Kapitel 4 - Bella

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Noch immer sprachlos, starre ich dem Mann hinterher, der mich mehr aus der Fassung bringt, als Marty, wenn er mich anmacht. Das bin ich wenigstens gewohnt und weiß, wie ich damit umgehen muss.

Natürlich bin ich dem schönen Fremden dankbar, dass ich mehr Geld erhalte ab sofort, aber deswegen werde ich sicher nicht mit ihm schlafen. Ich bin vieles, aber keine Hure. Nie gewesen und werde ich auch nie sein. Ansonsten hätte ich mir einen höheren Tageslohn schon längst bei Marty erarbeiten können.

Es dauert eine Weile, bis ich diesen Zwischenfall abhaken kann, tief durchatme und endlich das Diner abschließe. Mittlerweile ist es weit nach Mitternacht und allein das Wissen, dass ich in sechs Stunden schon wieder aufschließen muss, lässt mich den Kopf in den Nacken werfen. Manchmal wünsche ich mir, ein Arschloch zu sein. Eines, dem das Leben anderer vollkommen egal ist und nur auf den eigenen Vorteil aus ist. Nur leider, bin ich so nicht.

Und das ist auch gut so. Anders hätte ich sicher keinen kostenlosen Babysitter für Maysie hier im Trailerpark. Die älteren Frauen, deren Leben sich schon immer hier abgespielt hat und die nichts anderes kennen, freuen sich jedes Mal, wenn ich meine Kleine zu ihnen bringe. Es tut mir im Herzen weh, dass ich sie so oft alleine lassen muss, aber Maysie ist klug, sie weiß, dass es nicht für immer ist und wir ihren Grandpa helfen müssen.

Als ich den Trailer von Erin erreiche, um meine kleine Tochter abzuholen, steht ein unbekannter SUV davor. Panik macht sich in mir breit und ich springe aus dem Wagen, noch bevor ich ihn ausgeschaltet habe.

»Maysie?«, rufe ich in den Wagen, nachdem ich die Tür aufgerissen habe und finde sie auf dem Schoss des Mannes wieder, der mir den Abend gleichermaßen versüßt und verdorben hat.

»Was machst du hier?«, poltere ich los, zerre ihm meine Tochter aus den Armen und drücke sie an mich.

»Geht es dir gut?«, frage ich sie leise, streiche ihr die Haare aus dem Gesicht und erhalte ein strahlendes Lächeln.

»Ja. Frazier hat sich um Erin gekümmert«, erzählt sie mir sofort und mein Blick fliegt zum Bett, wo Erin liegt.

»Geht es ihr gut?«, will ich alarmiert wissen, ignoriere den Mann vor uns, der mich interessiert betrachtet, während ich mit meiner Tochter spreche.

»Ihr Auge ist blau, aber das war sie selbst. Sie war so wütend, weil er nicht kam, Mum.« Beim letzten Teil sieht sie zu Frazier, der sich augenblicklich versteift.

»Sie war das selbst?«, wundern wir uns gleichzeitig und ich sehe ihn das erste Mal wieder an. Seine gesamte Haltung hat an Kraft verloren. Er versucht es zwar zu verstecken, aber die Situation strengt ihn an. Sein Blick hat an Intensität verloren, es wirkt beinahe so, als würde dieser Ort ihm seine Kraft rauben.

»Ich konnte sie nicht davon abhalten. Immer wieder hat sie seinen Namen gesagt und sich dann selbst geschlagen.« Nun schnieft meine kleine Tochter, kuschelt sich an meinen Hals und lässt ihre Angst zu.

»Also war hier kein Mann, der ihr das angetan hat?«, ist es Frazier, der nachfragt. Er steht plötzlich ganz nah bei uns, wirkt in der Enge des Trailers vollkommen fehl am Platz, vor allem in seinen sauberen Klamotten und der riesigen Statur.

»Nein«, schluchzt Maysie leise, presst sich noch enger an mich und mein Herz bricht. Ich würde ihr so gern ersparen, solche Dinge zu erleben, aber bei Dad kann ich sie auch nicht lassen. Er kann mit ihr nicht umgehen. So, wie er auch mit mir nicht umgehen konnte. Ich mache ihm keinen Vorwurf, wir sind eben Mädchen und ticken anders als er.

Eigentlich reißt sich Erin immer zusammen, wenn Maysie bei ihr ist, aber heute muss irgendetwas anders gewesen sein. Etwas, das sie aus der Fassung gebracht hat.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 12, 2017 ⏰

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