Zwanzigstes Kapitel

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Zwanzigstes Kapitel

Dennis weckte uns am nächsten Morgen zu einer, wie es schien, unmöglichen Zeit. Mein Gefühl sagte mir, es müsse noch mitten in der Nacht sein, doch da hatte es sich gründlich getäuscht.

„Worauf wartet ihr? Wollt ihr etwa zu spät zur Schule kommen?“

Ich stöhnte auf und zog mir den Mantel über den Kopf.

„Ich soll in diesem Zustand zur Schule gehen? Ich glaube, ich höre nicht richtig!“, protestierte Aron.

„Dann wasch dir die Ohren.“ Josh war in der Tür erschienen, scheinbar gut gelaunt und ausgeschlafen – im Gegensatz zu uns.

„Ich kann doch nicht in der Schule erzählen, ich wäre von einem Hund gebissen worden! Sieh mich doch an.“ Aron schlüpfte unter dem Mantel hervor und deutete mit einer umfassenden Handbewegung auf all die Verbände, Pflaster und blaue Flecken, die seinen Körper bedeckten.

„Ich kann auch nicht in die Schule!“, klagte ich. „Ich sehe ja aus wie eine wandelnde Mumie!“

„Nun übertreib’s mal nicht“, mahnte Marvin und gesellte sich zu den anderen. „Einer von euch beiden muss mit in die Schule kommen. Ich bin doch nicht so blöd und gehe da alleine hin.“

„Außerdem reicht es, eine Nervensäge am Hals hängen zu haben, während wir packen“, stimmte Dennis ihm zu und marschierte kurzerhand ins Esszimmer. Muffelnd richtete auch ich mich auch auf und strich die Klamotten glatt.

„Ach ja?“, beschwerte sich Aron beleidigt. „Warum schickt ihr uns dann nicht gleich beide in die Schule? Das würde besonders eindrucksvoll aussehen. Zwei krankenhausreife Kinder.“

„Du hast es erfasst. Es wäre zu auffällig“, erklärte Josh ihm und fuhr sich gähnend durch das verstrubbelte Haar.

„Na gut“, brummelte ich, drückte Josh seinen Mantel in die Hand und wandte mich dann an Marvin. „Ich brauche ein neues T-Shirt.“

„Und die Hose?“, fragte er.

„Die geht noch.“

„Gut, dann komm mit, ich gebe dir gleich auch noch eine Kappe von mir.“

„Eine Kappe? Weißt du, wie ich mit Kappe aussehe?“

„Willst du lieber einen von Dennis Touristen-Hüten?“

„Schon gut.“ Ich verzog das Gesicht, folgte ihm jedoch ohne ein weiteres Kommentar.

„Hier, geht das?“, fragte er und warf ein dunkelblaues T-Shirt auf sein Bett, dem zwei Sekunden später eine passende Kappe folgte.

„Bleibt mir denn etwas anderes übrig?“ Resigniert schnappte ich mir die Kappe und drehte sie ihm Kreis. „Hoffentlich sieht man den Verband nicht durch. Sonst merken sie wirklich, dass etwas nicht stimmt.“

Ich behielt recht mit der Kappe. Als wir zur Schule liefen (ich hatte angeblich meine Schulsachen vergessen), sah ich aus wie ein durchgeknallter Möchtegern-Gangster. Marvin fand das äußerst lustig, doch mir gefiel es nicht so sehr, schließlich musste ich noch etwas länger auf diese Schule gehen.

„Sieh doch mal die positiven Seiten“, meinte Marvin ausgelassen. „Niemand sieht, dass du verletzt bist, bis auf die paar Schrammen im Gesicht siehst du aus wie immer.“

„Nett von dir, Marvin.“ Meine Stimme triefte vor Ironie. „Nur leider habt ihr zuhause einen Spiegel. Alleine mein Gesicht sieht aus, als wäre ich unter ein Hackselmesser geraten und hätte dazu fünf schlaflose Nächte hinter mir. Dann kann ich meinen linken Arm kaum bewegen, trage ein großes Pflaster auf meiner rechten H…“

Das letzte TorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt