6. Kein Dom für alle Fälle

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Ich starre auf die Skyline von Seattle und vermisse den Frieden, den mir diese Aussicht normalerweise beschert. Ich bin unruhig, wütend und verwirrt, und kann diese Gefühle kaum im Zaum halten.

Ana wartet, und ich sollte zu ihr gehen, aber ich kann es nicht tun. Noch nicht. Wenn ich jetzt das Spielzimmer betrete, wird sie mit meinen dunkelsten Abgründen konfrontiert werden. Bevor ich mich mit ihr befasse, muss ich mich beruhigen. Aber es gelingt mir einfach nicht.

Noch nie war ich glücklicher gewesen, als zu dem Zeitpunkt, als Ana zugestimmt hat, meine Sub zu sein und ihre Unterschrift unter den Vertrag gesetzt hatte.

Alle Unsicherheit, sie verlieren zu können oder mir Sorgen über ihr Wohlergehen machen zu müssen, war damit vom Tisch. Durch ihre Unterwerfung war gewährleistet, dass sie die Regeln befolgen würde. Und damit auch, dass sie sicher und beschützt war. Mit diesem Wissen konnte ich mich auch endlich wieder auf meine Arbeit konzentrieren und obwohl ich ständig an sie denken musste, war ich ein wenig ruhiger und konzentrierter als noch die Tage zuvor.

Und nun stehe ich hier und bin fuchsteufelswild, weil ich in ihr eine perfekte Sub und wohl auch meine erste Exfreundin gefunden habe. Und seltsamerweise ist keine dieser Tatsachen wirklich beruhigend.

Mein Versuch, sie heute ein wenig aus der Reserve zu locken, hat nur dafür gesorgt, dass ich sie am liebsten für ihre wirklich perfekte Reaktion bestrafen wollte. Der Versuch, sie mit dem Aufzug dazu zu bringen, mir Widerstand zu zeigen, schlug gründlich fehl und noch immer bin ich sauer, weil sie ... ja, was eigentlich? Vertraut sie mir oder ist es ihr egal, wer sie so gesehen hätte? Das völlige Fehlen von Protest hat mich mehr schockiert, als ich zugeben sollte. Ich will nicht, dass sie jemand nackt sieht, und sie sollte es auch nicht wollen. Auf der anderen Seite ist es ihr als Sub aber verboten, mich in Frage zu stellen oder meinen Befehlen zuwider zu handeln. In die eigene Falle gerannt, ist alles, was mir dazu eingefallen ist, und ich habe zähneknirschend ihr tadelloses Verhalten als Sub zur Kenntnis genommen, obwohl ich sie am liebsten dafür übers Knie gelegt hätte. Seitdem stecke ich in Schwierigkeiten, aber welche Dimensionen diese noch annehmen würden, hatte ich nicht ahnen können.

Es erschien mir eine gute Idee, ihr erst mal Zeit zu geben, aber offensichtlich war das ein Fehler. Dass ich mich nicht gemeldet hatte, scheint ihr zuzusetzen. Meint sie etwa wirklich, sie hätte mir nicht gefehlt? Allein, dass sie das denken kann, stört mich.

Und auch mein Plan, ihr mit einer normalen Aktivität und unserem Besuch auf dem Kostümfest ein wenig Sicherheit zu bieten, ist wohl gründlich in die Hose gegangen. Die Silberkugeln waren auch nicht die beste Idee, zu wissen, dass sie die ganze Zeit erregt ist, hatte auch meine Beherrschung nicht unberührt gelassen. Und es hat die Grenzen zwischen unseren Arrangements aufgeweicht, etwas, was ich im Escala noch nicht bedacht hatte. Die Tatsache, dass diese Sub-Sache den ganzen Abend präsent war, hat mir in keiner Weise geholfen, sondern geschadet. Ich habe sie damit gequält, obwohl die Absicht eher war, sie noch vor dem Essen in meinem Zimmer zu unser beider Befriedigung zu vögeln. So war es eine zusätzliche Folter, und ich war schockiert, als ich merken musste, dass sie die Kugeln auch nach unserem Streit – wie eine brave Sub – nicht entfernt hatte. Das konnte ich sehen, genau wie ihre Qual und ihre Verzweiflung. So sollte das nicht laufen.

Allerdings hat Elenas Auftritt allem noch die Krone aufgesetzt und als Ana dann ihr Geld für einen wohltätigen Zweck auf den Kopf gehauen hat, hat es mir den Rest meiner dann schon brüchigen Selbstbeherrschung abverlangt.

Zornig starre ich in die Nacht und will nicht zugeben, dass ich nicht sauer bin, weil sie mitgesteigert hat, sondern weil ich weiß, dass, wenn wir uns trennen sollten, ich ihr Auto – oder die Subschleuder, wie sie es so treffend nennt – schneller in meinem Fuhrpark habe, als ich mir vorstellen kann. Und sie hat ihre Rücklage für eine absolut unnötige, wenn auch noble, Sache verpulvert. Ich will aber nicht, dass sie Nachteile hat, wenn unsere Beziehung endet. Und nach heute sehe ich ein, dass das durchaus im Bereich des Möglichen ist – weil ich mich nicht kontrolliert habe und Elena noch das Messer in der Wunde drehen musste. Warum habe ich Elena auch erzählt, dass Ana eingewilligt hat, meine Sub zu werden? Ich hätte nie mit einer solchen Einmischung von ihr gerechnet, und das wird sie noch bereuen.

50 Shades of RegulationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt