(5) Sonntags beim Kaffee

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Sonntags beim Kaffee

 Inzwischen war über eine Woche vergangen und es war nichts nennenswertes mehr passiert. Florian hätte das Erlebnis im Wald auch beinahe wieder vergessen, wenn nicht ganz plötzlich ein paar Krähen in ihrem Garten aufgetaucht wären.

 Es war Sonntagmittag und die Familie saß zum Kaffee draußen auf der Terrasse. Florian sah überrascht zu den Krähen. Ohne zu überlegen fragte er: „Was machen die denn hier?! Verfolgen die mich schon?!“ Eigentlich hatte er das gar nicht laut sagen wollen. Aber jetzt war es schon raus.

„Was meinst Du damit, Florian? - Woher kennst Du diese Vögel?“ Der Sohn hätte dazu lieber geschwiegen. Allerdings hatte er gelernt, dass es unhöflich war, einem Erwachsenen nicht zu antworten. „Och, das sind nur Krähen. Die hab ich irgendwann mal gesehen, glaub ich,“ wich er den neugierigen Fragen geschickt aus.

Es war ihm schon ungeheuerlich genug, dass er seine Freunde in etwas magisch mystisches hineingezogen hatte.

 Für sich selber etwas zu entscheiden war noch vergleichsweise einfach. Aber die Verantwortung für etwas zu übernehmen, auf das andere keinen Einfluss hatten, damit fühlte er sich restlos überfordert.

Die Eltern sahen ihren Sohn seltsam an, konnten jedoch nichts auffälliges an ihm erkennen.

Statt dass sich die Situation beruhigen sollte, fing Florian gleich von neuem an: „Mom, Dad, was würdet ihr machen, wenn ich mich plötzlich in eine Krähe verwandeln und davon fliegen würde?“ Er kannte sich plötzlich selber nicht mehr. Hatte er das gerade tatsächlich laut gefragt?!

Beide blickten überrascht auf. „Was redest Du da für einen Unsinn, Florian?“ fragte der Vater irritiert. Seine Mutter sprang entsetzt auf und rief besorgt: „Florian! Geht es Dir nicht gut? Hast Du vielleicht Fieber?“

 Durch die schnellen Bewegungen auf der Terrasse erschraken die Krähen und suchten Flügel schlagend das Weite in den Bäumen. Florian fand das einerseits sehr schade, aber andererseits ersparte es ihm eine Menge Antworten.

Mit einer triftigen Ausrede auf den Lippen verließ er die Terrasse, und die Eltern schauten ihrem Sohn erstaunt hinterher.

Wie die beiden wieder in ihren Garten schauten, standen an der Stelle wo kurz zuvor noch die Krähen im Rasen gesessen hatten, plötzlich zwei Wölfe. Noch bevor sie reagieren oder sich Gedanken über das Warum machen konnten, waren die Wölfe auch schon wieder verschwunden.

Die Eltern sahen sich zweifelnd an, aber keiner von beiden wollte sich eingestehen, dass er etwas gesehen hatte, das eigentlich gar nicht möglich sein konnte. Deshalb schwiegen sie beide und gingen wieder ihrer Sonntagsbeschäftigung nach.

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Florian und die KrähenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt