Verfolgungsjagd

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Niedergeschlagen und klitschnass gehe ich zurück zu Catherines Laden. Durch den ereignisreichen Tag, habe ich gar nicht mehr an eine Unterkunft gedacht. Aber ich bin mir sicher, dass Catherine mich bei sich aufnimmt. Der Laden ist zwar bereits geschlossen, doch es brennt noch Licht, als ich klopfe.

Es dauert eine Weile bis die Tür geöffnet wird und ich Catherine sehe, sie trägt einen karierten Pyjama und sieht mich überrascht an. „Wie sehen Sie denn aus, Kind. Kommen Sie rein" Ich zwinge mich zu lächeln und betrete den Laden, nachdem sie wieder abgeschlossen hat, führt sie mich nach oben, wo sie ihre Wohnung hat. Oben sieht es sehr gemütlich aus, im Kamin brennt ein Feuer und es riecht nach frisch gebackenen Plätzchen. „Riecht gut. Was ist das?", frage ich neugierig.

Catherine lächelt mich an und erklärt mir, dass dies Zimtplätzchen sind. „Das sind meine Lieblingsplätzchen. Meine Grossmutter hat sie immer gebacken." Während sie in der kleinen Küche verschwindet, ruft sie mir zu, dass ich mich ruhig setzen kann. Ich setze mich an den Tisch und höre wie sie Tassen aus einem Regal holt. Nachdem sie sich zu mir gesetzt und mir eine Tasse Tee eingeschenkt hat, sieht sie mich fragend an.

Ich rühre in der Tasse und erzähle ihr alles, dass wir getanzt und uns unterhalten haben, aber auch von dem Feueralarm der uns auseinander gebracht hat. Als ich ende sieht sie mich mitfühlend an. „Und er hat Sie nicht erkannt?" Ich schüttle den Kopf und schaue in meine leere Tasse. „Sie müssen ihn morgen noch einmal aufsuchen. Er darf nicht in diese Maschine steigen." Ihr Blick ruht auf mir, zeigt wie sehr sie an meine Vision glaubt. „Ich weiss doch überhaupt nicht ob ich recht habe. Und was ist, wenn er mich nicht sehen will?"

Ich nehme mir einen Keks und beisse hinein, der Geruch von Zimt und Butter steigt mir in die Nase und versetzt mich in die Küche meiner Grossmutter zurück. Ich sehe sie vor mir, wie sie mich anlächelt und über den Kopf streichelt, als ich einen Keks aus der alten Dose ihrer Mutter nehme. Ich vermisse sie so sehr. „Kind. Auch wenn es nicht wahr ist, gehört ihr beide zusammen. Ich sehe es in deinen Augen, Kind. Du magst ihn. Sehr sogar. Habe ich recht?" Ich schlucke den Bissen runter und weiss nicht was ich sagen soll.

Ja, ich mag ihn. Aber habe ich mich verliebt? Ich weiss es nicht. „Ich werde dir etwas zum Anziehen holen und dann kannst du auf der Couch schlafen. Hm?" Ich nicke dankbar und sehe wie sie in einem Zimmer verschwindet. Nachdem ich geduscht und mich umgezogen habe, fühle ich mich schon viel ruhiger. „Ich habe dir noch ein paar Kekse und noch etwas Tee hingestellt. Schlaf schön."

Sie streichelt mir über die Wange und lässt mich alleine. „Danke.", sage ich leise. Ich kuschle mich in die flauschige Decke und lege mich auf die Couch. Schaue dem Feuer im Kamin zu, wie es langsam vor sich hin flackert. Während ich über den heutigen Tag nachdenke, fallen mir immer wieder die Augen zu. Und irgendwann siegt die Müdigkeit und ich falle in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen wache ich auf und habe sofort ein gutes Gefühl. Es ist, als würde ich spüren, dass ich heute William Blake wiedersehen werde. Kann ich mich überhaupt auf mein Gefühl verlassen? Ich denke schon, und wenn nicht werde ich alles daran setzen, dass ich ihn finde. Ich stehe auf und ziehe mich um, suche nach Stift und Papier und schreibe Catherine eine Nachricht. Danach verlasse ich den Laden und mache mich auf den Weg zum Hotel.

Es ist gerade einmal halb acht Uhr morgens, vielleicht ist er gar noch nicht wach. Aber das ist mir egal. Ganz in Gedanken sehe ich den Jogger gar nicht, der auf mich zu kommt und pralle mit ihm zusammen. „Aua. Verdammt!", fluche ich und halte mir den Kopf. „Das tut mir echt leid. Haben Sie sich wehgetan?"

Diese Stimme kenne ich doch. Ich schaue auf und schirme meine Augen mit der Hand ab, um besser sehen zu können ob er es wirklich ist. Und tatsächlich steht William Blake vor mir. Er trägt eine kurze Sporthose und ein ärmelloses Shirt das einige Schweissflecken aufweist. Die Sonne scheint auf ihn herab und die Strahlen über seinem Kopf sehen aus wie ein Heiligenschein. Die wilden blonden Locken stehen wirr ab und einige fallen ihm in die Stirn, die er mit einer schnellen Bewegung aus seinem Gesicht verbannt „Ja. Ja, mir geht's gut." Ich ergreife seine ausgestreckte Hand und stehe vor ihm, genau wie gestern Abend verschlägt es mir beinahe den Atem.

Sieben SekundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt