Am nächsten Morgen wache ich eher wenig ausgeschlafen auf. Wenn ich nicht über mein gestriges Erlebnis geträumt hatte, dachte ich darüber nach wie ich am wenigsten verrückt klinge, wenn ich es Mira erzähle. Aber gerade meine tiefen Augenringe helfen mir bei diesem Problem, denn als ich mich in der Schule zu meinen Freundinnen stelle, betrachtet mich Mira mit einem merkwürdigen Blick. „Was hat dich denn getötet?", flüstert sie mir zu. Ich schüttle nur den Kopf: „Erzähl ich dir später. Kannst du vielleicht später zu mir kommen?" „Klar!", sagt sie nun eher besorgt: „Ist es was schlimmes?" Als Antwort schüttle ich nur den Kopf, weil unser Geflüster jetzt Aufmerksamkeit erregt hat.
Nach acht extrem langweiligen und ermüdenden Stunden laufen Mira und ich zu mir nach Hause. Mira hatte ihre Neugierde wohl den Tag über stark zurückhalten müssen, denn sobald sich niemand mehr hinter uns befindet, den wir kennen, fragt sie: „Und? Was ist denn nun mit dir passiert? Du siehst nämlich aus wie ein entstelltes Monster." Ich verdrehe meine Augen, aber mit mehr Freundlichkeit hatte ich auch nicht gerechnet: „ Du solltest mich erstmal ohne Concealer sehen. Der Grund weshalb ich heute so aussehe, lässt sich aber irgendwie ziemlich schlecht erklären." „Erzähl schon!" „Du hältst mich wahrscheinlich für verrückt, aber ich glaube, dass ich gestern eine Zeitreise oder so gemacht habe", auf diesen Gedanken bin ich gestern Abend noch gekommen, aber Mira zieht natürlich nur eine Augenbraue nach oben: „Aha. Und das glaubst du weil?", fragt sie skeptisch. Ich kann in diesem Moment mein Haus sehen und versichere Mira: „Ich werde dir gleich etwas versuchen zu zeigen."
Zu Hause angekommen, gehen wir in mein Zimmer. Ich mache die Schublade auf, in der das mysteriöse Buch liegt und hole es heraus. „Erinnerst du dich noch an das Erbstück meiner Mutter, welches ich erst an meinem 16. Geburtstag aufmachen darf?", frage ich meine beste Freundin. Sie überlegt kurz und nickt, also spreche ich weiter: „Dieses Buch genauso wie die Kette, die ich seit meinem Geburtstag immer trage, habe ich von ihr bekommen. In dem Buch ist nichts geschrieben, " „Nichts geschrieben?", unterbricht mich Mira, „Kann ich's sehen?" Ich übergebe ihr mein Buch und versuche ein drittes Mal zu erzählen was mir passiert ist: „Ich nutze es jetzt als eine Art Tagebuch und gestern ist etwas ziemlich merkwürdiges passiert, als ich in das Buch geschrieben habe. Schau dir mal den letzten Eintrag an. Eigentlich hatte ich schreiben wollen, dass ich gerne nochmal erleben würde, dass jemand nochmal über meinen Lieblingssänger spricht. Du weißt ja, dass er nicht so bekannt ist. Aber als ich den ersten Teil geschrieben habe, hat sich alles angefangen zu drehen und" „Du solltest zum Arzt, ehrlich." „Mira! Kannst du mich vielleicht mal ausreden lassen, anstatt deine Witze zu reißen? Also, mir war plötzlich schwindelig geworden, weshalb ich meine Augen zugemacht habe und als ich sie wieder öffnete, war ich eben nicht mehr hier in meinem Zimmer, sondern in der Schule. Es war genau die Selbe Situation wie gestern. Alles war genauso so, jeder hat das gleiche gesagt, aber noch verrückter war, dass eine exakte Kopie von mir ebenfalls da war. Ab diesen Zeitpunkt war ich mir sicher, in der Vergangenheit zu sein", beende ich meine Rede. Mira betrachtet mich eine Zeit lang eindringlich. Innerlich hat sie mich wahrscheinlich schon längst aufgegeben, doch plötzlich sagt sie: „Und du hast dir den Scheiß nicht ausgedacht?" „Glaubst du wirklich, dass ich mir sowas ausdenken könnte?", frage ich sie aufgebracht. „Ok. Fassen wir die Ereignisse nochmal zusammen: du hast deinen Tag beschrieben und warst auf einmal da?" Ich schüttle den Kopf zu Miras Zusammenfassung: „Ich habe ja auch schon vorher etwas geschrieben und es ist nichts passiert." Wieder ist es einen Moment still. Ich bin schon tief in meinen eigenen Überlegungen als sie vorschlägt: „Das Ganze ist ja passiert, obwohl du noch nicht zu Ende geschrieben hast, oder?", Mira blättert einige Seiten vor, „Vorher hattest du nie geschrieben, dass du das erlebte noch mal erleben möchtest. Durch die Vermutung einer Zeitreise, würde das sogar zusammenpassen. Schreib mal noch ein Erlebnis mit „nochmal erleben"." Ich überlege einen Moment und krame dann einen Stift hervor. Dann beginne ich zu schreiben:
Vor drei Wochen hat unsere Klasse in Chemie die Arbeiten wieder bekommen. Die Arbeit war recht schwer gewesen und dennoch gab es sogar zwei Einsen. Diese hatten Mira und ich geschrieben. Das möchte ich noch mal erleben.
Gespannt halten wir den Atem an. Aber nach einigen Sekunden warten passierte immer noch nichts. „Wir sind zu zweit, vielleicht musst du schreiben 'Wir nochmal erleben'?", überlegt Mira. Somit streiche ich den vorherigen Satz weg und schreibe stattdessen:
Das möchten wir nochmal erleben.
Sofort beginnt sich wieder alles zu drehen und ich spüre den Schwindel. Mira hat ihre Augen geschlossen, dass verstehe ich. Das zweite Mal sehe ich die merkwürdige Uhr, welche nun immer schneller rückwärts läuft, bis sie verblasst und ich im Chemiesaal unserer Schule stehe. Mitten auf dem Lehrerpult.
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Für dich springe ich ans Ende der Zeit
Teen FictionMan stellt sich seinen 16. Geburtstag eigentlich so vor: Eine tolle Feier, viele Freunde und einwenig Alkohol Doch was ist wenn du an deinem 16. Geburtstag ein Geheimnis deiner verstorbenen Mutter erfährst und sich dadurch dein gesamtes Leben verän...