Kapitel 7 - Das mit: »Es ist noch so viel zu tun!«

9.3K 226 4
                                    

Emily betrat den kleinen Raum in einem Traum aus weiß. Das Kleid war schmal geschnitten und floss an ihrer schlanken Figur hinab. Unter der Brust wurde es mit einer Borte unterteilt, oberhalb hatte es etwas von einem Bandeaukleid, wurde allerdings von einer weißen Blume mit Trägern gehalten. Der Rock glitt in eine wunderschöne Schleppe über - kurz um: das perfekte Brautkleid für meine Schwester!

»Emily mein Kind, du siehst einfach bezaubernd aus.« In den Augen meiner Mutter konnte ich so etwas wie Tränen der Rührung erkennen. Ja, sowas passierte manchmal. »John hätte sich nie eine hübschere Braut aussuchen können.« Pflichtete ich ihr bei. Ich persönlich hätte vielleicht nicht diesen Schnitt gewählt, aber zu Emily passte er. »Findet ihr wirklich? Es passt wirklich wie eine zweite Haut.« Die Schneiderin nahm das Kleid nochmal ganz genau unter die Lupe, damit auch wirklich alles am richtigen Platz saß. Nach dem sie sich wirklich 200% sicher war, durfte meine Schwester sich wieder umziehen und das Kleid wurde transportsicher gemacht.

Meine Mutter und ich warteten bereits draußen, als Emily freudestrahlend mit dem Kleid in der Hand zu Tür hinaus kam. »Erst jetzt kann ich wirklich richtig realisieren, dass ich in einer Woche heirate.« Oh ja, allerdings. Wenn man bedenkt, dass Emily und John gerade mal seit einem Jahr liiert sind. Als er ihr damals den Antrag machte, war sie völlig aus dem Häuschen. »Marie, das habe ich mir schon immer gewünscht, einen Mann, vielleicht eine kleine Familie. Möchtest du das mit Noah nicht auch haben?«, hatte sie damals ihre Entscheidung gerechtfertigt. Natürlich hätte ich mir ebenfalls gewünscht, das Noah um meine Hand anhält, nach so langer Zeit. Aber wir haben nicht einmal zusammen gewohnt, sollte ich mir da groß Hoffnungen auf einen Heiratsantrag machen? Eher nicht.

»Marie, kommst du noch mit nach Hause? Dann können wir die restlichen Einzelheiten für den Polterabend und die Hochzeit nochmals durchgehen. Wie ich dich kenne Kind, hast du das meiste bereits wieder vergessen...« Meine Mutter tat ja beinah so, als ob ich nichts bei mir behalten könne. Ich ging jedoch nicht weiter auf letzteres ein, es brachte ja sowieso nichts, sich gegen sie aufzulehnen. Enden würde es nur mit einem: »Marie! Sei nicht so vorlaut zu deiner eigenen Mutter. Hab ein bisschen Respekt. Ich habe nun mal immer recht!« Lieber die Sache hinnehmen und keinen unnötigen Streit provozieren. Außerdem hatte es auch etwas Gutes. Mein Dad würde da sein.

Wir fuhren mit dem Taxi zum Anwesen meiner Eltern. Ja, ich finde Anwesen trifft es ganz gut. Das Grundstück lag etwas außerhalb Philadelphias, ein schönes, ländliches Fleckchen, was sich Mum und Dad nach und nach hergerichtet haben. Wieso ich mich entschieden habe, zu Hause auszuziehen? Ein Wort wird den Grund ganz gut zusammenfassen – Mutter. Nach dem die täglichen Streitereien immer unerträglicher wurden, war es an der Zeit für mich auf eigenen Beinen zustehen.

Im Haus wurden wir bereits von meinem Dad erwartet. Froh, ihn nach ein paar Wochen wieder sehen zu können, fiel ich ihm um den Hals. »Hallo meine Große! Geht's dir gut?« Mein Dad war ganz anders als meine Mutter. Weder hysterisch, noch in manchen Dingen vorwurfsvoll mir gegenüber. Mein Vater hat schon immer zu mir gehalten. Und darüber war ich ihm sehr dankbar. Wenn mich Mum wieder einmal zur Weißglut gebracht hat, war es immer er gewesen, der mich wieder beruhigt hat. Dann sagte er immer: »Du kennst doch deine Mutter. Sie meint es doch nur gut mit dir.«

Ich blieb noch bis zum Abendessen, bevor mich mein Dad wieder zurück in die Stadt fuhr. Während des Dinners ging Mum mit uns noch einmal sämtliche Details für den Polterabend durch. »Marie, du darfst auf keinen Fall vergessen nochmal im Blumengeschäft vorbei zu schauen, dass auch ja alles unseren Wünschen entsprechend arrangiert wird. Nur der geringste Fehler wäre für mich ein Desaster!« Ja, richtig. Wir reden hier immer noch vom Polterabend! Ich frage mich ernsthaft, wie das bei der Hochzeit laufen soll. Nur gut ich habe meiner Mutter in Sachen Organisation vollkommen das Feld überlassen. Meine Aufgabe stand allein darin die brave Brautjungfer zu mimen.

Auf der Fahrt zurück nach Hause genoss ich es, Zeit mit meinem Dad allein zu verbringen. »Schatz, du weißt ja wie deine Mutter ist. Die Hochzeit und alles drum und dran bedeutet ihr einfach alles. Und wir wollen letztendlich doch alle, dass Emily den schönsten Tag ihres Lebens erlebt, oder?« Mein Vater hatte natürlich recht. »Wir alle wollen das. Ich wünsche Emily und John alles Glück der Welt. Nur, du kennst Mum. Wenn irgendetwas schief geht, wird sie totunglücklich sein...« Er nickte. »Dann werden wir alles daran setzen, kein Chaos entstehen zu lassen.« Ich musste grinsen. Dad wusste wie man mich zum lachen brachte. Vor meinem Apartment angekommen, brachte er mich noch bis vor die Haustür und wir umarmten uns zum Abschied. »Mach's gut, meine Große. Wir sehen uns spätestens am Freitag.«

...

Heute ist besagter Freitag - der große Polterabend. Gestern war ich wie vereinbart nochmal beim Blumengeschäft und habe alles auf „Perfektheit" überprüft. (Das kam übrigens von meiner Mutter, nicht von mir!) Jetzt standen die Gestecke und Bouquets aus cremefarbenen,- zartrosa Blüten überall in dem riesigen Saal verteilt und verströmten ihren wundervollen Duft. Nach und nach trudelten die Gäste ein. Emily und John begrüßen bereits die angekommenen. Ich stand bei meinem Dad und auch meine Mum gesellte sich zu uns. »Marie mein Kind. Die Blumen sind einfach traumhaft. Und dieser Duft. Das haben wir einfach wundervoll hinbekommen.« Ohh, wir. Ich war richtig erstaunt und stimmte ihr mit einem Nicken zu.

»Zachary und Isabell sind auch gerade gekommen. Da fällt mir ein, ich muss dir unbedingt ihren Sohn vorstellen. Er ist der begehrteste Junggeselle der Stadt, sehr erfolgreich in der Firma seines Vaters und sieht obendrein unglaublich gut aus! Ahh, da ist er ja auch schon.« Das war mal wieder so typisch meine Mutter. Kaum war ich Single, versuchte sie mich gleich wieder unter die Haube zu bringen. »Zachary, Isabell, hi. Hallo Matthew, darf ich ihnen meine Tochter Marie vorstellen?« Ich setzte mein Strahle-Lächeln auf und drehte mich zu besagten Matthew um. Jedoch blieb mir im nächsten Moment beinah mein Herz stehen, als ich erkannte, dass Matthew mein Matt, mein One-Night-Stand war...  

Unendliche LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt