✴ der fünfte Schuss - Marc ✴

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Er war mein erster fester Freund gewesen.
Damals waren wir gerade in der 9. Klasse und süße 15 Jahre.

Daheim hatte sich meine Situation mit den letzten Jahren verschlechtert, Oma war krank geworden und die Ärzte gaben ihr nicht mehr lange.
Opa war fertig mit den Nerven und ließ es nun immer mehr an mir aus.
Mit jedem neuen Schlag wurde es heftiger. Außerdem war er vor einiger Zeit bereits dazu übergegangen mich - zusätzlich zu den Schlägen - zu beleidigen, zu beschimpfen und mir so auch noch verbal zuzusetzen.
Doch davon wusste niemand.

Auch Marc hatte nicht im entferntesten eine Ahnung. Ich hatte es vermieden ihn mit nach Hause zu nehmen und hatte auch weiterhin vor es tunlichst zu vermeiden. Marc verstand zwar nicht so ganz, wieso ich mich so sträubte ihn meinen Großeltern vorzustellen, aber er beließ es dabei.
Bis zu diesem einen Tag.

Es war ein schöner Tag, bereits Anfang Herbst und nachmittags saßen wir noch knutschend auf der Bank im Park, auf der wir uns wenige Monate zuvor zum ersten Mal geküsst und unsere Gefühle gestanden hatten.
Er war es gewohnt, dass ich manchmal etwas abweisend oder kalt wirkte, doch er wusste, dass ich ihm nichts böses wollte.
Doch heute sollte ich seine Welt erschüttern und meine unwiederbringlich zerstören.

Marc führte mich an diesem Abend ins Kino aus und alles schien bestens.
Bis er danach meinte, mich nachhause bringen zu wollen.
Ich konnte ihn dieses Mal nicht vom Gegenteil überzeugen. So kam er mit zu mir. Der größte Fehler meines Lebens.

Als wir in der Einfahrt zum Haus meiner Großeltern standen, kam Opa aus dem Haus und direkt auf uns zu gestürmt. Er musste uns durch das Fenster im fahlen Licht der Straßenlaterne gesehen haben und schien absolut haltlos.
Er beschimpfte Marc auf das Übelste und drohte ihm, solle er mich nicht in Ruhe lassen. Marc sah mich hilfesuchend an, wartete darauf das ich auch etwas sagte.
Doch alles was ich hervor brachte war ein "Vielleicht ist es besser wenn du jetzt gehst."

Und damit hatte ich ihn direkt ins Herz getroffen. Dieser Schuss saß wohl von allen am besten, aber ich hatte ja auch eine lange Zeit im Vorraus zum Üben gehabt.
Traurig sah er mich an, dann drehte er sich um und ging.
Das sollte das letzte Mal sein, dass ich einen Menschen gehabt hatte, der auch nur im Entferntesten für mich da gewesen war.
Denn ich hatte zu große Angst gehabt um mich zur Wehr zu setzen.

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