Kopf hoch, Desmind

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"Desmind, komm schon. Lass mich rein, ich will dir doch nur helfen", seufzte eine leise, weibliche Stimme. Alina. Cousine der Familie Collins, meiner Familie, also eher Cousine von uns Kindern.

"Geh weg", fing ich daraufhin an zu jammern, "geh einfach weg, ich verletze nur alle." Mit dem Handrücken fuhr ich mir über die Augen, verschmierte damit jedoch nur den Dreck. Draußen donnerte es, weswegen ich zusammenzuckte und jammernd, schließlich die Knie anzog.

"Des! Du. Bist. Nicht. Schuld. Luciá wusste doch welches Risiko sie auf sich nahm, sie ist ja nicht blöd, zudem geht es ihr auch besser, jetzt mach bitte diese Tür auf." Ich schluchzte bei ihren Worten nur weiterhin, ehe ich mit verweinten Augen aufsah, als etwas gegen die Tür zu knallen schien, zwei mal. "Ich mach diese Tür auch so auf", murrte Alina verbissen. Sie schien erneut Anlauf zu nehmen. 

Stumm stand ich leise auf und öffnete die Tür, ehe ich mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern erneut in meine Ecke wollte. Ein Rumpeln und ein leises Murren ertönte, während ich mich setzte und wieder die Knie anzog. Noch immer schweigend stand ich an die Wand und wollte am Liebsten weinen, doch die Tränen kamen nicht. Sie kamen einfach nicht.

Alina legte ihre Arme um mich, woraufhin ich sie mit großen Augen ansah, sie jedoch lächelte und wuschelte mir durch das Haar. Sie schien mir nicht böse zu sein, wieso? Ihre Cousine und somit eine ihrer besten Freundinnen lag doch wegen mir im Krankenhaus, wieso war sie dann nicht wütend? "Du bist nicht schuld Kleiner, oder hast du sie verletzt? Nein, es war der Hengst und nun komm, bringen wir dich erstmal ins Bad und machen den Schlamm weg." Sie lächelte, stand auf und hielt mir ihre Hand hin. Ihre Fingernägel glitzerten in blau und grün. Ich mochte diese Farben, sie waren schön. Vorsichtig ergriff ich ihre Hand und stand auf, wobei ich mich an sie drückte. 

Alina zog mich mit zu meinem Schrank, wo ich saubere Sachen heraus nahm und sie an mich drückte, ehe ich ihr hinterher in unser Badezimmer lief. Sie half mir mich auf den Rand der Badewanne zu setzen, ehe ich mir das Shirt über den Kopf zog. "Du. Kann es sein, dass du in den Fluss gefallen bist?", fragte sie mich leicht lachend, woraufhin ich nickte und ein unsicheres Lächeln auf meinen Lippen spürte. "Siehst du, Lächeln ist so viel besser." Sie lächelte und fing dann mit dem Waschlappen an mir den gröbsten Schlamm von den Wangen zu wischen.

Nach ungefähr fünfzehn Minuten waren wir fertig und Alina legte meine alten, getragenen Klamotten in den Wäschekorb, ehe sie mir ihre Hand hinhielt, welche ich wieder ergriff und mit ihr hinunter lief. Von unten drang mir der herrliche Geruch von Gebackenem entgegen, weswegen meine Hand aus ihrer glitt und ich zu Oma in die Küche eilte. 

Mit funkelnden Augen hockte ich mich vor den Ofen und sah durch das Glas hinein, betrachtete den Kuchen. Ein leichter Duft von Zitrone und Orange lag im Raum. "Wusste ich doch, dass Kuchen dich auf jeden Fall wieder fröhlich stimmt." Meine Oma lachte und hob mich hoch, wobei ich sie knuddelte, ihr dann einen Kuss auf die Wange gab und schwieg. "Er dauert noch zehn Minuten, möchtest du etwas spielen?" Kurz überlegte ich und deutete dann auf die Karten auf den Tisch. "Na dann, spielen wir zu dritt", beschloss Alina lächelnd und hockte sich auf einen der Stühle, ehe ich ihr gegenüber auf einen kletterte.

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Es klingelte, der Sturm hatte vor einiger Zeit aufgehört. Als ich hörte, wie Oma die Tür öffnete, rutschte ich von meinem Stuhl und lief zu der Tür, ehe ich mich hinkniete und stumm zu hörte. Oma und Alina, die ebenfalls zur Tür gegangen war, wollten nicht, dass ich mit kam. Sie wollten es einfach nicht. Als ich Papas Stimme hörte, zog ich den Kopf zwischen die Schultern, kroch dann jedoch etwas vor und sah unsicher zu der Tür, er war alleine. Wo war Mama? Und musste Luciánna im Krankenhaus bleiben?

Bei den weiteren Worten von ihm zuckte ich zusammen und merkte Tränen in mir aufsteigen. Mama übernachtete bei Luciá, für die nächste Zeit, da es nicht sicher war, wann sie wieder aufwachen würde. Beziehungsweise ob sie noch einmal aufwachte. "Du lügst!", rief ich schluchzend und stand auf, ehe ich zu den drei Älteren sah, wobei Alina auf mich zu kam. "Du lügst! Das sagst du nur, weil du Luciánna nicht lieb hast, du hasst sie!" Ich fing an zu jammern und wich vor Alina zurück, während Oma verwirrt blinzelte. "Sie wird aufwachen und du willst nur, dass sie es nicht tut!" Schluchzend sah ich zu ihm und stolperte dabei, ehe ich unsanft am Boden aufkam und die Augen zusammen kniff. Immer heftiger liefen die Tränen über mein Gesicht, während ich trotzig zu ihm sah und Alina abwehrte.

"Desmind. Beruhige dich, was hast du denn, ich liebe dich und deine Schwester doch", sagte mein Vater und kam näher zu mir, jedoch wich ich mehr hinein in die Ecke, bis ich schließlich unter dem kleinen Tischchen hockte und zu ihm aufsah. Noch immer glänzten Tränen in meinen Augen, doch mischte sich auch etwas mit hinein. Hass. Purer Hass gegenüber meinem eigenen Vater. "Geh weg", jammerte ich und schlug seine Hand weg, ehe ich unter dem Tisch hervor kroch und eilig zu Alina rannte, welche verwirrt zu ihrem Onkel sah. Vorsichtig nahm sie mich dann hoch und begann die Treppen hinaus zu steigen. "Desmind!", rief Papa mir noch nach doch vergrub ich nur das Gesicht bei Alina und drückte mich zitternd an sie. "Ach Desmind, was hast du nur?", fragte sie leise und seufzte, ehe ich meine Zimmertür hinter uns zu zog.

Everything will be good againWhere stories live. Discover now