Butcher

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Auch der Moderator kann nicht anders als sie gebannt anzusehen. Also geht er von ihr weg, und er und der Henker beginnen, langsame Kreise um sie zu laufen. 

"Was ist Schönheit, mein liebes Publikum?", fragt der Moderator. Er sieht aber nicht zu der Menge, sieht nicht zu ihr, sieht nur auf den Boden. Sein Gesicht ist hart und kalt in dem Licht der Scheinwerfer, die auf sie strahlen. Er ist zerzaust, aber auch das stört seiner eindrucksvollen Gestalt nicht im mindesten. Es lässt ihn wilder aussehen, gefährlicher. Gegen den Moderator wirkt der Henker seltsamerweise relativ harmlos. Er scheint wenig Charisma zu haben, was verwirrend ist. Es könnte an der Maske liegen, oder aber er ist einfach abgestumpft von dem, was er tut.  

Er und der Moderator laufen immer schneller ihre Kreise, sie sitzt in der Mitte und starrt ihnen hinterher. Aber dieser Kreis wird schneller, auch wenn es nicht so aussieht, als würden sie ihre Beine schneller bewegen. Nein, es sieht eher aus, als stimme etwas mit dem Raum um sie herum nicht. Die Frau auf dem Boden kommt mit den Augen kaum noch hinterher, und der Kreis zieht sich enger um sie. 

"Schönheit - das ist ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Unter anderem gehört dazu die Symmetrie und Proportionalität des Körpers, der Geruch, die Ebenmäßigkeit, und dann natürlich kulturell bedingte Vorstellung. Dazu kommen dann noch jeweils persönliche Dinge, was man eben mag." 

Die Stimme klingt durch den Raum, klar und deutlich wie immer. Das Publikum ist gespannt, freudig gespannt. Die Atmosphäre in der Arena ist kaum zu beschreiben. Es herrscht eine allgemeine Blutlust, aber es wird schnell klar, dass das Opfer Sympathieträger ist. Die blonde Kämpferin - Amazone, wohl eher, liegt allen am Herzen, aber genauso wollen sie sie auch bluten, leiden, und sterben sehen. 

Mittlerweile ist der Wirbel um sie so schnell geworden, dass nichts mehr mit bloßem Auge zu erkennen ist. Der Kreis schließt sich weiter, und sie sucht nach einem Ausweg. Sie weiß, dass sie schnell weg muss. Ihre Hände verkrampfen sich, während ihr Hals sich zu zieht. Die Anspannung wird kaum zum aushalten. Unter ihrem krampfhaften Atem wiegen sich ihre Haare. Sie zieht sich auf ihren Armen dem Kreis entgegen, hofft, dort irgendwie Ausweg zu finden. Ein wirbelnder Tornado ist vor ihr, sie streckt sich dem entgegen. Es muss doch gehen. 

Aber sie wird zurückgeschleudert. Das Publikum beugt sich vor, stark geschminkte Lippen weiten sich. Lange, falsche Wimpern heben sich als die Augen immer größer werden, und das Blut fließt schneller. Männer legen Arme um Frauen, Kinder krallen die Hände in die ihrer Mütter, und Besucher wissen genau, warum sie hier sind. 

Das Mädchen ist einfach, wie an Gummi, abgeprallt, und hart auf dem Boden aufgekommen.  Sie ächzt und stöhnt, während Blut aus ihrer Nase strömt. Rot und weiß - der Kontrast der Arena spiegelt sich in ihr, ihren Haaren. Unschuld gegen Gewalt. Das Publikum ist in diesem Moment ein bloßer Beobachter der Szenerie, spiegelt immer und immer wieder die verschiedenen Sympathien und die Blutlust, die es in sich trägt. Es ist, als ob Wogen von Energien durch die Menge fließen und sich gegenseitig zu maximalen Wellen auftürmen, an den Stellen, wo sie sich treffen. Das Publikum schaukelt sich selber immer mehr hoch. 

"Schönheit ist aber nicht nur das, nein. Viel mehr." Die Stimme ist laut, und nicht mehr so beherrscht wie davor. "Charakter macht Schönheit aus. Innere Schönheit zusammen mit äußerer Schönheit ist unschlagbar."

Eine Frau leckt sich die Lippen, und der Moderator spürt sein Herz schneller Schlagen. Auf einmal erfasst auch ihn die Aufregung. Er sieht auf die Frau herab, die noch immer versucht, Schemen in dem Tornado zu erkennen. Ihre Augen strahlen noch immer - grün und hart. Aber sie funkeln nicht mehr so. 

"Wut kann uns unheimlich schön aussehen lassen. Aber wieso? Was macht uns dann so besonders? Ist es diese Roheit?"

Auf einmal hält es an. Der Henker schwingt lässig seine Axt, immer hin und her, der Moderator starrt in die Luft. Beide stehen sie vor ihr, und sie blickt hoch, bevor sie beginnt, weg zu krabbeln. Immer weiter weg. Aber schon stehen sie wieder vor ihr, als hätten sie nicht gerade noch einige Meter weg gestanden. 

Cannibal PartyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt