drei
____________________________„Wusstest du, dass ein Dinar nicht gleich ein Euro ist?" Fragt Theo erstaunt, als er mit einer - eher kleinen - Tüte zurück zu unserem Platz kommt.
„Ja, das wusste ich, du etwa nicht?" Frage ich belustigt, während er sich wieder neben mich auf meine Jacke setzt. Mittlerweile stört es mich gar nicht mehr so sehr, sie teilen zu müssen. Immerhin bekomme ich dafür etwas zu essen und Gesellschaft.
„Nein, ich hatte gut 500 Dinare hier drinnen. Aber anscheinend hat das gerade mal für Essen und Getränke um 4 Euro gereicht." Seine verblüffte Miene bringt mich etwas zum Schmunzeln und ich beobachte ihn dabei, wie er beginnt die kleine Plastiktüte auszupacken.
Zum Vorschein kommen zwei Sandwiches, eine Tüte Chips, ein Päckchen M&Ms und eine große Flasche Wasser. Gar nicht mal so schlecht für 4 Euro.
Dankbar lächelnd fasse ich in meinen Rucksack und stelle die letzten Reste meines Reiseproviants daneben. Eine halbleere Flasche Cola, die vermutlich nicht mehr viel Kohlensäure beinhaltet, eine Packung Kekse und eine Packung Kaugummi.
Theo grinst, reicht mir eines der Sandwiches und wir beginnen zu essen.
„Also, um zurück zu deinen Geschichten zu kommen..." Meine ich schließlich zwischen einigen Bissen. „...worüber schreibst du so?"
„Na über das größte, interessanteste und meist beschriebene Thema der Welt; über die Liebe." Während er das sagt, fuchtelt er unterstreichend mit den Armen durch die Luft.
„Und was inspiriert dich zu deinen Geschichten? Eigene Erfahrungen? Oder denkst du dir alles aus?" Ich bin vielleicht etwas neugierig, aber ich bin gespannt auf Theos Antwort. Ich könnte mir nicht vorstellen, eine ganze Geschichte mit tausenden von Worten und selbsterfundenen Charakteren zu verfassen. Das war schon damals in der Schule keine meiner Stärken.
„Dies und das. Manchmal sind es Geschichten, die ich irgendwo in Bars aufschnappe. Manchmal einfach kleine Ereignisse, die sich irgendwo auf der Straße oder im Supermarkt zutragen. Manchmal besonders einprägsame Träume. Aber nein, keine eigenen Erfahrungen."
„Das heißt, wenn ich dir jetzt eine Geschichte aus meinem Liebesleben erzählen würde, könntest du daraus einen ganzen Roman machen?" Will ich interessiert wissen.
„Naja, vielleicht. Es kommt immer darauf an. Manchmal ergibt sich aus einer kleinen Anekdote das Drumherum wie von alleine und manchmal kann mir jemand eine ganze Geschichte erzählen und ich könnte sie trotzdem nie aufschreiben. Ich weiß auch nicht worauf es ankommt, damit ich etwas zu Papier bringen kann. Die Geschichte braucht einfach das gewisse Etwas. Es muss ein Funke überspringen. Aber am meisten inspirieren mich Geschichten von schiefgelaufene Beziehungen. Keine Ahnung wieso. Ich finde es einfach faszinierend wie schnell sich Liebe in etwas komplett anderes verwandeln kann. Und das durch oft kleine, unwichtig erscheinende Details." Theos Augen leuchten, als er mir von seiner Inspiration erzählt und irgendwie steckt seine Euphorie mich an.
„Aber wir können es gerne versuchen?" Schlägt Theo plötzlich vor und ich sehe ihn überrascht an. Auf meine Verblüfftheit hin, fügt er schnell hinzu. „Natürlich nur, wenn du mir auch etwas erzählen möchtest."
„Äh, okay, wieso auch nicht?! Lass mich kurz überlegen."
***
Also, ich war damals süße sechzehn, hatte noch nie mehr als einen Kindergartenfreund gehabt und wartete einfach nur verzweifelt auf meinen ersten Kuss. Alle meine Freundinnen hatten damals schon einen Freund gehabt oder zumindest irgendeine Art von Erfahrung mit einem Mitglied des anderen Geschlechts gemacht, nur ich war irgendwie eine Spätzünderin, was das anging.
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