1. Kapitel

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Robins Sicht:

„Ich hasse euch, euch alle!", hallt die Stimme meines kleinen Bruders durchs Haus. Da ich genau weiß, dass er wieder etwas kaputt machen wird, mache ich mich auf die Suche nach ihm und werde auch schleunig fündig.

„Spinnst du?!", schreie ich Dustin, der zwischen all den Scherben von Mama's Lieblingsgeschirr steht, wütend an. Doch er sieht mich bloß emotionslos an, so wie er es immer tut, wenn er einen Anfall, wegen seiner Aggressionsprobleme bekommen hat.

„Räum' das sofort weg!", befehle ich ihm wutentbrannt. Hoffentlich hört er heute auf mich und beseitigt das hier schnellstmöglich, bevor unsere Eltern nach Hause kommen und dieses Chaos sehen.

Dustin macht jedoch nichts der Gleichen, er grinst mich nur hinterhältig an, da im selben Moment das Quietschen der Türangeln ertönt.

Verdammte Scheiße! Jedes Mal nachdem Dustin einen Auszucker hatte und Sachen zerstört hat, bekomme ich die Schuld, obwohl ich am wenigsten etwas dafür kann.

Ich habe Angst, Angst vor der Reaktion meines Vaters. Er hasst mich abgrundtief, er hat so einen großen Hass auf mich, den ich nicht mal in Worte fassen kann und ich weiß nicht aus welchem Grund. Ich habe ihm nie etwas Derartiges angetan, damit er sich erlauben könnte mich so zu verletzen, wie er es beinahe jeden Tag macht.

Jeden Abend kommt er mit diesem, fast schon kranken Grinsen, das in seinem Gesicht festgetackert zu sein scheint, in mein Zimmer.

Jeden Abend hat er dasselbe bösartige Funkeln in seinen Augen, das jedes Mal mehr aufleuchtet, wenn er mir weh tut und mich dabei anschreit, was für ein Unnütz ich doch sei.

Jeden Abend hat er in der rechten Hand seinen dunkelbraunen Ledergürtel und in der Linken hält er sein kleines, aber dennoch scharfes Taschenmesser.

Jeden Abend muss ich mich auf die Scherben, der alten Tontöpfe hinterm Haus, mit den Händen an der Hauswand, hinknien, damit er meinen nackten Rücken mit seinem Gürtel auspeitschen kann.

Jeden Abend, wenn ich vor Schmerzen laut aufschreie, entweicht seiner Kehle ein gehässiges Lachen.

Jeden Abend schreie ich um mein Leben, doch noch nie hat mich jemand gehört, höchstwahrscheinlich wird mich auch nie jemand hören.

Doch der Gesichtsausdruck meines Vaters zeigt keinerlei dieser Symptome, so wie erwartet. Nein, ganz im Gegenteil er wirkt glücklich und sieht fröhlich aus, genauso wie Mama, die ihm hinterhertrottet.

Seine ruhige Miene ändert sich jedoch schlagartig, als er sich an mir vorbei in die Küche quetscht und das Chaos sieht. Langsam dreht er sich wieder zu mir, es scheint so, als wäre die Zeit beinahe stehengeblieben, keiner gibt auch nur einen winzigen Muckser von sich.

Das Gesicht meines Vaters beginnt vor Wut rot anzulaufen. Seine Augen verdunkeln sich augenblicklich, in ihnen spiegelt sich purer Hass. Seine Hände ballt er mit so einer enormen Kraft zu Fäusten, sodass seine Knöchel weiß hervortreten.

Wäre das hier ein Comic, würde es aus seinen Ohren zusätzlich noch rausdampfen. Das hier ist aber leider kein Comic, indem es immer ein Happy End gibt. Das hier ist mein echtes Leben und zwar ohne Happy End, zumindest glaube ich im Moment nicht an eines.

Bevor sein Kopf vor Wut zu explodieren scheint, lässt er sie an mir raus, so wie jedes andere Mal auch. Da ich seine Leier mittlerweile schon in und auswendig kenne, höre ich gar nicht hin, sondern drehe mich gelassen um und mache mich auf den Weg in mein Zimmer.

Ich höre noch wie er mir seinen ganzen Schimpfwörterwortschatz an den Kopf wirft, doch auch das ignoriere ich gekonnt.

Gleich nachdem ich mein Zimmer betreten habe, schließe ich die Tür ab, damit er mir nicht folgen kann. Normalerweise tut er das auch nicht, aber man weiß ja nie.

Friendship ~ What's that?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt