Thirteen

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Der erlösende Gong klingelte und ich verließ eilig das Schulgebäude.
Avery würde draußen auf mich warten, weil wir uns zum Shoppen verabredet hatten. Um 17Uhr musste ich allerdings wieder arbeiten. Langsam wurde das echt lästig. Trotzdem wollte ich nicht kündigen, denn ich verdiente damit Geld und das konnte ich immer gut gebrauchen.
Vielleicht mal für eine Weltreise später. Ich meine, den Traum hat doch jeder irgendwie, oder?

Ich lief über den Schulhof auf das Mädchen mit den rosanen Haaren zu.
Die Sonne schien auf meine blasse Haut und erwärmte sie.
"Ich brauche dieses T-Shirt auch", seufzte Avery als ich vor ihr stehen blieb.
Ich trug eine hellblaue Jeansshorts und dazu ein T-Shirt in pastellrosa, mit der Aufschrift Cute auf der linken Brust.
"Zu dir passt eher eine andere Aufschrift", sagte ich und wuschelte ihr durch die Haare.
Avery schlug mir auf meinen Arm und ich drängte sie in mein Auto zu steigen.

Während der Fahrt zum Oakwood Center, welches auf der anderen Seite des Mississippi River lag, schalteten wir laut Musik an.
Es lief gerade 'I spy' von Kyle und ich liebte das Lied irgendwie.
Es gab auf YouTube so einen krassen Choreographen, der dazu und zu vielen anderen Liedern Tanzvideos gedreht hatte. Daher kannte ich das Lied. Avery schien es ebenfalls zu kennen, denn sie dachte sich während des Mitsingens eine eigene kleine Show aus.
"Lass mal irgendwann einen Tanz erfinden", schlug sie vor und ich stimmte begeistert zu.

Am Shoppingcenter angekommen, machten wir uns bereit. Shoppen war ein Sport. Eindeutig.
Wir betraten das Gebäude und innen erwartete uns eine kühlere Luft als die Wärme, die draußen herrschte.
Wir kämpften uns durch die Läden. Am meisten Klamotten fand ich bei H&M. Einen weißen kurzen Rock, ein eng anliegendes schwarzes Croptop und noch zwei neue Bikinis. Avery und ich wollten nämlich, wenn Carina wieder da war mal schwimmen gehen.

Apropos Carina, wir hatten noch nichts gehört, wie es bei ihrem Segelwettbewerb lief. Sie hatte uns lediglich eine Nachricht geschickt, dass sie Montagabend gut angekommen war.
Ich wünschte ihr auf jeden Fall Glück für den Wettkampf.

Ich bezahlte an der Kasse und hatte direkt mal wieder um die 50$ ausgegeben.
Konnte Geld nicht in meinem Vorgarten auf Bäumen wachsen?
Das wäre doch mehr als toll.
Mir war nach einer Essenspause zumute, aber Avery wollte unbedingt noch in einen anderen Laden, der genau neben H&M lag und den ich eigentlich vermeiden wollte.
"Komm schon, Irina!"
Und da ich ihrem bettelnden Blick nicht widerstehen konnte, folgte ich ihr in den Laden.
Welcher Laden das war?
Victoria's Secret.
Es war jetzt nicht so, dass ich da nicht rein wollte, weil es mir peinlich war, aber was wollte man mit so teurer Unterwäsche? Die hatte doch auch die gleiche Funktion wie normale.

Während ich mir darüber Gedanken machte, benahm sich Avery als wäre sie im Paradies.
"Kaufst du die für wen bestimmten?", fragte ich.
Sie lachte.
"Jap. Für Zac Efron und Francisco Lachowski und meine ganzen anderen Ehemänner", zählte sie auf.
"Die werden es sicher bevorzugen, wenn die nicht sowas hier aufmachen müssen."
Ich hielt einen BH mit sieben Verschlüssen in der Hand und Avery lachte.
"Stimmt. Aber es sieht bestimmt sexy aus."
Ich nickte nachdenklich.

