Kapitel 1

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Kalt. Nass. Staubpfote schauderte. Niemand hatte sie je darauf vorbereitet, dass das Schülerdasein soviel Schwimmunterricht beinhalten würde. Oder - um genauer zu sein: jeglichen Schwimmunterricht. Zögernd setzte sie eine Vorderpfote vor die andere, dann warf sie einen fragenden Blick zu Tropfenschweif, der bereits eine beträchtliche Menge an Fuchslängen vor ihr am anderen Ufer auf sie wartete. Die klaren, seichten Wellen umspielten ihre vor Anspannung ausgefahrenen Krallen, welche Staubpfote vorzugsweise zum Jagen und Kämpfen verwenden würde - sofern ihr Mentor dies zum Tagesprogramm erklärte - anstatt sie zitternd in nassen Schlamm zu bohren.

"Keine Angst, der Fluss ist hier sehr ruhig!", erklang Tropfenschweifs ermunterndes Rufen. 

Staubpfote verdrehte die Augen. Das unangenehme Gefühl der Kälte, das mit dem Wasser unter ihren Pelz kroch, erwies sich als schwieriger zu überwinden als die Angst vor den Tiefen des Flusses. Die Wasseroberfläche leckte nun am blassgelben Bauchfell der Schülerin.

"Wir haben die letzten drei Tage schon schwimmen geübt - können wir heute nicht etwas anderes machen?", bettelte Staubpfote.

"Und dieses wundervolle Wetter verschwenden?", entgegnete Tropfenschweif geduldig mit einem Kopfschütteln, "so schnell wie heute wirst du morgen vielleicht nicht wieder trocken."

"Das hast du gestern und vorgestern schon gesagt."

"Und ich habe gestern und vorgestern Recht gehabt."

"Das macht keinen Sinn!"

"Hey, ich habe 'vielleicht' gesagt.", erinnerte Tropfenschweif seine Schülerin grinsend. Staubpfote seufzte. Zähneknirschend watete sie ins tiefere Wasser, bis der Fluss sie von ihren Pfoten hob.

"Flammenpfote geht heute schon wieder jagen -", beklagte sie sich, ihre Worte hin und wieder unterbrochen von angestrengten Atemzügen "- und Rotpfote sagt er hat schon längst das ganze Territorium gesehen!" 

Konzentriert paddelte Staubpfote mit ihren Beinen, während sie den Kopf - mit weniger Mühe als beim letzten Mal, wie sie stolz feststellte - über Wasser hielt. 

"Sehr gut, Staubpfote!" Tropfenschweif ignorierte die Beschwerden seiner Schülerin fröhlich. "Die Hälfte hast du geschafft!", miaute er ihr zu.

Staubpfote war zu beschäftigt, um zu antworten. Geschickt navigierte sie durch den Fluss. Die Route, die Tropfenschweif ihr gezeigt hatte, führte sie in einem Bogen über eine flachere Stelle des Stroms, sodass ihre Pfoten in dessen Mitte die Algen am Boden streifte und die Schülerin - falls nötig - auf ihren Hinterläufen stehen konnte. Bisher hatte Staubpfote die schwache Strömung zu ihrem Vorteil genutzt, jetzt musste sie gegen sie ankämpfen. Die Arbeit ihrer Muskeln lies sie die Kälte vergessen, und warmes Triumpfgefühl wuchs in ihrer Brust, als ihr fixiertes Ziel mit jedem Schub näher rückte. Endlich fassten ihre Krallen erneut das weiche Flussbett und in weinigen Schritten katapultierte sich die Schülerin ins Trockene. 

"Deine Geschwister", begann Tropfenschweif, der sachteste Anflug gut gemeinter Strenge in seiner Stimme, "müssen jedes Mal bis zum Übergang laufen, wenn sie auf der andere Seite unseres Territoriums jagen wollen." 

Staubpfote schüttelte die gröbsten Tropfen aus ihrem Fell. Langsam entspannte sich ihre Atmung. Ihr Mentor hatte Recht behalten - Staubpfote spürte bereits die sengende Sonne dieser ungewöhnlich heißen Blattgrüne auf ihrem getigerten Pelz und war insgeheim Dankbau für die Erfrischung. 

"Und? War doch nicht so schlimm, oder?", neckte Tropfenschweif seine Schülerin und gab ihr einen lobenden Schubs. 

"Ich bin trotzdem froh, dass es vorbei ist", erwiderte diese keuchend. 

Warrior Cats - Die RückkehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt