Und was kommt danach?

8 1 0
                                    


Es gab nur ein Wort, mit welchem er den Sex mit Jimin beschreiben konnte: Überwältigend. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie so guten Sex gehabt. Umso überraschter war er über die Tatsache, dass dieser ein One Night Stand war. Sein gesamter Körper kribbelte und ein angenehmes Gefühl erfasste ihn. Jungkook drehte seinen Kopf. Jimin hatte sich neben ihn gelegt und nur sein Brustkorb hob und senkte sich allmählich wieder gleichmäßig. Niemals hätte er gedacht, dass er mit so einem wunderschönen Mann schlafen würde.
Abrupt setzte sich Jimin auf, griff in einen seiner Nachttische und beugte sich mit Taschentüchern in der Hand über Jungkook.
Ohne ihn nur eines Blickes zu würdigen, begann er Jungkook zu säubern, dem das mehr als unangenehm war, sich aber nicht traute, auch nur irgendwas dagegen zu sagen, bevor er sich selbst seinen Bauch abwischte, die Taschentücher zusammenknüllte und sie auf den Nachttisch schmiss.
Die Stille, die sich danach über die Situation legte, war seltsam. Jungkook spielte mit dem Gedanken, einfach aufzustehen und zu gehen..letztendlich war das Geschehene für Jimin bestimmt nur eine einmalige Sache..leider. Er setzte sich auf und war dabei das Bett zu verlassen, als er einen Druck an seinem Handgelenk wahrnahm. Verblüfft sah er hinunter und erkannte Jimins Hand, die sich darum geschlossen hatte 'Wo willst du denn hin?'
'Ich..wollte gehen. Wir sind doch jetzt fertig oder nicht?'
Ein paar Sekunden lang sahen sie sich nur an. Keiner von beiden sagte etwas. Auf einmal ließ Jimin Jungkooks Hand los.
'Richtig..willst du, dass ich dich noch nach Hause fahre?'
Er überlegte. Wie spät es war, konnte er nicht sagen. Doch als er losgegangen war, war es schon 10 und seine Mutter würde sich tierische Sorgen machen, wenn er erst am nächsten Morgen nach Hause kommen würde. Bei dem Gedanken, allein nach Hause zu laufen, wo er ohnehin schon nicht den blassesten Schimmer hatte, wo er war, wurde ihm mulmig zumute. Es wäre töricht, dieses Angebot auszuschlagen.
'Das wäre wirklich freundlich, danke.', antwortete er.


Die Straßen schienen wie verlassen, als der Wagen beinahe geräuschlos durch die Stadt glitt. Kaum eine Menschenseele war um diese Zeit noch anzutreffen. Jungkook merkte, während sie zu ihm nach Hause fuhren, die Müdigkeit in sich aufsteigen. Es wunderte ihn nicht..schließlich hatte er einen langen Tag hinter sich.
Um 6 Uhr war er schon auf den Beinen gewesen. Wie jeden Tag, wenn er zur Schule musste.
Es war ein notwendiges Übel. Zwar hasste er die Schule nicht, was viele Jugendliche in seinem Alter taten. Jedoch war er auch kein Freund von dieser Einrichtung. Tagein tagaus hieß es immer nur lernen, lernen, lernen. Denn seine Mutter wollte, dass er einen guten Abschluss machte und später einmal ein gutes Einkommen hatte. Sein Vater war schon lange fort. Wirklich erinnern konnte er sich nicht mehr an ihn – er war ja auch erst sieben, als er ihn verließ – aber er konnte sich noch sehr gut an die Tränen seiner Mutter erinnern, die sie vergossen hatte, als er von heute auf morgen verschwand. Sein Vater war ihm im Laufe der Jahre immer unwichtiger geworden. Er meldete sich nie und seine Mutter sprach auch nicht über ihn.
Er war ein ziemlich mittelmäßiger Schüler. Ein paar Fächer interessierten ihn schon, für die meisten konnte er aber keine Begeisterung aufbringen. Wenigstens wurde sein Schulalltag erträglicher mit seinen Freunden – Jin, Hoseok und Taehyung, wovon letzterer sein bester Freund war. Jin war älter als der Rest und ging schon arbeiten, während Hoseok eine Jahrgangsstufe über ihm war und er und Taehyung dieselbe Klasse besuchten. Letzterer wusste auch als einziger von den dreien, dass Jungkook schwul war. Gestört hatte es ihn nicht. Jungkook selbst hatte Ewigkeiten gebraucht, bis er es checkte. Es ging damit los, dass er Frauen nie als attraktiv empfand.
Gedacht hatte er sich dabei nichts. Er war davon ausgegangen, dass sie alle für ihn einfach nicht die Richtige waren oder er zu anspruchsvoll war, sodass sie keinen Reiz auf ihn ausübten.
Taehyung hingegen kam schnell dahinter. Während er immer von Mädchen sprach, wirkte Jungkook einfach komplett unbeteiligt und das Gespräch beschränkte sich auf 'Mhh' und 'Ok's seinerseits.
Bei ihm hatte es aber spätestens dann Klick gemacht, als ihn Taehyung darauf ansprach. Es war an einem warmen Nachmittag im Sommer, die Sonne hatten ihren höchsten Punkt schon hinter sich gelassen und es wehte eine seichte Brise, als sie gerade auf dem Heimweg waren. Sie wohnten nicht weit voneinander entfernt und waren zu Fuß unterwegs. Sie redeten gerade über Gott und die Welt, als auf einmal der Themenwechsel kam.
'Sag mal Jungkook, kann es sein, dass du auf Männer stehst?'. Taehyung stellte die Frage so beiläufig, als wenn er ihn gefragt hätte, was er morgen essen würde. Komplett vor den Kopf gestoßen blieb Gefragter stehen.
'Warte was – wie kommst du denn auf sowas?!', war es Jungkook beinahe hysterisch über die Lippen gekommen. Was wohl auch sein Gegenüber bemerkte.
Taehyung kam ebenfalls ein paar Meter von ihm entfernt zum Stehen:
'Naja immer wenn ich über Frauen spreche interessiert es dich überhaupt nicht. Egal über welche. Du hast nie von einem Date mit einem Mädchen erzählt oder gesagt, dass du eines toll findest. Und letztens habe ich dich dabei beobachtet, wie du in der Schule einem Typen hinterher geguckt hast. Und nicht einfach so. Du hast ihm voll auf den Arsch geglotzt. Das sieht für mich nach einem klaren Fall von homo aus.'
Er konnte gerade nicht glauben, was sein bester Freund zu ihm gesagt hatte. Er und schwul? Bei dem Gedanken wurde ihm ganz eigenartig und er fühlte sich komisch.
'Also..ich..habe keine Ahnung.', brachte er hervor und schlug seine Augen nieder. Es war nicht einmal gelogen. Er war sich tatsächlich nicht darüber im Klaren.
'Selbst wenn..es wird nichts an unserer Freundschaft ändern. Auch wenn du auf Analspiele stehst.', hatte Taehyung darauf nur geantwortet und war fröhlich pfeifend weitergegangen.
Ab diesem Zeitpunkt begann er sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. Und letztendlich kam auch er zu dem Schluss, dass sein Freund Recht haben musste. Probleme hatte Jungkook damit nicht, aber seiner Mutter gegenüber würde er das niemals zugeben, da er nicht einmal eine Vermutung darüber anstellen konnte, wie sie auf ein Geständnis reagieren würde.


Nach der Schule, die wieder einmal das ganze Leben aus ihm gesaugt hatte, fuhr er gleich nach Hause um seiner Mutter bei den Hausarbeiten zu helfen und, wenn auch widerwillig, zu lernen. Seine Tage bestanden größtenteils aus diesem Ablauf. Der heutige war jedoch anders. Jungkook unternahm öfter einmal was mit seinen Freunden, doch ihre gemeinsamen Aktivitäten beschränkten sich auf das Spielen irgendwelcher Computerspiele oder Basketball. Deshalb hatte er ihnen vorgeschlagen, mal etwas anderes zu tun.
Er wollte endlich mal etwas Neues erleben.
Sein Leben war teilweise sehr eintönig und er wollte sich nicht für den Rest von diesem in denselben Kreisen bewegen. Unbedingt ein Partytier war er zwar nicht, aber er mochte es, neue Leute kennen zu lernen. So kam es schlussendlich zu seiner Idee, den Abend in einem Club zu verbringen. Unglücklicherweise waren seine Freunde nicht allzu sehr von dieser Idee begeistert gewesen.
Jungkook ließ sich davon jedoch nicht beirren – zu groß war der Drang nach etwas Neuem. Und so kam es, dass er sich kurzerhand dafür entschloss, allein in einen der angesagtesten Clubs der Stadt zu gehen.


'Sie haben Ihr Ziel erreicht.', Jungkook wurde unsanft aus seinen Gedankengängen gerissen. Er blickte hinaus in die Nacht. Tatsächlich, sie standen direkt vor seinem Haus. Die weiße Fassade hob sich stark vom Schwarz der Nacht ab.
'Ein schönes Haus hast du.', Jimin neben ihm forderte seine Aufmerksamkeit.
'Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast.', Jungkook zwang sich zu einem Lächeln. Jimin musterte ihn skeptisch. Anscheinend war ihm anzusehen, dass seine Gedanken seine Laune ziemlich beeinträchtigt hatten.
Bevor Jimin noch etwas sagen konnte, meinte Jungkook 'Ich werde dann jetzt gehen. Es war ein schöner Abend.'
Er war dabei, die Tür aufzumachen.
'Warte mal.'
Er hielt inne. Zaghaft wendete er sich dem Anderen zu.
'J-ja?'
'Kann ich deine Nummer haben?'
Jungkook stutze. Wozu wollte Jimin denn seine Nummer? Die Luft in dem Auto war stickig und seine Augen brannten von der Müdigkeit, während sein Gehirn zu keinem logischen Schluss kam.
'Wieso denn?'
Jimins Blick lastete schwer auf ihm. Als er nach einiger Zeit nichts erwiderte, überlegte Jungkook fieberhaft. Hatte er etwas falsches gesagt? Unruhig rutschte er auf dem Sitz hin und her und vermied den Blickkontakt.
'Weil ich dich wiedersehen will.'
Jungkooks Kopf schnellte in Jimins Richtung. Hatte er irgendetwas nicht ganz richtig verstanden? Er war sich unsicher. Aber er konnte auch einfach nichts darauf erwidern.
'Meinst du das ernst?', seine Augen zuckten ungesund zwischen dem Gesicht des Älteren und dem Boden des Fahrzeugs rauf und runter. Seine Finger krallten sich in den weichen Stoff seiner Hose.
Jimins Antwort fiel einsilbig aus, dafür war sie unmissverständlich:'Allerdings.'
Jungkooks Herz machte einen Hüpfer. Er blickte auf und sein Blick traf den Jimins. Schnell antwortete er 'Ähm..gerne.'
Der Braunhaarige nickte, zückte sein Handy und drückte es dem Jüngeren in die Hand. Geduldig wartete er, bis Jungkook seine Nummer eingetippt hatte und es ihm zurückgab.
Gelassen nahm er es entgegen und steckte es zurück in seine Hosentasche 'Ok, ich melde mich dann bei dir.'
Jungkook wollte noch etwas sagen, doch er kam nicht dazu, denn Jimin lehnte sich zu ihm herüber und legte sanft seine Lippen auf die seinen. Er hatte keine Zeit darauf einzugehen, denn sein Gegenüber löste sich innerhalb von Sekunden wieder von ihm 'Los jetzt, ich muss noch was erledigen.'
Zum Glück konnte er sich schnell wieder fassen, sonst hätte Jimin seine Verwirrung bemerkt. Er nickte hastig und öffnete die Tür des Wagens, ehe er ausstieg und auf sein Haus zuging. Sich umzudrehen traute er sich nicht. Ihm war es schon so peinlich genug, da musste er den Grund für sein Unwohlsein nicht noch einmal betrachten. Hätte er jedoch noch einmal einen Blick zurückgeworfen, hätte er gesehen, wie Jimins Augen förmlich an ihm klebten.

Love is love..no matter who you loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt