Sprachlos sehe ich der Kleinen hinterher, die mich einfach abblitzen lässt. Mit einem so angewiderten Blick, wie ich ihn noch niemals bei einer Frau gesehen habe. Zumindest nicht mir gegenüber. Vielleicht habe ich etwas im Bart kleben? Diese sechsstündige Fahrt hat seinen Tribut gefordert und ich musste zwischendurch einfach einen Milchshake trinken. Sonst wäre ich mit einer noch übleren Laune hier aufgeschlagen, als sie so schon ist. Doch als ich mir mit der Hand über das Gesicht streiche, finde ich keinen Anhaltspunkt darauf, warum mich Bella - so hat ihr Boss sie genannt - abweist. Sie sollte mir doch wirklich dankbar sein. Dieser Typ war ekelhaft und schon als ich das Diner betreten habe, wusste ich, dass er zu weit gehen wird. Sein Blick war nur auf ihren Hintern gerichtet und ich wollte wirklich nicht wissen, was in seinem Kopf vorgeht.
Normalerweise ist es mir egal, was um mich herum passiert. Ich bin kein Held, kein Retter in Not. Aber das ging einfach nicht anders. Noch immer versuche ich, herauszufinden, was es gewesen ist, dass ich ihr helfen musste.
Vielleicht dieser Blick zuvor, als sie mich unverhohlen angestarrt hat und nicht wegsehen konnte? Irgendetwas in ihren Augen faszinierte mich, so dass auch ich ihn erwiderte und versucht war, direkt über den Tresen zu springen und diese vollen Lippen zu küssen. Allein daran zu denken, wie ihre Augen gefunkelt haben und sie mich betrachtet hat, lässt meinen Schwanz zucken. Selbst ihre Abweisung verhindert nicht, dass ich sie will. Oder sie spornt mich nur noch an. Es ist eine Mischung, würde ich sagen.
Andere Männer würden es wohl Jagdinstinkt nennen - um das zu bekommen, was sie nicht haben können. Aber so etwas besitze ich eigentlich nicht. Bisher gab es keine Probleme, Frauen dazu zubringen, nett zu mir zu sein.
Stumm esse ich den Burger und leere den Kaffee. Leider tut mir die kleine Kellnerin nicht den Gefallen, noch einmal an meinem Tisch aufzutauchen. Dabei habe ich entschieden, es auf einen dritten Versuch ankommen zu lassen und ihr die Chance zu geben, netter zu mir zu sein. Einfach aus dem Grund, dass es hier sonst keine andere Frau gibt, die ich flachlegen könnte. Druck ablassen, Stress abbauen, bevor ich in die Höhle des Löwen trete. Sicher ist Mum schon einem Nervenzusammenbruch nahe, weil ich noch nicht aufgetaucht bin. Sie weiß genau, wie lange ich brauche, um von L.A. nach Sacramento zu fahren, aber ich konnte mich nicht durchringen direkt zu fahren. Nicht nach der Nachricht, dass Rick wieder auf der Bildfläche aufgetaucht ist. Es wäre nicht von Vorteil, wenn ich ihr schlecht gelaunt gegenübertrete. Denn das könnte einen Schub hervorrufen, den wir beide nicht gebrauchen können.
Es war eine gefundene Ablenkung, dass das Licht des Diners noch brannte, als vorbeifuhr. Nur kurz einen Kaffee wollte ich trinken. Und sitze jetzt seit einer Stunde hier und warte darauf, dass die schöne Bella mich rauswerfen will. Sicher will sie längst nach Hause, aber ich werde ihr nicht den Gefallen tun und den ersten Schritt machen. Wozu auch?
Ich kann sie hinter dem Tresen herumhantieren hören, wahrscheinlich putzt sie und räumt auf. Warum tut sie sich das an? Ihr Blick war zu aufgeweckt und wach, um an einem solchen Ort ihre kostbare Zeit zu verschwenden. Außerdem sieht sie zu gut aus, um sich täglich den anzüglichen Sprüchen und Blicken der widerlichen Typen dieses Trailerparks auszusetzen. Ob sie von hier kommt? Irgendwelche Schulden begleicht? Sich um jemanden kümmert?
Angewidert von mir selbst, schüttele ich den Kopf. Wo kommen denn bitte diese Fragen her? Was interessiert es mich, was die Gründe dafür sind, dass sie hier arbeitet? Sie wird schon wissen, was sie tut. Es ist mir egal.
»Ich würde jetzt gern schließen«, taucht die schöne Bella doch noch neben mir auf und ich setze ein entschuldigendes Lächeln auf. Wenn nicht auf die normale Tour, dann eben als reuevoller Gentlemen. Nichts könnte mich mehr ekeln, als so ein Getue, aber diese Frau hat etwas an sich, das ich knacken will. Zumindest für heute Nacht.
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Dark Side Lover - Leseprobe
ChickLitDort wo er herkam, gab es sowas wie nett und freundlich nicht. In seiner Kindheit hatte er den Geruch nach Alkohol und Schweiß, als das kennengelernt, was seine Heimat ausmachte. Wenn er jetzt durch die Straßen seiner Heimatstadt läuft, kämpft er...