6 - Zuhause?

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Kapitel 6: Zuhause?

Liyu sah sich in ihrem Zimmer um. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solch ein riesiges Zimmer gesehen. Das Bett war sehr groß und federweich, als sie sich hineinfallen lies. Wenige, aber große Fenster beleuchteten den Raum. Das Mondlicht, das schon Mitternacht andeutete, schimmerte durch das große Fenster. Vor dem Fenster hingen lange, dünne Gardinen. Ein großer, runder Tisch zierte die Mitte des Raumes. Mit samtartigem Stoff überzogene Sessel standen nahe an Tisch. Mit jedem Blick den Liyu dem Raum würdigte fielen ihr mehr Details auf. Dunkle, schmale Kommoden standen an den Seiten der Tür. Liyu sah Yuiko an und blickte zunächst kurz zu Boden. »Und ich nehme diesen Raum wirklich keinen weg? Ich will nicht, dass wegen mir jemand woanders leben muss.« Yuiko lachte. »Dieses Haus ist riesig. Hier hat jeder genügend Platz. Außerdem bist du hier herzlich willkommen. Dafür werde ich sorgen. Ruhe dich zunächst für heute aus. Im Zimmer findest du noch eine weitere Tür zum Bad. Benutze es ruhig, dafür ist es ja gemacht.« Liyu drehte sich um, denn sie wollte sich bedanken. Verwundert schaute sie sich um. Dort, wo die Dame soeben noch stand, war keiner mehr. Die Gänge waren leer. Man hörte auch keine Schritte. Nein, alles war still.

Mit schnellen Schritten lief sie herum und begann damit, die Tür zu suchen. Ein Bad war genau das, was sie nun wollte. Die Wanne füllte sich zunehmend mit angenehm warmen Wasser. Erschöpft lies sie ihren entblößten Körper ins warme Wasser sinken. Ein Gefühl von Entspannung fuhr durch ihren Körper. Sie lehnte sich zurück und schloss ihre Augen, solange, bis sie in den Schlaf fiel.

Ihre Lider öffneten sich am nächsten Morgen nur schwer. Es fühlte sich nicht an, als würde sie in einer Wasser gefüllten Badewanne liegen, sondern eher weich, wie das Bett. Sie sah einen blonden, jungen Mann. Er saß auf ihrem Bett und wartete. Liyu zuckte kurz zusammen. »Oh, Sie sind erwacht!«, sagte er. Der Blonde blickte Liyu zunächst verwirrt an, nach dem sie offen ihren Schrecken gezeigt hatte. Ihre Finger krallten sich tiefer in die Decke. Sie besaß zunächst keinerlei Erinnerung an den gestrigen Abend, nachdem sie wohl tief in den Schlaf gesunken war. »Verzeiht, ich wollte Euch keines Falles erschrecken. Ich wurde lediglich zugeteilt, Euch zu wecken. Das warme Wasser hat Sie anscheinend schläfrig gemacht. Zumindest lagen Sie noch bis zur Weckzeit in der Wanne. Ich entschuldige mich auch sehr für die Unannehmlichkeiten. Mir scheint, als wäre ihnen kalt. Ist meiner Annahme so?« Liyu schüttelte den Kopf. Ihr war keines Weges kalt, nein sie war eher überrascht, vielleicht sogar verstört. »Haben Sie mich auch aus der Wanne gehoben?« »Tatsächlich habe ich dies getan. Verzeiht mir ein weiteres Mal, die Dame. Ich habe mich Ihnen nicht vorgestellt. Mein Name ist Dai. Ich bin sehr erfreut Sie kennen lernen zu dürfen, Miss...?« »Liyu. Mein Name ist einfach nur Liyu. « »Eine große Freude, Miss Liyu. Es ist schön sie bei uns begrüßen zu dürfen.« Der große junge Herr stand auf und goss Liyu einen wundervoll riechenden bernsteinfarbenen Tee ein.

