14. Kapitel

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„Björn! Ein Drachenboot! Es kommt direkt auf uns zu!"

Bernhard legte den Hammer zur Seite und knurrte die Kinder an, die gerade in seine Schmiede hereinstürmten.

„Ihr sollt mich Bernhard nennen! Verdammt! Wir sind nicht  bei den Wikingern!"

Langsam kam er aus der Schmiede und wischte sich den Oberkörper trocken.

Er war Sachse, hatte aber jahrelang bei den Wikingern als Sklave gelebt. Die hatten ihn immer Björn genannt, doch er war der Meinung, wenn er schon wieder in seinem Heimatland war, dann sollte man ihn auch so nennen, wie seine Mutter ihn hatte taufen lassen. Doch für einige war er ein halber Wikinger und sie nannten ihn immer noch Björn. Und das wurde wiederum von anderen aufgeschnappt. Wahrscheinlich würde er für immer Björn bleiben.

Er ging langsam zum Strand hinunter und betrachtete das Boot, das sich langsam näherte.

Nein, das war kein Angriff! Bernhard wusste das so genau, weil er selbst oft genug auf Raubzüge mitgenommen worden war.

Dafür näherte das Boot sich zu langsam.

Wer auch immer auf dem Boot war, kam in friedlicher Absicht. Vielleicht wollten sie nur Handel treiben. Schließlich kannte man ihn.

Bernhard blieb stehen und kreuzte seine Arme vor der Brust.

Es waren schon einige Jahre vergangen, seit er sich von Egil Magnusson freigekauft hatte. Und seit dem Tag hatte er keinen Wikinger mehr gesehen, den er gekannt hätte. Egils Mannen hatten ihn in Ruhe gelassen.

Das war auch gut so.

Nicht, dass er schlecht behandelt worden wäre, aber er war eben ein Sklave. Dennoch hatte Egil dafür gesorgt, dass er ein richtiges Handwerk lernte. Einar, der Schmied des Wikingergutes, hatte ihm alles beigebracht, was er wusste. Und das war eine Menge gewesen. Bernhard hatte damals alles regelrecht eingesogen und nun kam es ihm zu Gute.

Bernhard war einer der besten Schmiede, den es bei den Sachsen gab. Und auch wenn man es von einem Mann seiner Größe und Muskeln nicht erwarten konnte, stellte er die schönsten Geschmeide für die Frauen her. Sobald er irgendeinen Markt besuchte und seine Ware feilbot, kamen die Weiber regelrecht zu ihm angerannt und rissen ihm seine Waren von den Händen. Das war ihm aber auch lieber so. Er hatte eine Menge Mäuler zu stopfen und brauchte Gold und Nahrung!

Egil hatte ihm bei seiner Verabschiedung einen Beutel mit Gold gegeben. Dafür war er ihm auch auf ewig dankbar. So hatte er den Grundstein für das gelegt, was er heute besaß.

Er war Egil überhaupt sehr dankbar. Nicht jeder Wikinger hätte einen kleinen schmächtigen Jungen auf dem Sklavenmarkt gekauft. Die Wikinger nahmen sich die Sklaven eigentlich bei den Überfällen. Doch Egil hatte für ihn bezahlt und ihn mit zu sich genommen. Bernhard war bei der Familie aufgewachsen, bis er alt und stark genug war, um zu arbeiten.

Mit Tjelvar war Bernhard gut ausgekommen. Jeder kam mit dem freundlichen und ruhigen Wikingerjungen zurecht.

Nur Eirik hatte ihn immer verspottet. Warum auch immer. Godric, der Älteste hatte ihm einmal im Vertrauen erzählt, dass Eirik Respekt vor ihm hatte und ihn deswegen so verspottete. Das hatte Bernhard eingesehen und war Eirik aus dem Weg gegangen.

Nur einmal wurde er von ihm heraus gefordert. Und das war der Tag, an dem er Eirik besiegt hatte. Seit dem Tag hatte er nichts mehr von Eirik gesehen.

Nachdem er seine Schulden bei Egil bezahlt hatte, war er wieder ins Sachsenland gezogen. Dort hatte er sich einen alten Hof gekauft und eine Schmiede aufgebaut.

Als er das erste Mal in eine größere Siedlung kam, hatte er die Jungen und Mädchen gesehen, die um Essen bettelten. Er hatte Mitleid mit ihnen gehabt. Sie waren wie er, nur dass er viel Glück gehabt hatte. Warum sollte er diesen Kindern nicht auch Glück schenken?

EirikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt