6. Kapitel

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Nymphs P.o.V.

Das Strahlen verschwand und ich öffnete blinzelnd meine Augen. Wir waren nicht länger in der Höhle, sondern auf einer von Felsen überdachten Plattform. Die milchige Scheibe des Gegenstück zum Teleporter von der Insel ragte hinter uns hervor und warf einen großen Schatten,obwohl kein einziger Sonnenstrahl hier her durchdrang. Wasser stand hüfthoch und überschwemmte den grassbewachsenen Boden. Die langen Grashalme wiegten sich in den sanften Wellen und strichen über meine Füße. Wasser lief die Felsen hinab und ab und zu leuchtete ein Stein aus einer kleinen Kuhle hervor.
Ich schaute kurz auf Ria hinab und fragte sie besorgt: "Alles gut?" Sie nickte nur mit dem Kopf, trotzdem konnte ich sehen, dass sie ein wenig blass um die Nase war. Ria vertrug das Reisen mit dem Teleporter nicht, was wahrscheinlich daran lag, dass sie nicht aus dieser Welt stammte wie ich.
Ich watete durch das seichte Wasser und spürte schon den frischen Wind, als ich um die Ecke ging und den Teleporter hinter wir lies. Ich trat aus dem Schatten und zuerst blendete mich die Sonne so sehr, sodass ich eine ganze Weile brauchte, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen. Innerlich verfluchte ich Helios. Seine Sonne brannte erbarmungslos und strahlend hell auf uns hinab.
Ich stieß einen Pfiff aus und lies meinen Blick über mein Zuhause gleiten, während wir warteten. Unzählige Inseln, von Wolken umgeben, schwebten in der Luft. Die Inseln waren willkürlich angeordnet und doch thronte ein gewaltiger Palast aus weißen Marmor in der Mitte hervor und machte deutlich, wer hier das sagen hatte: Zeus.
Die Inseln waren mit dicken Eisenketten, die Hephaistos eigenhändig geschmiedet hatte, mit einander verbunden. Jedes Kettenglied war viel größer als ich und so dick wie Mammutbäume. Ein wahres Kunstwerk, was er da geschaffen hat. Tagelang hatte er daran gearbeitet, hatte nie eine Pause gemacht, bis sie fertig gewesen waren.
Jede Insel war ein einzigartig, keine glich der anderen. Jeder Gott und jede Göttin besaß seine eigene Insel, auf der sie lebten. Wenn man alt genug war, um selbst auf eigenen Beinen zu stehen, bekam man seine Insel und musste sich sein Zuhause erbauen. Ich besaß ebenfalls eine Insel, mein eigenes wunderschönes Paradies. Trotzdem verbrachte ich die meiste Zeit hier auf dem Olymp bei meinem Vater.
Ein Wiehern hallte durch die Luft und mein Kopf schnellte in die Richtung aus der es kam. Die weiße Mähne, die in der Sonne glitzerte, konnte ich schon von weitem sehen.
Peghasus.
Das schönste geflügelte Pferd auf dem Olymp.
Er brachte Besucher in seiner Kutsche überall hin.
Es dauerte nicht lange, bis er bei uns ankam und trabend zum Stehen kam. Er schüttelte sich und schnaubte und ich kraulte ihm lächelnd am Hals.
Mit Schwung drehte ich mich zu meiner besten Freundin um und meinte: "Na, dann geht's los." Sie lächelte zur Antwort und reichte mir ihre Hand. Ich kraulte mit der anderen Hand noch einmal Peghasus und ging dann zur Kutsche. Sie war glänzend weiß mit silbernen Verzierungen und mit feinen blauen Seidenpolstern bezogen.
Ich faste Rias Hand fester und leitete meine Magie in ihre Richtung. Ich spürte sie mächtig und kribbelnd durch meine Adern fließen. Dann hob Ria aus dem Wasser ab und verlor an Schwerkraft. Ich leitete sie in die Kutsche und ließ sie auf den Sitzplatz sinken. Im Inneren der Kutsche stand das Wasser knöchelhoch und Rias silberne Flosse machte fließende Bewegungen darin, sobald sie das kühle Nass berührte. Es war unglaublich wichtig, dass Ria ständig im Kontakt mit Wasser war. Ansonsten konnte ihre Flosse leicht austrocknen und sie innerhalb von wenigen Stunden töten.
Ich sprang ebenfalls in die Kutsche und ließ mich neben sie nieder. "Zu Poseidon", sagte ich und mit einem Ruck sauste Peghasus los.
Die Fahrt über schwiegen Ria und ich. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, obwohl ich bezweifelte, dass Ria sich großartig Gedanken machte. Ich hingegen zermürbte mir den Kopf, während ich über diesen Jungen nachdachte. Seine Anwesenheit passte mir ganz und gar nicht.
Am liebsten hätte ich ihn von der Insel verjagd, ehe er sie überhaupt betreten hätte. Doch nun war es sowieso zu spät.
Ich seufzte und schloss die Augen, bis die Kutsche rumpelt zum Stehen kam. Blinzelnd öffnete ich sie wieder und starrte den dunklen Palast vor mir an. Er war aus schwarzen Marmor und schien in Helias Sonne dunkelblau zu schimmern. Kristallene Türme erhoben sich in den Himmel und das Licht brach sich glitzernd in ihnen. Ein mächtiger und eines großen Gottes würdiger Palast.
Er stand mitten auf dem Wasser, das in seichten Wellen gegen den dunklen Marmor schwappte. Ein Ring, ebenfalls aus schwarzen Marmor, umrahmte die Insel und kleine kniehohe Blumen mit weißen Blütenblättern wuchsen aus dem Stein.
Ich atmete die frische unverkennbare Luft meines Zuhause ein und stand auf. Ich hüpfte aus dem Wagen und nahm Ria wieder an der Hand und hob sie mit meiner Magie aus der Kutsche. Gleichzeitig rief ich etwas Wasser zu mir, dass ich wie eine Decke über Rias Haut legte.
"Dann mal los", seufzte ich und machte mich mit Ria auf den Weg. Hinter uns hörte ich, wie Peghasus davongaloppierte.
Wir folgten einem schmalen Steinweg aus weißen Kieselsteinen zum Palast und die Tore öffneten sich schwungvoll, als wir auf sie zutraten.
Das Innere des Schlosses schien nur aus Wasser zu bestehen. Die Wände sahen aus, wie die Oberfläche des Meeres und  der Boden war eine dünne Glassscheibe, unter der exotische Fische schwammen. Kronleuchter aus Kristall hingen an der Decke und Säulen aus weißesm Marmor säumten die Wände.
Ich bog mit Ria in einen Gang ein, der unendlich zu sein schien. In regelmäßigen Abständen gingen Türen ab, aus denen Gekicher und Gespräche zu hören waren.
Hinter den meisten Türen wohnten Nymphen und Sirenen, wunderschöne Frauen, die die Kunst des Verführens beherrschten. Ihre Gesänge und ihre Blicke konnte Männer wie Frauen willenlos und gefügig machen und manchmal ihnen sogar den Verstand rauben.
Eine mächtige und gefährliche Gabe.
Es gab nur wenige, die ihrem Zauber entgehen konnten.
Ich selbst war schon des öfteren ihrem gesang ausgestezt gewesen und hatte die betörenden Worte gehört. Das war alles Teil meiner Ausbildung gewesen, die mein Vater geleitet hatte.
Nun konnte ich ihnen zuhören und es genießen, ohne dass ich ihnen verfiel.
Endlich kamen wir bei unserem Ziel an. Der Gang endete vor einer riesiegen Flügeltür. Zwei wachen waren davor postiert.
Der Thronsaal.
Als sie mich sahen verbeugten sie sich und traten auseinander und gaben den Weg frei. Ich streckte die Hand aus und die Tür schwang auf.
Ich leitete Ria an meiner Seite ind den Thronsaal.
Es war mit Abstand der schönste Raum in meinem Zuhause. Die Decke war mit einer Schicht Wasser bedeckt, in der Fische umhertanzten, ebenso der Boden. Die Wände schillerten wie ein Regenbogen und ein feiner Sandweg, von Säulen gesäumt, führte zum Thron. Er stand auf einem Podest und war so breit, dass man auf ihm liegen konnte. Blaue Seide bedeckte ihn und fiel wie ein Wasserfall auf den Boden. Nur der Thron allein strahlte Macht aus und schüchterte die meisten ein.
Und auf ihm räkelte sich mein Vater, Poseidon, Gott der Meere, und lauschte mit geschlossenen Augen dem Hafenspiel der Nymphen und dem Gesang der Sirenen, die links neben ihm auf dem Boden standen und ihm ihr Schauspiel darbrachten. Ein paar Nymphen tanzten vor dem Thron. Ihre dunklen Haare waren mit Perlen geschmückt und sie trugen aufreizende Kleider, die fast nichts bedeckten. Sie wirbelten Tücher in den schönsten Farben durch die Luft und bewegten sich anmutig im Takt der Musik.
Als ich mit Ria auf sie zuschritt, wichen sie zurück und neigten respektvoll ihre Köpfe und sanken in einen Knicks. Die Musik verstummte und erst jetzt öffnete mein Vater die Augen. Er war ein äußerst attraktiver Mann mit schwarzen Haaren und tiefen blauen Augen, die liebevoll und kalt wie Stahl sein konnten. Er war muskulös und trug lediglich ein weißes Tuch mit goldenene Verziehrungen um die Hüften.
Vor dem Thron blieb ich stehen und machte eine schwenkende Handbewegungen und die Damen erhoben sich.
"Nymph mein Liebling", Poseidons Stimme war weich und rau wie die See. "Vater", war alles, was ich sagte. Er hob eine Augenbraue und richtete sich langsam auf: "So redet man aber nicht mit seinem Vater." Die Musk setzte wieder ein und ich antwortete: "Ich muss mit dir sprechen. Es ist wichtig." Ich gab den Musikerinnen ein Zeichen, woraufhin sie den Saal verließen.
"Und was bekümmert meine wunderschöne Tochter?", fragte er gedehnt. "Auf der Insel ist ein neuer Junge aufgetaucht", gab ich zurück. "Muss ich mir da Gedanken machen?", mein Vater legte den Kopf schief. "Ja-ha?", meinte ich und zog die Augenbrauen zusammen.
Mein Vater war zwar ein Gott und auch noch einer der drei Großen, aber wie ein Gott verhielt er sich nicht immer. So wie gerade jetzt.
Manchmal konnte er so nervig sein und andererseits gab es Zeiten, wo er ein strenger und ernster Herrscher war.
"Ria hat ihn entdeckt, ich dachte, sie erzählt dir es", sagte ich kühl.
Sein Blick wanderte zu Ria, die den Kopf neigte. "Du kannst reden", erwiderte Poseidon und meine beste Freundin hob den Kopf und erzählte ihm von dem Jungen, der plötzlich aufgetaucht war und der etwas merkwürdiges ausstrahlte. Als sie endete, hatten sich Vaters Lippen zu einem Strich zusammen gespresst und sein Blick war ernst und nachdenklich.
Er schwieg eine Zeit lang und wir warteten einfach.
Schließlich sagte er: "Behaltet ihn ein wenig im Auge, vermeidet allerdings den Kontakt zu ihm. Ich werde mich mit Hades besprechen und mir seine Meinung anhören. Vielleicht hat er eine Erklärung."
Er stand ganz auf und stieg die Treppen seines Thrones hinab. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und trat zu uns. "Danke Ria", sagte er zu der Meerjungfrau und sah mich an. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. Dann ging er davon.
Ich folgte ihm und zog Ria mit mir. "Wo ist Ash?", fragte ich meinen Vater. Ich hatte meinen Bruder seit dem Morgen nicht mehr gesehen. Wir verbrachten unglaublich viel Zeit mit einander und es war immer wieder komisch, wenn er für längere Zeit nicht bei mir war.
"Er hat heute morgen den Hofstaat mitgenommen und eine Jagd veranstaltet. Bisher ist er nicht zurück gekehrt", antwortete mein Vater.
Das erklärte auch, warum es hier so leer war.
Wir verließen den Thronsaal und die Wachen schlossen sich uns an und begleiteten den mächtigen Herrscher des Meeres.
Der Gang machte bald darauf eine Gabelung uns mein Vater hielt an und drehte sich zu uns um. "Ich hoffe, wir sehen uns heute zum Abendessen", er lächelte, gab mir einen Kuss auf die Wange, nickte Ria zum Abschied freundlich zu und verschwand mit den Wachen im Schlepptau.
"Was wohl Hades dazu sagen wird?", fragte Ria leise, als wir uns auf den Weg machten.
Ich schüttelte bloß den Kopf: "Keine Ahnung." Hades, der Herr der Toten, war ein stiller und geheimnisvoller Mann. Man wusste nie, woran er dachte und welches Wissen sich hinter seinen dunklen Augen verbarg.
Auch ich war gespannt, was bei ihrer Unterhaltung herauskommen würde. Aber das behielt ich für mich.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 22, 2017 ⏰

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