Ungewollt

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31.12.
21.30 Uhr

Emmy POV

Mittlerweile war das Haus voll. Ich kannte die Hälfte dieser Menschen nicht mal.
Kim hatte viele ihrer Freunde eingeladen, mit denen ich noch nie etwas zu tun hatte. Und Jo-Jo ein paar Arbeitskollegen und Bekannte aus der Uni.
Von meiner Seite war niemand außer Jimin, Tae und Kookie hier, da ich sonst nicht wirklich Freunde hier hatte, was mich aber nicht störte. Kim und die Jungs reichten mir völlig. Wofür brauchte ich 20 Freunde die ich einmal im Schaltjahr sah und dann nur Smalltalk hielt?
Ich saß mit Tae und Kookie auf der Couch und nippte an meinem Wein. So langsam zeigte das zweite Glas auch schon seine Wirkung, denn mein Gesicht fühlte sich heiß an und ich lachte öfter als sonst über Taes Grimassen.
"Emmy wo ist eigentlich Kim abgeblieben?" Tae drehte sich in meine Richtung nachdem er sein Gespräch mit irgendeinem mir unbekannten Mädchen beendet hatte.
"Keine Ahnung. Ich hab sie grade noch bei Jo-Jo in der Küche gesehen."
Da kam Jimin mit Kim im Schlepptau auf uns zu gelaufen.
"Tada. Da is sie doch." sagte ich belustigt.
Wenn man vom Teufel sprach.
"Hey warum sitzt ihr hier langweilig rum?" Kim quetschte sich zwischen mich und Kookie. Auffälliger ging es ja kaum.
"Wir sitzen nicht langweilig rum. Wir chillen." antwortete Tae mit einem süßen Grinsen.
Jimin setzte sich auf die Sofalehne neben Tae und beugte seinen Kopf zu ihm runter "Sag mal, wer war denn die Kleine mit der du gerade gesprochen hast? Ist die auf unserer Schule? Ich hab sie glaube ich noch nie dort gesehen." "Das war Yuni. Nein nein ich kenn sie aus nem Nachhilfekurs. Die geht auf ne Privatschule. Warum? Findest sie heiß oder wie?"
Ich hörte mit einem Ohr zu. Immer das selbe Thema bei Jimin.
Genervt von seinem Gehabe trank ich den letzten, doch sehr großen Schluck meines Weines und erhob mich möglichst unauffällig und elegant von meinem Platz. Dieses Gespräch wollte ich mir jetzt nicht antun.
Beim Aufstehen merkte ich jedoch, wie sehr mir der Wein tatsächlich schon zugesetzt hatte. Etwas wacklig versuchte ich mein Gleichgewicht zu finden.
"Wo willst dudenn jetzt hin?" Kim sah mich überrascht über mein plötzliches Aufstehen an.
"Nachschub." antwortete ich desinteressiert und hob mein leeres Glas hoch.
"Mach langsam Kleine. Am Ende verpennst du noch das Feuerwerk."
Jimin grinste frech in meine Richtung und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Gutaussehender Vollidiot.
"Keine Angst. Ich glaub ich weiß was ich vertrage. Und dein schwanzgesteuertes Gebrabbel kann sich ja keiner ohne Alkohol antun." Ich grinste frech zurück und ging in Richtung Küche.
Heute sah er noch besser aus als sonst.
Jimin hatte eine schwarze Jeans mit Löchern an den Knien an und ein weißes Tshirt, das relativ eng anlag. Mit seiner Lederjacke dazu wirkte er wie der Anführer irgendeiner Gang. Über diesen Gedanken musste ich kurz schmunzeln, als ich mir ein Glas Wasser einschenkte.
Vielleicht doch mal kurz eine Pause vom Alkohol.
"Worüber auch immer du gerade lächelst, es steht dir."
Überrascht über eine mir unbekannte männliche Stimme hinter mir, drehte ich mich um.
Ein relativ großer, verdammt gutaussehender Typ mit blonden Haaren und einem perfekten Lächeln stand hinter mir.
Ich wurde sofort Tomatenrot.
"Uhm... Danke?" Etwas verunsichert lächelte ich und schaute angestrengt mein Wasserglas in meiner Hand an.
"Ich bin Mark ein Kumpel von Kim. Und du?" "Emilia hi. Aber alle nennen mich Emmy. Ich wohne hier. Also Kim's Mitbewohnerin. Hier im Haus. Aber das war ja klar.... entschuldige.."
Was zum Teufel redete ich da?!
Um mein bescheuertes Gestammel zu beenden, nahm ich einen Schluck aus dem Wasserglas.
"Komisch. Warum hat mir Kim nicht gleich was von ihrer absolut süßen Mitbewohnerin erzählt?"
Ich verschluckte mich und musste kurz husten.
Dieser Mark brachte mich völlig aus dem Konzept.
"Ähm... keine Ahnung. Ich hab von dir ja auch noch nie was gehört. Aber besser spät als nie oder?"
Ich grinste ihn verlegen an und er nickte lachend.
"Absolut richtig. Möchtest du nicht auch etwas.... anderes trinken? Wasser an Silvester ist doch etwas langweilig oder?"
Ich war niemand der sich zum trinken überreden ließ aber bei Mark wollte ich eine Ausnahme machen. Was für ein süßen Lächeln er hatte.
"Gerne. Wein?" "Wie wär's wenn wir einen Kurzen zusammen trinken. Tequila?"
Ich vertrug keinen Tequila.
"Klar."
Er holte uns zwei kleine Gläser und eine Flasche Tequila und wir tranken beide jeweils ein Glas.
"Vielleicht können wir uns irgendwo hinsetzen und ein bisschen reden? Irgendwo wo es ruhiger ist?"
Oh man er wollte mich tatsächlich näher kennen lernen? So langsam wurde die Party doch sehr interessant.
"Ähm ja... warum nicht. Warte kurz hier ich muss noch schnell... was erledigen." Ich konnte ihm ja schlecht ins Gesicht sagen, dass ich auf die Toilette musste.
Ich bahnte mir einen Weg in Richtung Flur und wollte gerade die Treppe hoch steigen, da packte mich jemand am Arm.
"Emmy was machst du mit Mark?"
Jimin hielt meinen Arm fest im Griff und hatte einen leicht wütenden Blick.
Was sollte das denn werden?
"Wir unterhalten uns... ist das ein Problem oder wie? Außerdem, was genau interessiert es dich?"
"Pass auf Emmy, der Kerl ist kein Kind von Traurigkeit und berüchtigt für sein Verhalten gegenüber Mädchen."
Also wirklich, sowas aus dem Mädchenverschlinger der Schule? Konnte ich nicht wirklich Ernst nehmen.
"Du meinst im Gegensatz zu dir dem Gentleman? Ist das gerade dein Ernst Jimin?!"
Ich musste schmunzeln, weil diese Warnung aus seinem Mund einfach lächerlich klang.
"Ich meins Ernst Emmy. Anders als bei ihm, wissen die Frauen bei mir worauf sie sich einlassen."
"Das macht es nicht weniger widerlich Jimin und jetzt lass mich bitte los, deine kleine schwarzhaarige Yuni wartet auf dich."
Sein Gesicht veränderte sich bei diesem Satz. Er sah irgendwie.... enttäuscht aus. Doch wahrscheinlich spielte mir mein Alkoholpegel einen Streich, denn nach einmal blinzeln, war sein Blick wieder genauso eingebildet und selbstsicher wie immer.
Ich befreite meinen Arm aus seinem Griff und stolzierte möglichst ohne zu stolpern die Treppe hoch.
Was ging es ihn überhaupt an mit wem ich sprach und warum beobachtete er mich überhaupt?
Ich schüttelte kurz meinen Kopf, um seine Ansage grade, aus meinen Gedanken zu vertreiben.
Zurück in der Küche wartete Mark tatsächlich auf mich, mit zwei kleinen Gläsern in den Händen.
"Ich dachte bevor wir uns irgendwohin setzen, gönnen wir uns noch einen."
Er lächelte mich selbstbewusst an und auch wenn ich schon merkte das meine Grenze was den Alkohol betraf bald erreicht war, konnte ich dazu und zu ihm nicht Nein sagen.
Danach setzten wir uns draußen auf die Terasse, auf der Gartenstühle mit Decken standen und unterhielten uns über alles mögliche.
Immer wieder schenkte Mark mir sein wunderschönes Lächeln und machte mir Komplimente. So viel Aufmerksamkeit war ich überhaupt nicht gewohnt und es gefiel mir wie er mit mir umging.
Als wäre ich besonders unter all den anderen Mädchen hier.
"Hast du eigentlich einen Freund?" fragte er mich plötzlich, nachdem wir für ein paar Minuten geschwiegen hatten. Ich schüttelte den Kopf "Nein. Hatte ich noch nie. Bis jetzt war niemand interessant genug."
Das stimmte sogar. Aber warum erzählte ich ihm das eigentlich. Jetzt musste er ja denken, ich sei wie ein kleines Kücken das kein Ahnung von Typen oder irgendetwas in dieser Richtung hatte.
In Gedanken verfluchte ich mich für meine große Klappe.
"Was? Wie kann jemand wie du allein sein? Wahrscheinlich sind die anderen Kerle einfach nur eingeschüchtert weil du so hübsch bist und trauen sich nicht dich anzusprechen."
"Na ein Glück das du damit kein Problem hattest."
Ich hielt mir die Hand vor den Mund. Habe ich das gerade gesagt?
"Entschuldige meine Direktheit, aber ich vertrage wohl nicht so viel Alkohol." Ich lächelte ihn an.
"Ach was. Ich mag direkte Mädchen. Das macht es weniger kompliziert." Mark zwinkerte mir grinsend zu. Erleichtert erwiderte ich sein Grinsen.
"Kannst du mir zeigen wo euer Bad ist?" "Klar folg mir einfach."
Ich stand auf und wir liefen durch das Wohnzimmer in den Flur.
Auf dem Weg konnte ich Jimin und Tae sehen die mit Hobi bei der Anlage standen und redeten. Jimins Blick kreuzte meinen und er sah wirklich wütend aus.
Was war nur los mit ihm?
Ich verstand sein Problem nicht. Ich wusste nur das seine Art mich sauer machte und aus Trotz griff ich nach Marks Hand um ihn in Richtung Flur zu lotsen.
Als Jimin das sah, schaute er überrascht zu mir um in der nächsten Sekunde noch wütender zu werden.
Das hast du jetzt davon Park Jimin.

Im ersten Stock vor dem Bad angekommen, drehte ich mich zu Mark um.
"So, Bad. Ich warte hier wenn du möchtest."
Der Flur war dunkel und leer. Und irgendwie hatte ich mich unter all den Leuten unten wohler gefühlt.
Mark zeigte mir wieder sein strahlendes Lächeln.
"Danke aber eigentlich wollte ich nur ein bisschen mit dir alleine sein. Schlimm?"
Okay... ich fühlte mich ein wenig verarscht, aber wirklich böse konnte ich ihm natürlich nicht sein. Ich schüttelte schüchtern meinen Kopf und merkte wie ich etwas rot wurde.
Irgendwie konnte ich mir denken warum er mit mir allein sein wollte, aber wollte ich mit ihm alleine sein?
Kurz musste ich an Jimins Worte denken. Vielleicht hatte er doch recht gehabt.
Plötzlich wurde mir schwindlig. Ich musste mich an Mark, der direkt vor mir stand, festhalten um nicht um zu kippen.
"Hoppla langsam Süße. Vielleicht ein Glas zu viel gehabt?" Ich sah entschuldigend in Marks Gesicht, aber sein Lächeln war nicht mehr so aufrichtig und freundlich wie vorhin. Irgendetwas war anders.
"Entschuldige. Ich glaube ich hab tatsächlich zu tief ins Glas geschaut."
Er hielt mich an beiden Armen fest und sah mich ein paar Sekunden nur an.
"Wie spät ist es eigentlich? Ich will das Feuerwerk nicht verpassen. Vielleicht sollten wir wieder runtergehen." Unsicher sah ich Mark an und er schaute auf seine Armbanduhr.
"Ach ist erst 23.35 Uhr. Wir haben doch noch genug Zeit."
Mir gefiel das hier nicht.
Auf einmal merkte ich wie seine Hände meine Arme verließen und langsam meinen Hals hoch in Richtung meines Gesichtes wanderten. Er legte sie an meinen Wangen ab und hob mein Gesicht an.
Wenige Zentimeter trennte seine Lippen von meinen und ich roch seinen nach Alkohol riechenden Atem.
Ich wollte das hier nicht.
Es wäre mein erster Kuss und egal wie souverän ich vielleicht rüber kommen mochte, in diesem Moment hatte ich zu viel getrunken und die Hosen voll.
So sollte mein erster Kuss nicht ablaufen.
Schnell drehte ich meinen Kopf zur Seite.
"Tut mir leid ich kann nicht. I-ich... ich möchte lieber wieder zu den anderen gehen."
"Ach was is denn los? Wir haben doch Spaß und du gefällst mir wirklich sehr. Ich verspreche dir ich bring dich gleich wieder runter."
Wieder drehte er mein Gesicht seinem zu, aber diesmal etwas weniger sanft. Langsam bekam ich Panik.
Ich wollte einen Schritt zurück gehen, doch Mark war schneller und legte seinen rechten Arm um meine Taille, um mich daran zu hindern.
"Bitte Mark, ich möchte wirklich gehen."
Er grinste wieder. Diesmal aber nicht mehr ansatzweise liebevoll oder freundlich sondern dreckig.
Er grinste mich dreckig an.
"Vergiss es. Ich unterhalte mich nicht Ewigkeiten über belangloses Zeug mit dir, damit du dann wenns spannend wird abhaust."
Seine Stimme hatte etwas gebieterisches angenommen und ich riss überrascht meine Augen auf.
Er hatte mir nur etwas vorgemacht. Wie Jimin gesagt hatte.
"Wie bitte?! Sag mal gehts noch? Bin ich nur irgendeine dumme Tussi für dich oder wie?!"
Jetzt versuchte ich mich heftiger von ihm weg zu stoßen, doch er hielt mich weiterhin fest, eine Hand an meinem Rücken und eine in meinem Nacken.
"Lass mich los du Arschloch!!"
Meine Stimme hörte sich leicht panisch an, was ihn nur noch mehr zum Grinsen brachte.
Ihm gefiel das ganze Spiel.
"Es hat sich noch nie ein Mädchen gegen mich gewährt. Sonst kommen die alle ohne Probleme mit. Mir gefällt das hier."
Er kam meinem Gesicht wieder gefährlich nahe und ich drehte meinen Kopf weg.
Verdammt ich musste dort irgendwie weg kommen.
Immer ängstlicher werdend versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien.
"Lass mich los verdammt. Lass mich einfach wieder runter gehen und ich vergiss das hier."
Mark fing an zu lachen.
Ich hatte schon überlegt zu schreien, aber bei der lauten Musik würde mich wahrscheinlich keiner hören. Und hier oben war auch niemand.
"Bitte... bitte lass mich einfach los."
Jetzt hatte ich richtig Angst. Sein Griff wurde fester und er versuchte immer und immer wieder mir mit seinen Lippen näher zu kommen.
Ich wollte nur noch weg. Wieso war ich auch so dumm gewesen? Warum hatte ich nicht auf Jimin gehört?
"Lass sie sofort los Mark!"
Plötzlich hörte ich seine Stimme.
Tja, das war wohl mein schlechtes Gewissen das mir noch den letzten Rest geben wollte.
Ich kniff meine Augen zu und drehte meinen Kopf so weit ich konnte nach rechts um dem nächsten Kussversuch von Mark auszuweichen.
Doch er kam nicht. Stattdessen merkte ich wie der feste Griff von Mark verschwand und ich verlor mein Gleichgewicht und stürzte auf den Boden.
Als ich meine Augen aufmachte, lag Mark ebenfalls am Boden und Jimin war über ihm.
Halt.... Jimin?!
Wo kam er denn her?
"Verpiss dich du Arschloch. Hast du nicht gehört das sie nicht will?" Immer wieder verpasste er Mark eine ins Gesicht. Als ich mich endlich aus meiner Schockstarre befreien konnte, lief ich sofort zu den beiden rüber.
"Jimin hör auf. Er hat genug lass ihn los! Jimin!!"
Ich zog an seiner Schulter und holte ihn von Mark weg. Der lag auf dem Boden und hielt sich die aufgeplatzte Lippe.
"Mir gefällt die Stimmung hier nicht mehr. Ich verzieh mich." Mit diesen Worten stand Mark schwerfällig auf und verschwand Richtung Ausgang.

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