Langsame Triebe.

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17. Februar 2011:

- 18:43 Uhr.

Ich schrubbte den dreckigen Boden im Badezimmer, während meine Mutter die Fenster putzte. Wir wohnten seit etwa einem Monat hier, fangen aber jedoch erst jetzt an die Wohnung aufzupeppen. Meine Eltern waren erst damit beschäftigt neue Jobs in der Gegend zu suchen, kann man ja auch verstehen. Wir wohnten nicht weit von der Innenstadt entfernt, ein kleiner Weg an einem See führte dorthin. Jeden Sonntagabend war ich dort mit einem Jungen aus meiner Klasse, wir sind gut befreundet. Wir schleudern kleine Steine über die Wasseroberfläche oder liegen im Gras und schauen in den Himmel.

Mein Vater gab mir heute Morgen paar Euro, um Pralinen für ein Mädchen zu kaufen. Er hatte immer Stress, so war es kein Wunder, dass er mit den Tagen durcheinander gekommen war. ich schenkte meiner Mutter zum Valentinstag paar Orchideen, worüber sie sich sehr freute. Sie stehen in der Küche auf der Theke. Die Blumen sehen neben der schmutzigen Wand sehr edel aus. 

Es war gerade mal Donnerstag und morgen stand ein Sportwettbewerb an - Jungen gegen Mädchen. ich freute mich darauf nicht, im Gegensatz zu den anderen Jungen meiner Klasse. Sie redeten den ganzen Schultag darüber, wie sie die Mädchen fertig machen.


18. Februar 2011:

- 6:55 Uhr.

Ich ging mit meinem Freund, Sajosha, mit dem ich Sonntags immer was unternehme, zur Schule. Dabei redeten wir über dies und das - am meisten aber redete er von Jungen. Ich ging über die abstehenden Steine die auf dem Gras lagen, währen Josha den normalen Steinweg nahm. 

"Bist du eigentlich verliebt?", fragte Josha aus dem nichts. Verwirrt verneinte ich die Frage und hunderte Fragen schwebten durch mein Kopf.

Josha kam aus den Philippinen. Er sagte immer, dass er sich dort nicht wohl gefühlt hätte, genauso wie seine Eltern. Deswegen zogen sie nach Deutschland. Aber den genaueren Grund hat er mir nie verraten.

Ich holte das Geld, was mir mein Vater gestern gab, aus meiner Jackentasche. "Sollen wir uns später Essen kaufen?", fragte ich, während ich das Geld zählte. Er nickte und fragte, wie viel Geld ich mit habe. "5,50€!", antwortete ich stolz.

- 15:10

Um zehn nach drei endete der Schultag. Ich ging mit Josha und Emelie, ein Mädchen aus meiner Klasse die laut ihr vor vier Jahren her zog, zu einem Eisstand auf der anderen Seite der Straße. Vor uns standen paar Grundschüler die ebenfalls ein Eis wollten. Ich spendierte stolz den beiden eine Kugel Eis - Josha nahm Pistazie, Emelie nahm Vanille und ich Kokosnuss.

Wir gingen zu dritt nach Hause, da wir fast alle den gleichen Weg hatten. Wir gingen an einem Blumenladen vorbei, wo ich die Orchideen kaufte. Josha schaute wie gefesselt hin und sah recht nachdenklich aus. 

21. Februar 2011:

- 16:23 Uhr.

Ich traf mich mit meiner Klasse an einer Karaokebar, die am Ende der Stadt war. Ich saß neben Josha und Emelie war neben ihrer besten Freundin. Zwei aus der Klasse machten ein Duett mit einem Lied aus de 90s. Paar lauschten, sangen oder tanzten mit. Josha war an mir angelehnt und trank Soda.

Emelie prahlte mit ihrem neuen Handyanhänger vor ihrer besten Freundin, die sie nur neidisch ansah. Ich bemerkte, dass Emelie dazu noch ihr Klapphandy mit silbernen Glitzer und vielen Stickern verziert hatte. 

"Sajosha und Kris sollen jetzt singen!", ertönte aus dem Raum. Josha zuckte leicht zusammen und schaute zu mir. Ich stand auf und nahm seine Hand, um ihn dann nach vorne mitzuziehen. Ich nahm zwei Mikrophone und drückte eins davon in Joshas Hand. 'Lemon Tree' von Fool's Garden wurde abgespielt und ich schaute wie Josha zum großen Fernseher, wo der Text auftauchte.

- 19:02 Uhr.

So gut wie alle waren erschöpft vom singen und tanzen. Ich ging mit Josha bis zu ihm vor die Haustür - er war heute anhänglich. Bevor ich ging, umarmte er mich fest. Wortlos blieb er so eine Zeit und löste sich ungewollt. "Bis morgen", lächelte er und nahm sein Hausschlüssel aus seiner Hosentasche. "Vergiss die Hausaufgaben nicht!", lachte ich provozierend. Er verdrehte nur gespielt seine Augen und öffnete die Tür.


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