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Eisiges Schweigen empfing sie. Ihre Freundinnen schauten stur nach vorne, während Debby sich setzte. Sie seufzte tief.

„Hey", versuchte sie es mit einem hoffnungsvollen Lächeln.

Keine Reaktion.

„Clari", sprach sie ihre Sitznachbarin an.

Keine Reaktion.

Sie presste die Lippen aufeinander und holte ihren Bioordner und ihr Mäppchen aus der Tasche. Sie könnte genauso gut alleine sitzen, einen Unterschied würde das nicht machen. Ein schmerzhafter Stich zuckte durch ihr Herz. Sie sollte mit ihnen reden, hatte Farin gesagt. Aber wie sollte man mit jemandem reden, der einen ignorierte, nur weil man einmal die Pause mit jemand anderem verbracht hatte? Was war das für eine Freundschaft?

Bella und Clari wandten ihren Blick den ganzen Unterricht lang nicht von der Tafel ab. Sie verfolgten die Worte des Lehrers und den Erklärungen, die er anschrieb. Fast, als interessierte es sie wirklich.

„Was soll das eigentlich? Ich weiß, dass ihr Bio stinklangweilig findet", zischte Debby und rammte Clari den Ellbogen in die Seite, als sie nicht reagierte.

„Au!", machte Clari vorwurfsvoll und drehte sich endlich um.

„Anders geht's ja nicht", gab Debby zurück. „Also, was soll das?" Sie flüsterte, ihr Lehrer vorne war wieder in ein Tafelbild vertieft.

Clari rieb sich mit der Hand über die Rippen und Bella drehte sich ebenfalls um und lehnte sich nach vorne auf den Tisch.

„Du hast doch angefangen", zischte sie und strich sich eine Locke hinters Ohr.

Clari verschränkte die Arme vor der Brust, ein gekränkter Ausdruck dominierte ihre Gesichtszüge.

„Womit?", fragte Debby und stützte sich ebenfalls auf der Tischplatte ab.

„Du hast uns vorhin einfach stehen lassen und bist lieber zu diesen Punks gegangen. Wir haben dich gebeten zu uns zurückzukommen und du hast das einfach ignoriert. Verrat mir mal, warum wir dann noch mit dir sprechen sollten."

Debby zog die Augenbrauen hoch und stieß die Luft aus. Sie atmete tief ein, um zu einer Antwort ausholen zu können, doch ihr Lehrer kam ihr zuvor.

„Ich möchte die Damen wirklich nicht bei ihrem Kaffeekränzchen stören, aber da ihr nicht gleichzeitig mir und einander zuhören könnt, schlage ich vor, eure Gespräche auf nach dem Unterricht zu verschieben", sagte er. Mit der Kreide in der Hand stand er hinter dem Pult und schaute streng in ihre Richtung.

„'tschuldigung", murmelte Clari leise und ließ sich tiefer in ihren Stuhl sinken, während Bella sich wieder nach vorne drehte.

„'tschuldigung", sagte auch sie.

Debby verschränkte die Arme und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, den Blick dem Lehrer zugewandt. Der schaute die drei noch einen Augenblick lang an, dann widmete er sich wieder seinem Tafelbild. Debby ließ ein paar Minuten verstreichen, dann lehnte sie sich zu Clari rüber.

„Wollt ihr mir jetzt vorschreiben mit wem ich meine Zeit verbringen darf? Sind wir keine Freunde mehr, wenn ich mich auch mal mit anderen Leuten unterhalte?", flüsterte sie.

„Es reicht!", rief der Lehrer. Mit der Kreide deutete er auf den Tisch ganz hinten im Klassenraum. „Debby, setz dich da hinten hin."

Sie schaute ihn an, dann ihre Freundinnen. Geräuschvoll schob sie den Stuhl zurück, fischte ihren Rucksack unter dem Tisch hervor und sammelte Collegeblock und Stifte ein. Ein wenig umständlich warf sie sich ihre Jacke über den Arm und durchquerte unter den Blicken ihrer Klassenkameraden den Raum. Hinten angekommen warf sie ihre Sachen achtlos auf den Tisch, ließ den Rucksack auf den Boden fallen und setzte sich mit verschränkten Armen.

Guck mal, die Asis [LESEPROBE]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt