 'schlang' seine Arme um meinen Hals, legte seinen Kopf auf meine Schulter und nuschelte stotternd ein 'Küss mich', bevor ich seine Tränen spürte. „Und wie, wenn ich so nicht an dich ran komme?" Er hob seinen Kopf, ließ seine Hände an meinem Nacken und sah mir in die Augen. So viel Schmerz und Angst. Doch auch ein Funken Hoffnung und Liebe. Ich nahm ihn bei der Hüfte, zog ihn noch etwas mehr zu mir und legte meine Lippen auf seine Stirn während ich leicht seinen Rücken streichelte.

[PAUSIERT] Maybe. | Stexpert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt