Blutrausch

Insanity

Wie sollte ich es nur vergessen?
Diesen Klang, als sich die Kugel durch ihr Gehirn bahnte?
Den Geruch von Blut, der nicht nur ein Geruch blieb, da er sich bis zu meinen Geschmacksnerven bahnte und dort einen metallenen Geschmack hinterließ? 
Wie sollte ich den Moment vergessen, als sich der einzige Mensch, den ich je geliebt, vor meinen Augen die weißen Wände ihres Zimmers mit ihrem Gehirn und Blut in eine grau-rote Masse tränkte?
Vanhelga hätten zu diesem Szenario einen Song geschrieben und ein Musikvideo produziert, das jedoch nicht annähernd an das herangekommen wäre, was ich mit angesehen habe.
Diese Unmengen an Emotionen meinerseits und diese pure Verzweiflung ihrerseits, als sie die Waffe auf ihr Gesicht richtete, ein Knall ertönte und ich mich in einer Zeitlupe befand.
Noch heute sehe ich ihr Gesicht, kurz vor dem Ende. Ich weiß nicht, ob meine Erinnerung mich trügt oder ob mein Gehirn versucht, dieses Trauma für mich erträglicher zu machen, aber ich bilde mir ein, für einen Bruchteil einer Sekunde, einen Anflug von Erleichterung, sogar Zufriedenheit in ihren Augen wahrgenommen zu haben. Und Augen sind ja bekanntlich die Fenster zur Seele. Vielleicht hat sie so ihr Seelenheil gefunden, das ich ihr zu Lebzeiten nicht geben konnte.
Ich weiß, dass ihr gesagt wurde, sie hättest sich in letzter Zeit stark zum negativen verändert; das war nicht zu übersehen, doch hat einer, nur ein einzelner gefragt, wie es dazu kam? Niemanden hat es interessiert, sie haben nur ihre Fehler hervorgehoben.
Doch ich weiß es, ich weiß, wie es dazu kam, dass sie sich so sehr veränderte. Ihr ist einfach viel zu viel Scheiße widerfahren. Und anstatt dass ihr jemand half, haben andere sie immer wieder angesprochen und sie dafür verurteilt. Nicht einer wollte wissen, was mit der Person, die mir am wichtigsten war, geschehen ist.
Und auch jetzt, wo sie nicht mehr auf Erden wandelt, gibt keiner auch nur einen Fick auf das, was sie erlebt hat. Ihr wurde immer nur gezeigt, dass sie zu aufdringlich sei, zu bedürftig.
Hätte sich doch nur jemand um sie gekümmert; ihr geholfen und gezeigt, dass sie nicht Schuld an den Dingen trägt, die sie verändert haben.
Wenn jemand die weißen Linien auf ihrem Körper gesehen hat, wurde sie ignoriert und gemieden, anstatt dass ihr jemand die Hand reichte. Zeit ihres Lebens verbrachte sie als Paria; ein klein wenig Offenherzigkeit oder Liebe und sie wär noch hier. Bei mir.

An dieser Sammlung von Kurzgeschichten, und vor allem an dieser, könnte sich ein Psychologe vermutlich zu Tode analysieren, also zeigt das bloß keinem lol.