✴ der zweite Schuss - Opa ✴

827 185 47
                                    

Ich war bereits vier Jahre alt, als ich zum ersten Mal meine Großeltern erwischte.

Nach dem Schock meines ersten Wortes hatten meine Eltern sich bald erholt. Doch brachten sie mich von da an immer öfters zu Oma und Opa. Damals mit der einfachen Begründung, dass sie nicht wollten, dass ich noch mehr solcher Worte aufschnappte.
Und immer wenn Papas Lieblingsverein spielte oder er sich mal wieder lautstark mit seinen Kollegen stritt, flossen solche Worte in Massen aus seinem Mund. Manchmal fluchte dann auch Mama, weil sie es kaum aushielt.

Meine Großeltern waren immer nett zu mir gewesen. Es gab gutes Essen und ich durfte mir ein paar der Sendungen im Fernsehen mit ansehen. Besonders die Sendungen mit den großen Sternchenfunken und geheimen Nebeln hatten von jeher eine Faszination auf mich ausgeübt.
Ob sich in den Nebelschwaden wohl Feen versteckten?

Zu der Zeit wusste ich noch nicht, was Krieg war und welche schrecklichen Ängste und Traumata er in den Menschen auslöste. 
Ich begriff nicht, was Tod und Verwüstung waren oder das die Sendungen im Fernseher keine versteckte Feen im Nebel enthielten, sondern echte Kriegsdokumentationen waren.

Als also eines Nachmittags gerade von den Opfern des zweiten Weltkriegs und ihrem heldenhaften Tod berichtet wurde, setzte ich mich auf und fragte meinen Opa "Wieso bist du kein Held? Muss man dazu erst tot sein?" Ich weiß noch genau wie er mich daraufhin mit großen Augen schockiert ansah. Doch trotzdem setzte ich noch eins drauf. "Wieso bist du dann nicht tot?"

Da entglitt meinem Großvater endgültig das Gesicht.
Und von da an auch immer öfter die Hand.

ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt