Nachdem ich auch die langweiligen Fächer des heutigen Tages endlich überstanden habe, warte ich, wie abgemacht im Gruppenraum 3 auf Zahir, der mittlerweile schon fünf Minuten Verspätung hat. Ich hasse es, wenn jemand nicht zur abgemachten Zeit am abgemachten Ort auftaucht. Ich hoffe für ihn, das er eine passable Erklärung für sein zu spät kommen hat, sonst kann er die Nachhilfe vergessen.
Endlich öffnet sich die Tür und Zahir schreitet lässig herein. Ohne mich zu grüßen, bahnt er sich einen Weg durch die Tische und setzt sich neben mich.
„Was ist denn dir über die Leber gelaufen, das du nicht mal mehr grüßen kannst?", fahre ich ihn unfreundlich an, da ich es nicht leiden kann, wenn jemand nicht grüßt. Diese Eigenschaft muss ich von meinem Opa haben, da dieser genau meiner Meinung ist, wenn es ums Grüßen geht.
„Nichts!", knurrt er genauso unfreundlich zurück und murmelt noch etwas leise vor sich hin, anscheinend soll ich das nicht hören. Dennoch verstehe ich es. „Außer das mich die Hausmeisterin küssen wollte.", sind seine Worte.
Zuerst verbiete ich es mir selbst darüber zu lachen, doch lange halte ich es einfach nicht aus und so breche ich in großes Gelächter aus. Zahir will mich mit seinen Blicken töten und zischt dabei sichtlich sauer: „Das ist ganz und gar nicht lustig!"
Seit Schulbeginn an dieser Schule weiß ich bereits, dass die schon in die Jahre gekommene Hausmeisterin eine Schraube locker hat, aber ich hätte nie gedacht, das sie soweit gehen würde und tatsächlich versuchen würde einen Schüler zu küssen und obendrauf auch noch Zahir.
Wenn man die Hausmeisterin etwas länger beobachtet, also nicht das ich sie jetzt stalken würde oder so, aber man merkt das sie den ganzen männlichen Schülern gerne hinterherschaut. Das kommt manchmal ganz schön gruselig rüber, wenn ihre Augen größer werden und zu strahlen beginnen, falls sich mal ein Schüler zu ihr umgedreht hat.
Ich kann einfach nicht mehr aufhören darüber zu lachen, es ist einfach zu lustig. „Bald fertig mit Lachen?", fragt Zahir und fährt sich dabei durch seine Haare. Ich kann ihm nicht sofort antworten, da ich mich noch immer über ihn lustig mache.
Weitere Minuten sind vergangen, in denen ich mich so halbwegs beruhigt habe und endlich auf seine Frage antworten kann. „Ja, für heute schon."
„Du wirst das nicht so schnell wieder vergessen, oder?"
„Nein, ganz bestimmt nicht. Sowas kann ich doch nicht einfach so aus meinem Hirn verbannen, das geht nicht. Irgendwann werd ich das sicher gegen dich verwenden können, aber bloß um mich zu wehren."
„Na gut, aber jetzt wird's Zeit, das du mir Mathe beibringst." Ich nicke und hole meine Mathesachen raus. „Schau dir die erste Aufgaben auf Seite 94 an und gib Bescheid, falls du dich nicht auskennst."
Er tut was ich ihm anschaffe, mmh gefällt mir, wenn jemand einmal nach meiner Pfeife tanzt und nicht immer umgekehrt. Stille kehrt ein.
Zahir sitzt wenig später immer noch auf einem Bleistift kauend über seinem Mathebuch gebeugt, entweder will er keine Hilfe oder er hat es tatsächlich verstanden. Ich tendiere eher zur ersten meiner Feststellungen.
Er ist so konzentriert darauf das Buch anzustarren, das als ich ihn antippe, er kurz aufschreckt. „Kapierst du's?" Mit aufeinander gepressten Lippen schüttelt er peinlich berührt den Kopf, sein Blick starr auf den Boden gerichtet.
Bis Zahir das aktuelle Thema verstehen wird, werden noch viele weitere Nachhilfestunden vergehen, das seh ich jetzt schon. Er scheitert ja schon an dieser einfachen Gleichung. Daher fange ich lieber gleich mit dem Erklären an, damit ich später noch meinen Opa besuchen kann.
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Friendship ~ What's that?
General FictionRobin, ein aufgewecktes freches Mädchen, das jedoch nicht unbedingt den weiblichen Idealen entspricht. Shopping, Make-Up, hohe Schuhe, Kleider und Röcke sind Fremdwörter für sie. Sie ist anders, anders als die anderen Mädchen. Nicht nur dieses Ander...