Chapter Four: Force of Habit

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Sie hatten sich am Simulationsraum HAL verabredet. Pünktlich um Mitternacht.
Die kleine Digitalanzeige neben der Tür zeigte praktischerweise auch die Zeit an.

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Kylo Ren ging auf und ab wie ein gefangenes Tier und warf immer wieder abwechselnd Blicke auf die kleine Uhr und in Richtung des Ganges.

Leer.

Würde dieser Feigling es tatsächlich wagen, hier zu erscheinen? Er rechnete ja noch damit, dass General Hux in letzter Minute absagen würde. Irgendwelche Ausreden vorschieben, ihm sei etwas dazwischen gekommen. Ein Meeting oder eine Komplikation beim Bau dieser... Superwaffe.

Kylo Ren schnaubte, was sich unter der Maske anhörte wie ein dumpfes Grollen. Der Herr über Starkiller Base mochte er ja sein, aber Kämpfer war Hux sicher keiner. Und einen Blaster abfeuern konnte jeder.

Ein Blick zur Uhr.

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Wirklich, der Kerl hatte Nerven. War es nicht sonst immer er, der von seinen Leuten absolute Pünktlichkeit verlangte, der immer mindestens zehn Minuten früher am verabredeten Ort war, um dann tadelnd den Kopf schütteln zu können, wenn sich jemand verspätete?
Ja, das war typisch für General Hux. Und ausgerechnet dieser General Hux machte nun Anstalten, hier nicht aufzutauchen.

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Ren knetete seine Finger und versuchte, seine wirbelnden Gedanken zu ordnen.
Er atmete erneut tief ein und war froh über das Gewicht um seinen Kopf, welches ihn jetzt fast wie ein Schutz umfing. Sein Blick glitt über den leeren Gang, während sein Geist sich zur Ruhe und Ordnung mahnte.

Komm schon, Hux. Das würdest du nicht wagen.

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Kylo atmete flacher, zwang sich innerlich zur Ruhe. Er würde bis Mitternacht warten und keine Minute länger. Fest auf diesen Entschluss gestützt, verlangsamte er seinen Atem noch weiter und streckte seine Sinne aus, ließ sie durch den Gang und die anschließenden Räume dieses riesigen Komplexes wandern.

Er erkannte den Klang der Stiefel, ehe sein inneres Auge die Gestalt dazu erblickte. General Hux kam im Stechschritt den Gang hinabgeeilt, sein Gesicht angespannt und seine Augen starr nach vorn gerichtet. Es zischte und eine Tür glitt zur Seite.

Jetzt trat ein Mechaniker aus einem der angrenzenden Korridore und sprach den General an. „General Hux?"
„Nicht jetzt, Techniker Kane. Ich bin auf dem Weg zu einer wichtigen Besprechung", winkte Hux brüsk ab.
„Aber Sir. Es geht um die Abdichtung am Ventilationsschacht. Sie hatten uns ein höheres Budget bewilligt, aber Colonel Datoo meinte..."
Hux blieb abrupt stehen und wandte dem Untergebenen den Blick zu . „Kann das nicht bis morgen warten, Kane?"

Kane schluckte und trat einen Schritt zurück.
„Richten Sie Colonel Datoo aus, ich wünsche ihn morgen früh 0800 in meinem Büro zu sprechen."
Der Mann salutierte. „Jawohl Sir!"

Aber Hux setzte seinen Weg bereits fort.

0000

Kylo Ren hielt inne, als der Klang der nahenden Schritte nun von seinem Geist in seine Ohren wanderte und dumpf durch die Maske drang.

„Sie kommen spät."

Der Schritt verstummte und Ren wandte sich langsam um. Äußerlich vollkommen kühl und gefasst, stand Hux im Gang. Aber das leichte Pochen seiner Halsschlagader verriet seine innere Unruhe und Anspannung, ohne dass Kylo sich hätte bemühen müssen, in seinen Geist einzudringen.

