4. Kapitel

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Als wir bei Momo um Zimmer ankamen, bekamen wir gerade mit, wie seine Eltern gerade wieder gingen. "Ach, Yukie. Es ist schön, wie du dich um Morisuke kümmerst", gab seine Mutter freundlich zu. Ich denke, sie hat die ganze Sache inzwischen einigermaßen akzeptiert. "Wir würden uns übrigens sehr freuen, wenn du uns auch mal wieder besuchen würdest!", meinte sein Vater darauf. "Ich überleg mal. Vielleicht komm ich morgen vorbei!" Ich bekam als Antwort ein Lächeln zurück und ein "Tschüss!" zugerufen. Ich verabschiedete mich ebenfalls und lief dann mit den anderen weiter zu Momos Zimmer. Drinnen angekommen, fanden wir auch Kuroo, der sich wieder in seine übliche Ecke verkrochen hatte, wenn er alleine hier war. "Hi Kuroo. Hab heute ein paar Leute mitgebracht", erklärte ich mit Freude, um die Stimmung wieder zu heben. "Du sagst das ja, als wolltest du hier eine Party schmeißen!" Ich lachte kurz und legte meine Tasche in eine Ecke. "Genau das hatte ich vor!" Nun lachte auch er und verschränkte die Arme vor der Brust. "Man hab ich einen Hunger. Ich glaub ich hole mir noch unten was zu essen", meinte plötzlich Hiroko hinter mir und lief, ohne ein weiteres Wort zu zu lassen, nach draußen. "Bring mir was mit!", rief ich ihr noch hinter her und begann dann, einen Stuhl an Momos Bett zu schieben und mich darauf zu setzen. "Man, kannst du nicht einfach aufwachen du Idiot?", fragte ich an Momo gerichtet, doch bekam keine Antwort, verständlich. "Er hat es einfach nicht verdient, dass ihm so etwas passiert." Ich seufzte und zog meine Beine an meine Brust. Inzwischen hatte sich auch Lev neben Kuroo an den Tisch gesetzt. "Yukie... Ich..glaube, da gibt es etwas, was ich dir mal sagen sollte..." Verwundert über Kuroos Nervosität drehte ich meinen Kopf zu ihm und schaute ihn erwartungsvoll an. "Ich weiß nicht ob dir das irgendjemand erzählt hat, aber... Ich war bei dem Unfall dabei." Erschrocken blieb mir der Atem weg und ich wusste nicht, was ich antworten soll. "Du warst... Dabei." Ich konnte es gar nicht glauben. Auch Lev neben ihm schien sichtlich entsetzt von dieser Erkenntnis. "Und na ja... Yaku, er... Hätte den Unfall eigentlich ohne einen kleinen Kratzer überleben können. Aber a ja... Er....hat einem kleinen Kind das Leben gerettet. Als der Bus kurz vorm Umkippen stand, sah er das kleine Kind, dass sich nirgends festhalten konnte und... Hat es in Schutz vor dem Sturz genommen. Er selber hat sich dann den Kopf aufgeschlagen und ist ohnmächtig geworden. Er müsste nicht in dieser Situation sein. Wenn er endlich mal mehr Egoismus in sich hätte, wäre das nicht passiert." Ich konnte gar nicht fassen, was ich da hörte. Momo hatte sich geopfert, um das Leben eines Kindes zu retten. So schmerzlich es klingt, so kenne ich Morisuke Yaku seit der Mittelschule. "Das klingt einfach viel zu sehr nach ihm." Mir stiegen die Tränen in die Augen, doch im selben Moment flog die Tür auf und Hiroko kam hinein. "Lieferung für... Ich sehe, das ist ein schlechter Zeitpunkt für Scherze. Yu-chan, hier ich hab dir einen Streuselkuchen mitgebracht." Sie hielt mir eine Bäckertüte hin, die ich auch gleich dankend annahm. Dann aß ich stumm meinen Kuchen. Mir schwirrte dieser eine Gedanke durch den Kopf.

Er hatte sich geopfert.

"Yu-chan, alles okay? Du siehst so in Gedanken versunken aus." Ich schüttelte den Kopf und lächelte sie an. "Nein, alles okay. Wirklich." Dann widmete ich mich wieder meinem Streuselkuchen. Er war in Sekundenschnelle weg, weshalb ich die leere Tüte in meine Jackentasche stopfte. "Leute, ich mach mich auch schon wieder auf den Weg, ich will ein bisschen früher bei Hikari auftauchen. Bis morgen." Die anderen verabschiedeten sich noch von mir, bevor ich das Zimmer verließ. Okay, eigentlich wollte ich nicht früher bei Hikari sein, ich konnte einfach nicht mehr bei Momo sein. Die Tatsache, dass er sich geopfert hatte, gab in mir so ein komisches Gefühl. Ich kann es nicht beschreiben, es war irgendwie so etwas wie Angst. Dennoch ging ich meinen Weg durch die vielen Gänge des Krankenhauses, bis ich am Ausgang angelangt war.

An der Haustür der Tachibanas angekommen musste ich nicht lange warten, um freundlich begrüßt zu werden. "Hi Yukie! Wie geht es dir denn? Komm rein!" Hikari wohnte noch bei ihren Eltern, weshalb ich erstmal an denen vorbei kommen musste. Sie umarmten mich, schüttelten mir die Hand, fragten nach meinem Ergehen und umarmten mich dann nochmal. Erst dann ließen sie mich mit Hikari in ihr Musikzimmer gehen. Dort stand auch schon das Klavier spielfertig da. "Also, wollen wir erstmal ein bisschen aufwärmen bevor wir anfangen?", fragte ich, während ich den Geigenkoffer auf dem Boden auf klappte und das Instrument vorsichtig heraus nahm. "Ach, brauchen wir nicht, ich kann auch so spielen." Ich nickte nur verstehend, legte die Violine an meinen Hals und begann, einfach mit dem Bogen drüber zu streichen. Doch schon nach einigen Malen entlockte ich einige kratzige Töne. "Man konzentrier dich!", sagte ich zu mir selber und atmete einmal tief durch. "Wollen wir anfangen?", fragte nun Hikari und setzte sich bereits an das Klavier und knackte mit den Fingern. "Gerne."

Der Anfang verlief fast fehlerfrei, bis es dann zu diesem einen Teil kam, den ich nie schaffte. "Wir über spielen ihn jetzt einfach und du übst ihn zu Hause nochmal okay?" Ich nickte nur und begann, den ganzen Teil zu über springen. Doch auch hier hatte ich Probleme. Bei einer Note drückte ich den Bogen zu sehr auf, weshalb ein kräftiges Geräusch heraus kam. "Du bist heute irgendwie unkonzentriert. Willst du eine Pause?" Energisch schüttelte ich den Kopf und spielte gleich weiter. Wieder ein Fehler. Ich hatte den Bogen auf der falschen Seite gehabt. "Also ehrlich, Yukie. Sonst bist du immer fehlerfrei! Was ist los?" Nervös biss ich auf meiner Unterlippe herum und schaute aus dem Fenster. "Na ja... Was ich mir vorstellen könnte ist... Mein Freund liegt im Koma und ich mache mir nun mal extreme Sorgen. Vielleicht... Wacht er nie wieder auf." Hikaris Finger zuckten erschrocken auf den Klaviertasten. "Dein Freund? Der kleine von der Nekoma oder wie? Oh Gott das tut mir leid!" Sie stand auf und lief zu mir rüber, um mich in den Arm zu nehmen. "Ich würde so gerne wieder sein Lachen hören, seine Augen stundenlang an starren und ihm bei seinen übertriebenen Reden zu hören. Ich vermisse das alles so sehr." Sie erhöhte den Druck auf ihren Armen, sodass ich förmlich zerquetscht wurde. "Wir hören auf. Das macht jetzt keinen Sinn mehr, wenn du dich sowieso nicht konzentrieren kannst." Ich nickte nur und legte die Violine zurück in den Koffer. "Ist wohl besser so." Sie lächelte mich mitleidig an und begleitete mich zur Haustür, nachdem ich meine Sachen zusammen gepackt hatte. "Also, bis morgen vielleicht", meinte ich als Verabschiedung und lief dann auf die Straße heraus. "Wir telefonieren noch!", rief sie mir noch hinter her.

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