}} "Ich finde das ein wenig übertrieben. Da kann man ja lieber gar nichts anziehen", sagte ich und musterte die quasi durchsichtige Spitzenunterwäsche, die sie gerade trug. "Aber Phil steht auf sowas."
Phil hier und Phil da. Immer ging es um ihn und dass er so toll war und was er doch für einen großen hatte.
Sachen, die mich eher ein wenig unwohl fühlen ließen, weil ich nicht alles aus dem Sexleben meiner besten Freundin wissen wollte.
Aber ich gönnte es ihr und deswegen tat ich mein Bestes, um nicht die Stirn in Falten zu legen, da sie mir nun von den verschiedenen Stellungen erzählte, die die beiden ausprobiert hatten.
"Du kennst dich damit ja nicht aus. Du hast ja keinen Freund."
Ich lachte. "Forever alone."
Jetzt grinste sie. "Im Notfall heiraten einfach wir."
Und in diesem Moment wusste ich, dass in diesem neuen Mädchen noch irgendwo der alte Charakter steckte. Der, der mich sofort fasziniert hatte und weswegen ich mich mit ihr angefreundet hatte.
In genau diesem Moment keimte wieder Hoffnung in mir auf. {{

Wir verließen den Laden. Ich hatte mir nichts gekauft, weil ich nicht noch mehr Geld ausgeben wollte.
"Essen?"
Avery nickte eifrig und schaute sich schon in dem Shoppingcenter um.
Schließlich landeten wir bei 'Chick-Fil-A' und bestellten uns je einen Burger.
Daran verschluckte ich mich bald, als ich sah, wer ebenfalls in den Laden kam.
Cole und Maosn. Die beiden Jungs bemerkten uns sofort und Mason steuerte direkt auf uns zu.

"Hi, Leute!"
Ich winkte ihm nur zu, weil ich noch zuende kauen musste.
"Wieder gesund?", erkundigte ich mich dann.
"Ja. Wieder topfit."
Cole sagte nichts, sondern stand eher hinter Mason und schaute desinteressiert zu Boden.
Was sollten diese Stimmungsschwankungen immer? Der war ja schlimmer als ein Mädchen, das ihre Tage hatte.
Stille.
"Ja, also wir gehen dann mal. Cole braucht einen neuen BH für sich, weil er sich so gerne als Frau verkleidet, wenn er allein zuhause ist", flüsterte Mason uns zu und wir brachen in schallendes Gelächter aus.
Dann zog er seinen besten Freund mit und sie waren wieder weg.

"Cole ist schwierig", beantwortete Avery meine unausgesprochene Frage.
"Was hab ich ihm getan?"
"Nichts. Ich hab keine Ahnung. So genau verstehe ich ihn auch nicht, aber ich glaube, dass er nicht so selbstbewusst ist wie er immer vorgibt. Es ist ihm wichtig, was die 'Coolen' von ihm halten. Mach dir nichts aus seinem Verhalten."
Ich nickte und dabei fielen mir meine Haare in die Soße meines Burgers.
Schnell wischte ich sie ab und bemerkte dann einen älteren Mann, der mich grinsend musterte.

Der soll sich erstmal seine Haare lang wachsen lassen und dann versuchen einen Burger zu essen.
"Irina, ich mag dich."
Erschrocken schaute ich auf und blickte in die grün-blau-grauen Augen von Avery.
Sie meinte es ernst. Zumindest sah ich keinen Funken von Belustigung in ihren Augen.
"Ich dich auch, Ave."

Nachdem ich Ave zuhause abgesetzt hatte, fuhr ich direkt ins Palace Café, wo Henry mich bereits erwartete.
Er hatte seinen Dreitagebart, den er sonst immer trug komplett abrasiert und erschien direkt ein paar Jahre jünger.
"Wieso arbeitest du nicht und stehst hier nur?", fragte ich.
"Nicht so frech", lachte er, aber deutete dann auf ein Mädchen, das durch das Café huschte.
"Eine neue Aushilfe?"
Er nickte.
"Wir haben jetzt nur noch montags und donnerstags Schicht."
Das kam mir gelegen, denn so hatte ich mehr Zeit.
"Nice!"
Heute war also Henrys und mein letzter Arbeitstag an einem Dienstag. Gott sei Dank.

"Wollen wir uns bald mal treffen? Du wolltest mir den einen Film zeigen?"
Henry schaute mich erst verwirrt an, aber schien dann zu verstehen.
"Klar, gerne. Außerdem ist es nicht irgendein Film, sondern DER Film."
Ich lachte.
Wir tauschten Nummern aus und ich versprach ihn anzuschreiben, wenn ich Zeit hatte.
Und damit besiegelte ich mein Schicksal, dass ich mir Star Wars ansehen musste.

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