„Es ist 2400 Uhr. Wie vereinbart."

„Für gewöhnlich sind Sie immer überpünktlich, General Hux." Er betonte den Rang absichtlich, als hätte man es nötig, Hux daran zu erinnern.

„Einige von uns haben Pflichten, Lord Ren." Hux' Stimme klang nicht weniger herablassend.

„So?", Kylo wandte den Kopf zu ihm und blickte auf ihn herab, „und da verschwenden Sie Ihre ach-so-kostbare Zeit mit mir und derlei ... kindischen Spielchen? Da sollte ich mich ja fast geschmeichelt fühlen." Der beißende Sarkasmus in Ren's Worten war auch durch die Maske deutlich wahrnehmbar.

„Was maßt Ihr Euch..."

„Ich habe es nicht gern, wenn man mich warten lässt!", fiel Ren ihm ins Wort und seine Hand glitt wie zufällig zum Knauf seines Lichtschwertes, welches am Gürtel befestigt war.

„Ist das so?", zischte Hux, nun seinerseits selbst in Rage und öffnete und schloss die Faust in den schwarzen Lederhandschuhen. Die dunkle Gestalt vor ihm überragte ihn zwar, doch der General wich keinen Millimeter zurück und fixierte das Visier der Maske mit stählernem Blick.

Einige Sekunden zogen sich in die Länge, in welcher keiner von ihnen beiden gedachte nachzugeben.

„Nun, dann schlage ich vor, wir verlieren keine weitere Zeit", knirschte Hux durch die Zähne und wandte sich der Schiebetür zu, welche in die Simulation führte. Er trat an das Kontrollpult, um den Code einzugeben.

„Halt."

Hux drehte sich um. Sein Blick taxierte seinen Gegner und machte deutlich, dass er sich nicht fürchtete, Ren den Rücken zuzudrehen.

Besser wäre es, er würde sich fürchten. Aber das werde ich ihn schon noch lehren.

„Eins bleibt noch zu klären." Ren's Stimme hatte ein dumpfes Grollen, ob durch den Verzerrer der Maske oder aus Wut, war nicht auszumachen.

„Nun?" Hux rief sich den Simulationscode ins Gedächtnis.HAL-...

Er wandte den Blick zu Ren, eine Mischung aus Provokation und Interesse im Blick.

„Was ist der Preis?", fragte Ren

Preis?" Hux zog die Augenbrauen hoch. „Genügt es etwa nicht, wenn dieses Duell über Sieg oder Niederlage entscheidet?

„Mir nicht, General." Kylo Ren trat neben ihn und streckte die Finger nach der Konsole aus, um die Eingabe fortzusetzen, welche Hux begonnen hatte.

GLA-DOS.

Die Schiebetüren glitten auf und gaben den Blick auf die Waffenkammer frei.

Hux streifte den Mantel ab und hängte ihn ordentlich an einen Haken, ehe er nach zwei Blastern griff und ihre Einstellungen prüfte, während Kylo Ren den Sitz seiner Rüstung korrigierte und die Schnallen seiner Stiefel festzog.

„Also, was ist nun? Ohne Preis ist das Ganze doch sinnlos." Ren warf einen Blick über die Schulter zu seinem Kontrahenten.

Hux richtete den Blaster auf eine Zielscheibe, feuerte und stellte zufrieden fest, dass die Kalibrierung immer noch einwandfrei funktionierte.

Er schob sich den ersten ins Holster an seiner Hüfte, ehe er zu Ren trat und ihm den zweiten reichte.„Na schön. Was genau habt Ihr im Sinn, Lord Ren?"

Kylo Ren nahm den Blaster entgegen und befestigte ihn mitsamt Holster an seinem Gürtel.
Sein Blick war auch durch die Maske spürbar und er ließ Hux nicht aus den Augen. „Der Sieger gebietet über den Verlierer. Sagen wir... eine Stunde lang."

Hux hatte Mühe, seine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen. „Was soll das heißen?"