Gerade als beide die Tasse sanft ansetzen wollten, hörten sie lautes gepolter auf der Treppe. Beide sprangen resigniert auf und rannten hinaus. Ohne zu fragen hob Dai Valerie an. »Ich weiß nicht was passiert ist. Ich wollte die Medikamente verteilen und bin plötzlich nach hinten weggerutscht. Ich spüre gerade meinen Knöchel nicht. Das kann nun einfach nicht passieren! Nein, das darf es nicht!« Voller Verzweiflung versuchte sie, sich nach vorn zu bewegen. Doch sie fiel auf den harten, kalten Boden. »Miss Lander, Miss Lander, ich bitte Sie. Nun überstürzen Sie mal nicht alles und mäßigen sie ihren Drang etwas zu tun. Dies hat schon so manche ins Grab gebracht, wissen Sie?« Sie zog sich mit ihrer Stärke nach oben, doch es half nicht. Immer wieder sank sie in ihre gebrechliche Position. Zu groß war die Kraft, die sie brauchte, um sich aufrecht zu halten. Jede Bewegung raubte ihr Nerv für Nerv. »Ich kann hier nicht liegen und aufs Unglück warten. Ich muss weiter arbeiten, mich konzentrieren und anstrengen. Ich will und werde nicht aufgeben!« Die Flüssigkeit der umgekippten Medizinbecher floss langsam die Treppe herunter. Kleinere Tabletten lagen überall verteilt. In Valerie brodelte der Drang weiter zu laufen, ja sogar zu rennen. Stunden verbrachten Liyu und Dai, um Valerie zu pflegen und zu helfen. »Nun denn, die Dame steigt uns keine Treppen mehr für heute.« Dai sah Valerie streng an. Ihr war bewusst, dass sie schlimmeres nur provozieren würde, wenn sie nun die Treppen laufen würde. »Liyu du musst mir helfen«, sagte sie. »Du musst Medikamente in ein bestimmtes Zimmer bringen.«

Als Liyu vor dem Zimmer stand, durchfuhr sie ein Gefühl, welches sie nie gespürt hatte. Sie fühlte sich umgeben von Misstrauen und Abneigung. Doch es war ihr versprechen Valerie gegenüber. Sie öffnete die große Tür und trat langsam in den Raum. Die Dunkelheit überwog sehr in diesen Zimmer. Lange Gardinen waren vor den Fenster gespannt. Gerade Wegs lief sie zum großen Tisch in der Mitte des Raumes. »Ich kenne dich nicht«, sprach eine leise Stimme. »Du bist neu. Neu und fremd. Du bist hier nicht willkommen.« »Ich bringe deine Medizin. Was ist mit dir? Ich sehe dich nirgends!« Liyu war verwundert. Auf dem Boden lagen mehrere Verbände. Umgekippte und heruntergefallene Glasflaschen neben und auf dem Schrank. »Geh!«, sprach die Stimme erzörnt. »Bist du sehr krank? Wir wollen dir nur helfen! Das Beste für dich!« Liyu versteckte ihre Angst, sogar etwas Trauer hinter einer fragenden Ausstrahlung. »Das Beste? Du meinst, mich weiter zu behandeln? Da ist die Eine wohl anderer Auffassung. Versteh, wer auch immer du bist, ich bin den ganzen Tag hier. Fast nie verlasse ich dieses Zimmer und es darf nur eine Person betreten. Bitte verlass mich nun!« Schweren Herzens stieß Liyu die Tür auf. Welches Leid wurde dieser Person angetan? Unbewusst lief sie den Weg bis zum Krankenzimmer. Ella war schon lang nicht mehr dort. Lautstark rief Liyu nach Valerie, denn sie wollte morgen erneut zu ihr gehen. Zu dieser Person, die es ihr so sehr angetan hatte. Morgen, wenn die Sonne durchs Fenster scheint. 

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