Kapitel 2

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Unerwarteter Weise werden wir heute mittags aufgefordert zusammen anzutreten. Das ist immer ein schlechtes Zeichen. Und wenn ich sage “Immer” dann meine ich auch immer. Ich stelle mich zusammen mit den anderen auf dem großen staubigen Hof und warte auf Anweisungen. Einer der Wärter, dessen Gesicht ich nicht erkennen kann, steht vorne und hält ein Megaphon in seiner Hand. “Kurze Ansage. Wir haben heute morgen einige Beschwerden von unseren Wächtern bekommen. Irgendjemand hat gestern Nacht den Essensraum der Wächter verwüstet. Wer uns hilft herauszufinden wer es war, bekommt Strafmilderung. Wer dafür verantwortlich ist, soll sich sofort selbst stellen, sonst erhöhen wir die Strafe und man bekommt ein kostenloses, persönliches undausgiebiges “Gespräch” mit einem der Wärter. Ansage beendet.” Erinnerungen an gestern blitzen auf. Chad hatte sich merkwürdig verhalten. Außerdem hat er irgendwas zu Boris gesagt. Viel habe ich nicht verstanden, nur einige Schlagwörter wie "Wächter" und "Treffpunkt ist halb 2".
Als Boris später gemerkt hat, dass ich etwas mitbekommen habe, hat er sich auf mich gestürzt und wollte mir die Seele aus dem Leib prügeln. Aber da hat er nicht damit gerechnet, dass ich stärker bin als er. Haben die beiden etwas damit zu tun gehabt ? Ich sehe mich um. Keiner der Mitsträflinge bewegt sich auch nur einen Millimeter. Niemand sagt etwas, nur ein leises aufgeregtes Gemurmel ist zu Hören. Aber das war zu erwarten. Wenn du jetzt etwas sagen würdest, dann wärst du als Verräter unten durch. Dein Leben würde hier zur Hölle werden, geschweige denn du würdest überhaupt überleben. Ich würde nur zu gern die beiden ankreiden, aber so dringend ist es dann doch nicht, als dass ich mein Leben riskieren würde. Außerdem glaube ich nicht, dass sie Strafmilderung ausüben können bzw. werden. Plötzlich spüre ich einen Stoß von hinten und kann mich gerade noch so auffangen, indem ich mit meinem rechten Fuß einen Schritt nach vorn mache. “Du da! Der in der dritten Reihe mit den dunkelbraunen Haaren und der Nummer 0471! Hast du uns was zu sagen ?!” Sofort sind alle Blicke auf mich gerichtet. Einige schenken mir den Todesblick, während andere mich nur bemitleided ansehen. “N-nein, habe ich nicht, Sir!” Nun bemerke ich auch aus dem Augenwinkel den scharfen Blick von Marek. Shit. “Du versuchst dich wohl über uns lustig zu machen, hm ?!” Schreit mich der Typ mit dem Megafon an. “Nein, Sir! Ich bin nur über meine eigenen Füße gestolpert, Sir!” Er blitzt mich wütend an, wendet schließlich endlich seinen Blick von mir ab und läuft weiter auf und ab. Dennoch liegen immernoch alle Augen auf mir. “Niemand weiter ?! Schön! Wir werden es schon noch raus bekommen! Wir sind trotzdem weiterhin für Hinweise offen! Abtreten!” Langsam kehrt alles wieder zurück zur Normalität, einige gehen wieder zurück in ihre Zellen während andere sich auf den Hof begeben. “Hannes! Komm doch mal kurz, ja ?”, verlangt Chad mit einem künstlichen Lächeln. Ich will ablehnen, aber 2 große Typen die aussehen wie 2 große Wandschränke lassen mir keine Wahl. In einer ungestörten Ecke werde ich schließlich von ihm zur Rede gestellt, während die 2 Wandschränke Schmiere stehen. Auch Borris gesellt sich nun dazu. Chad packt mich am Kragen und stößt mich gegen die Wand. “Was sollte das gerade eben ?! Wolltest wohl auspacken und hast dann den Schwanz eingezogen, was ?!” Ich schweige und starre ihm einfach in seine Augen. “Willst du mich provozieren, du kleine Ratte ?! Ich schwöre dir, wenn du auspackst, werde ich dein Leben zur Hölle machen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie nützlich es ist, Verbindungen zu haben. Ich könnte dafür sorgen, dass du nie wieder einen Fuß außerhalb dieses Geländes setzen kannst.” “Was für Verbindungen sollte so ein Haufen Scheiße wie du schon haben ?”, grinse ich diabolisch und fange mir gleich eine ein. Plötzlich holt Borris ein Taschenmesser hervor und hält es gegen meine Kehle. “Siehst du das hier ? Das haben wir alles nur Chad’s Netzwerk zu verdanken. Sowas kann ziemlich nützlich sein, weisst du ? Also mach keinen Scheiß.” Ich fange an wie ein Irrer zu lachen und kann beobachten wie die beiden rasend vor Wut werden, was ehrlich gesagt äußerst amüsierend ist. “Mal sehen ob du gleich immernoch lachen kannst…”

Immer stärker drückt er das Messer gegen meine Kehle. Ich kann spüren wie sich das Messer ganz langsam den Weg durch die erste Schicht meiner Haut bohrt. Ich bekomme allmählich das Gefühl, dass er mir wirklich die Kehle aufschlitzen will.

Stattdessen jedoch, schlägt er mir voller Wucht ins Gesicht und nimmt das Messer von meinen Hals weg. Das lasse ich nicht so einfach auf mir sitzen. Wenn sie denken die ganze Zeit auf mir rumreiten zu können, ohne mit Konsequenzen zu rechnen, dann haben sie sich aber gewaltig geschnitten. Ich trete Chad mit aller Kraft auf den Fuß, sodass er mich loslassen muss. Ich hole kurzerhand zum Schlag aus und zwinge ihn mit einem Aufwärtshacken gegen sein Kinn zu Boden. Boris starrt mich kurz ungläubig an, bevor er auch schon mit dem Messer in der Hand auf mich losgeht. Plötzlich taucht hinter ihm eine Gestalt auf die ich nur allzu gut kenne. "Was wird das hier?" fragt Marek wütend. "N..Nichts." Stottert Boris. Inzwischen ist Chad wieder aufgestanden. Anscheinend hat er Marek nicht bemerkt und versucht erneut auf mich los zu gehen. Marek hält ihn am Kragen fest und zerrt ihn von mir weg. "Tut mir Leid, aber das ist meine Aufgabe." sagt er woraufhin sich die Beiden nur verwirrt anschauen.

Ich weiß nur zu gut was er meint. Nachdem die Anderen zurück in ihr Zellen geschickt wurden,kommt Marek auf mich zu. Ich weiche immer weiter zurück, bis ich an der Wand stehe. Irgendwie kommt mir diese Situation bekannt vor...

"Was sollte das hier?", fragt er mich wütend. "Die Beiden sind auf mich losgegangen." "Aha. Und was ist mit dem Essensraum ? Wieso bist du vorgetreten und hast dann nichts gesagt ? Hattest du Angst ?" Er kommt mir immer näher. "Nein. Ich wurde nur geschubst." Er mustert mich ungläubig. “Du verheimlichst mir doch was!” “Nein.” Plötzlich geht er wie ein wilder Tiger auf mich los und presst seinen Schlagstock gegen meinen Hals. Mein Hals schmerzt unglaublich und ich habe das Gefühl zu ersticken. Ich versuche mit meinen Händen das eiskalte Metall wegzudrücken, doch alle Versuche verlaufen ins Nichts. Er lehnt sich vor und flüstert mir etwas ins Ohr. “Ich werde herausfinden, was du versuchst vor mir zu verbergen, selbst wenn ich es aus dir rausprügeln muss. Wir können aber auch gleich meine neue Methode ausprobieren.” Mein Herz schlägt wie wild gegen meine Brust. Ich weiss nicht, ob es daran liegt, dass ich keine Luft mehr bekomme oder daran, dass Panik langsam meinen Körper erfüllt. Ich will nicht erfahren was seine neue Methode ist. “Ersteres wäre… mir lieber…”, bringe ich unter erstickten Lauten hervor. Er fängt an zu grinsen und nimmt endlich wieder den Schlagstock von meinem Hals. Ich stütze mich erschöpft auf meinen Knien ab und lehne gegen die Wand. Ich ringe nach Luft. Ein stumpfer unheimlich starker Schmerz fährt durch meinen Kopf. Um mich herum wird es schwarz.

😝


Be A Prisoner For Me (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt