Nachts

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Gegen zwei Uhr morgens erwachte ich schlagartig durch laute Stimmen. Ich richtete mich langsam auf und versuchte mich zu orientieren. Die Bäume um mich herum rauschten leise. Meine Glieder schmerzten und ich zitterte vor Kälte, trotzdem stand ich auf und bewegte mich, darauf bedacht unentdeckt zu bleiben, in Richtung der Stimmen. Sie kamen von einer Gruppe junger Männer, die sich um eine Bank versammelt hatten. Allesamt betrunken, waren sie gerade dabei einen Mann zu schikanieren, der in eine Jacke eingewickelt auf der Bank lag. Sie lallten ihm irgendwas zu und beschütteten ihn mit Bier. "Wie gefällt dir daaas?! Hä? Willst du mehr?" Als der Obdachlose versuchte sich aus dem Staub zu machen, kreisten sie ihn ein. "Heey, wo willst duuu denn hin? Hast wohl noch nich genug!" Im Schatten der Bäume versteckt, beobachtete ich wie sie begannen ihn herumzuschubsen. Sie grölten vor Lachen und ein Mann schlug ihm eine Bierdose ins Gesicht. Wut stieg in mir hoch. Ich hatte es selbst nicht gemerkt, doch nun war ich mit geballten Fäusten aus dem Schatten hervorgetreten. Ich kochte innerlich. Anstatt auf die Reaktionen der Männer zu warten, griff ich den Mann, der den Obdachlosen geschlagen hatte, an. Ich schlug mit der Faust zu und traf ihn hart an der Schläfe, woraufhin er stöhnend zu Boden ging. Von meinem Angriff überrascht, stieben die Typen auseinander und der Obdachlose verzog sich unauffällig ins Dickicht der Bäume, wobei er sich noch schnell eine ungeöffnete Bierdose, welche neben der Bank lag, schnappte. Geschockt starrte ich auf meine Hände und wich rückwärtsgehend von dem am Boden Liegendem zurück, um zu verschwinden. Doch seine Kumpel wollten es nicht auf sich beruhen lassen. Der erste Schlag traf mich mit voller Wucht auf die Schulter. Ich taumelte, doch noch bevor ich zu Boden fallen konnte, wurde ich am Pullover nach oben gerissen. Nun hielten mich zwei der Typen fest, während ein dritter meinen Kopf an den Haaren nach oben zog. Ich versuchte erst gar nicht, mich zu befreien. Es war aussichtslos. Der glatzköpfige Mann glotzte mir mitten ins Gesicht. "So, so....wen haben wir denn da?" Ich schwieg, aber ich hätte sowieso nicht wahrheitsgemäß antworten können. "Suchst wohl nach einer Abreibung, hä?" Wieder sagte ich nichts, doch ich wünschte mir er würde den Mund schließen oder ihn wenigstens weiter von meiner Nase weghalten. "Ohhh, er ist stumm... Sehn wir mal ob wir dich wenigstens zum Schreien bringen." Er holte aus und versenkte seinen ersten Schlag in der Magengegend. Ich stöhnte auf und sackte in mich zusammen. Mir war übel und kleine schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. Nur noch durch einen Schleier konnte ich verschwommen mein Gegenüber wahrnehmen. Sein nächster Schlag traf mich am Kiefer, wodurch mein Kopf zurück gerissen wurde. Die Männer die mich gehalten hatten, ließen mich zu Boden fallen und ich schlug hart mit dem Hinterkopf auf. Ich schmeckte Blut. Ein Tritt in die Seite ließ mich erneut aufschreien und ich krümmte mich zusammen. Weit entfernt hörte ich jemanden brüllen. Langsam driftete ich weg. Die Typen schienen sich mit ihrem verletzten Freund aus dem Staub zu machen, doch das alles schien so weit weg zu sein. Das letzte, was ich wahrnahm, war eine Gestalt, die sich über mich beugte, dann gingen die Lichter endgültig aus.

Amnesie [seltene Updates] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt