Musik

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Ich nehme sie in die Hand. Weiße kleine Dinger. Nicht größer als mein Daumen und doch der Schlüssel zu einer anderen Welt.
Langsam fangen die ersten Takte an. Förmlich sehe ich wie die Geiger zu ihren Bögen greifen, sie leicht lang ziehen. Der Ton, welcher am Anfang fast gegen null geht, wird lauter, intensiver, drängender.
Ich setzte meinen Fuß nach vorne. Jetzt den anderen.
Nochmal.
Wieder.
Und wieder.
Langsam bewege ich mich vorwärts.
Werde immer schneller.
Schneller.
Und schneller.
Nun greifen auch die Bässe zu ihren Bögen. Mit Eleganz gleiten sie über die Seiten. Schneller, schneller. Immer kürzer, härter drängender.
Ich laufe.
Ich muss.
Ich will.
Ein Schlag ein Tritt.
Ein Gefühl überkommt mich. Es ist berauschend. Es will raus. Wie ein wildes Tier, welches hinter seinen Gitterstäben jahrelang hin und her gestreunt ist und nun mit voller Wucht gegen sie anspringt. Ich kann es nicht mehr zurück halten. Ich will es nicht mehr zurück halten.
Eine Träne rollt meine Wange hinunter. Noch eine, und noch eine. Irgendwann strömen sie nur noch.
Ich schaue mich um.
Das Orchester ist außer sich. Sie verschmelzen mit ihren Instrumenten. Und ich mit der Musik. Wir sind eins. Etwas wildes, unbegreifliches, schönes. Und plötzlich weiß ich es.
Ich schreie.
Schreie.
Nochmal.
Und nochmal.
Ich kann nicht anders.
Ich will nicht anders.
Doch dann werde ich langsamer.
Die Musik geht zurück.
Wird ruhiger.
Seichter
Und seichter.
Die Musiker lösen ihre Verbindung. Wir trennen uns. Werden wieder menschlich.
Werden wieder einsam.
Wir sind wieder allein.
Langsam, mit aller behutsam schließt sich das Tor.
Die Musik endet.
Sie lässt mich zurück.
Zurück in die Welt.
Und nun stehe ich da.
Allein.
Ich nehme die Kopfhörer aus meinen Ohren.
Und alles was mir bleibt ist die Erinnerung.

Inspiriert von: Time von Hans Zimmer

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