„Nun", versetzte Ren, „sollte ich gewinnen, folgen Sie, General, genau eine Stunde meinen Befehlen. Das heißt, Sie bringen mir Tee, Sie öffnen mir die Tür, ja, Sie putzen mir sogar die Stiefel, wenn ich das verlange."

Hux' Hand, die gerade an den Knöpfen seiner Uniformjacke zugange war, ballte sich instinktiv zur Faust. Er rief sich innerlich zur Ordnung und ließ den Knopf los, ehe er mit einem Seufzen den Spind schloss, in welchem er seinen Mantel und seinen Hut verstaut hatte. „Was soll dieses alberne Spielchen, Ren?"

„Ich meine das ernst, General."

Hux runzelte die Stirn.„Und wenn ich gewinne?"

„Unwahrscheinlich."

Hux atmete tief aus. Ruhig bleiben. „Dann?"

„Dann beuge ich mich eine Stunde Ihrem Willen, General." Kylo Ren's Stimme verriet nichts über seine Gefühlslage. Offenbar hegte er keine großen Zweifel an seinem Sieg.

Hux trat an die Sicherheitskonsole, welche die Simulation von außen steuerte. Er vergewisserte sich, dass die gepanzerten Scheiben ordentlich saßen. Niemand würde an diese Konsole herankommen, solange sie beide sich dort drin befanden.
Gut.

„Eine Sache wäre da noch", Hux löste die Riegel, welche vor den schweren Eisentüren des Simulationsraumes lagen.
„Nämlich?" Ren sicherte das Lichtschwert an seinem Gürtel.
„Es muss gewisse Grenzen geben in dieser... Siegesstunde."
„Grenzen?" Ren lehnte sich vor. „Angst, General?"
„Träumt weiter, Lord Ren!"

Hux' Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich, als er fortfuhr: „Niemand von uns darf dem anderen etwas befehlen, was erstens die Mission gefährdet oder zweitens, den anderen so zu Schaden kommen lässt, dass er seinen Pflichten nicht mehr nachkommen kann."
„Ich bitte Sie, General. Wenn ich Ihnen Schmerz zufügen will, ist mir das ein Leichtes", Ren lachte bitter und die Maske verstärkte den dunklen Ton seiner Stimme nur noch," ich müsste Sie dafür nicht einmal berühren."
„Regel Nummer Drei: Absolute Diskretion!"
„Versteht sich von selbst."
„Gut." Hux streckte ihm die Hand hin.

Worauf ließ er sich da gerade ein?

Was erwartete er hier eigentlich?

Ren schlug ein.

                                                                                                                    ~*~

"Herzlich willkommen in Simulation HAL-GLA-DOS. Wieviele Testkandidaten darf ich verzeichnen?", fragte die Computerstimme, kaum dass sich die Türen hinter ihnen geschlossen hatten.

"Zwei", entgegnete Hux.

"Da es sich hier um eine anonyme Simulation handelt, benötigen Sie keinerlei Rang, Namen oder Dienstnummer. Ihre ID wird als Testkandidat 0 und Testkandidat 1 ins System eingetragen", klärte der Computer sie auf.
"Handabdruck zur Sicherung von Testkandidat 0." Hux's Stimme klang monoton, fast ebenso mechanisch wie die des Computers, während er sprach. Er legte seine Hand auf die Konsole und wartete auf die Bestätigung.

Kylo Ren trat neben ihn und tat es ihm gleich. "Handabdruck zur Sicherung von Testkandidat 1."
Ihrer beider Blicke waren starr nach vorn gerichtet, als die Computeranzeige von rot auf grün umschaltete. "Danke Testkandidaten 0 und 1. Einen angenehmen Aufenthalt. Bitte begeben Sie sich zu den jeweils gekennzeichneten Türen. Die Simulation startet in 5....4....3....2....1..."

Das Zischen der beiden sich öffnenden Schiebetüren kam synchron, ehe sie den Startraum verließen.

A Dance of Ice and FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt