»Bella! Wieso ist der Kaffee leer?«
Mist, verdammter. Ich hab vergessen, neuen aufzusetzen, bevor ich mich den Toiletten gewidmet habe. Scheiße. Scheiße. Scheiße.
»Gib mir fünf Minuten und es gibt wieder welchen«, rufe ich Marty, dem Boss des Diners, zu und erhebe mich ächzend. Mit meinen 26 Jahren sollte ich mich nicht so ausgekotzt fühlen, aber diese elend langen Schichten hier, werden irgendwann noch mein Ende sein.
»Das sollte es auch, ansonsten weißt du, was das bedeutet. Ich kann es mir nicht leisten, dass die Leute auf ihre Bestellungen warten«, pampt er mich weiter an, als würde ich nicht alles tun, damit jeder zufrieden ist. Vor allem er.
»Natürlich, Boss«, gebe ich zerknirscht zurück, als ich vorne ankomme und direkt zwei Kannen aufsetze. Dabei blicke ich mich im Diner um und frage mich, für wen er den Stress eigentlich macht? Wir haben ganz genau zwei Gäste, vor denen jeweils eine dampfende Tasse steht. Also geht es nicht darum, dass jemand wartet, sondern darum, mich zu schikanieren. Ist seine Alte mal wieder abhauen und er konnte keinen wegstecken? Dann ist Marty immer am unausstehlichsten.
Doch ich verkneife mir jeden Kommentar, warte geduldig, bis das dunkle Gold durchgelaufen ist und bin mir in jedem Moment bewusst, dass er mich beobachtet. Nur ein Fehler und er kürzt mir den mickrigen Lohn. Weil er genau weiß, dass ich darauf angewiesen bin. Sonst würde ich mir nicht seit Jahren hier den Arsch aufreißen und ihn ertragen. Nur für Dad. Er braucht das Geld und die Medikamente, die ich davon kaufen kann.
Mit einem Lächeln auf den Lippen, nehme ich eine der beiden Kannen, drehe mich zu meinem Boss und gehe dann zu unseren Gästen. Natürlich möchte keiner der beiden einen neuen Kaffee - sie haben ja noch. Doch ich schlucke meine Wut darüber hinunter, kehre zurück hinter den Tresen und schnappe mir einen Lappen, um hier vorn ein wenig zu putzen. Selbst wenn ich das vor einer Stunde getan habe. Solange Marty hier rumlungert, kann ich nichts anderes tun, als das, was er sehen will. Lächeln, putzen und meinen Hintern von A nach B bewegen. Sein ekelhafter Blick ist dabei entweder auf meine nackten Beine oder meinen unerhört tiefen Ausschnitt gerichtet. Wie ich diese Uniform hasse. Doch er besteht darauf. Vor allem, dass sie leuchtend rot ist.
Als das Glöckchen über der Tür erklingt, atme ich erleichtert aus. Endlich ein Gast, den ich bedienen und somit zumindest für ein paar Minuten vor Marty flüchten kann.
Ich werfe den Lappen ins Waschbecken, nehme bereits eine unserer laminierten Menükarten und hebe erst dann den Kopf, um nachzusehen, wer unser unerwarteter Gast überhaupt ist. Um diese Uhrzeit, weit nach Einbruch der Dunkelheit und der Abendessenszeit sind eigentlich noch selten neue Leute hier.
Mit stockt der Atem, als ich direkt in so blaue Augen sehe, wie ich sie mir noch nie über den Weg gelaufen sind. Es ist ungewöhnlich, dass jemand Unbekanntes unser Diner betritt. Vor allem, wenn er auch noch so gut und gepflegt aussieht. Mein Blick ist in seinem gefangen, ich kann mich einfach nicht dazu durchringen wegzusehen oder mich zu bewegen. Dabei ist mir bewusst, dass Marty neben mir steht.
Aber dieser Typ, oder besser seine Augen, haben etwas an sich, dass es mir egal ist, was mit meinem Boss ist. Ich möchte einfach nur in ihnen versinken.
»Bella!«, zerstört Marty diesen Moment natürlich, seine zischende Stimme lässt mich zusammenzucken, was einen amüsierten Ausdruck auf das Gesicht des fremden Mannes zaubert. Erst jetzt sehe ich ihn mir weiter an. Seine Haare sind an den Seiten abrasiert, dafür oberhalb ein wenig länger und dunkel. So dunkel, dass sie fast schwarz wirken. Genau in dem Moment, fährt er sich mit der Hand hindurch und ich frage mich, ob sie weich sind.
So ein Unsinn.
Während ich ihn weiter betrachte, mein Blick über sein markantes Gesicht, mit einer Nase, die aussieht, als wäre sie mehr als einmal gebrochen, vollen, hellrosa Lippen und einem Bart, der älter als drei Tage ist, setze ich mich in Bewegung. Schließlich habe ich keine Lust, wirklich noch Einbußen zu machen. Wegen einem Typen. Einem unglaublich attraktiven Typen, aber das spielt keine Rolle. Kein Mann tut das.
DU LIEST GERADE
Dark Side Lover - Leseprobe
ChickLitDort wo er herkam, gab es sowas wie nett und freundlich nicht. In seiner Kindheit hatte er den Geruch nach Alkohol und Schweiß, als das kennengelernt, was seine Heimat ausmachte. Wenn er jetzt durch die Straßen seiner Heimatstadt läuft, kämpft er...